In einer Video-Botschaft in Facebook hat der Gerolzhöfer Bürgermeister Thorsten Wozniak bekanntgegeben, dass nun konkret in die Planungsphase für die Sanierung und Umgestaltung des Gerolzhöfer Marktplatzes eingestiegen wird. Der Marktplatz sei seit Jahrhunderten gesellschaftliches, wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Altstadt, mit der Kirche auf der einen und dem Rathaus auf der anderen Seite.
Der Platz sei nun aber in die Jahre gekommen. "Wir wollen und wir müssen sanieren", sagt der Bürgermeister. Am Montag, 18. Oktober, werde man das Großprojekt in der Stadtratssitzung vorstellen. Ziel eines Planungswettbewerbs werde es sein, "eine dauerhafte Lösung für den Marktplatz zu finden, der allen Ansprüchen gerecht wird".
Die geplante Sanierung und Umgestaltung des Marktplatzes ist vom Stadtrat bereits mehrfach verschoben worden. Bereits Ende 2018 diskutierte das Gremium, ob man nicht erste Finanzmittel für die Sanierung an der Westseite des Marktplatzes in den Haushalt für 2019 einstellen muss. Der Grund war, dass man damals noch davon ausging, dass das neue Hotel "Wilder Mann" schon im Sommer 2020 öffnet. Aber genauso wie der Baubeginn für das Hotel stets verschoben wurde, wurde dann auch die Marktplatz-Sanierung mehrfach um jeweils ein weiteres Jahr vertagt.
Nun soll es konkret werden. Doch wann genau soll das Ganze starten? Was wird es kosten? Und wie funktioniert eigentlich der geplante Architekten-Wettbewerb? Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie funktioniert der Ideen-Wettbewerb?
Der Stadtrat hat bereits – wie berichtet – für die Vorbereitung, Umsetzung und Betreuung des Wettbewerbs das Kitzinger Stadtplaner-Büro arc.grün mit Thomas Wirth als Sachbearbeiter beauftragt. Der offizielle, etwas sperrige Begriff für das Ganze lautet "Nichtoffener freiraumplanerischer Realisierungswettbewerb". Der Begriff "nichtoffen" bedeutet: Die Stadt Gerolzhofen lädt im eigenen Ermessen fünf Planungsbüros zur Teilnahme am Wettbewerb ein, die bereits gute Referenzprojekte vorweisen können und/oder von denen die Stadt der Meinung ist, dass sie ein Konzept ausarbeiten können, das zu einer fränkischen Kleinstadt passt. Zusätzlich werden dann zehn weitere Büros in den Wettbewerb aufgenommen, die sich über eine offene Ausschreibung beworben haben. Letztlich könnten am Ende also bis zu 15 Ideen, wie der neue Marktplatz aussehen kann, auf dem Tisch liegen.
Gibt es Preise für die besten eingereichten Arbeiten?
Ja. Der Gewinner wird ein Preisgeld von 12 000 Euro erhalten. An den zweiten Platz gehen 9000 Euro, der Drittplatzierte bekommt noch 6000 Euro. Außerdem gibt es einen Anerkennungspreis für eine außergewöhnliche Gestaltungsidee, der mit 3000 Euro dotiert ist.
Wer vergibt die Preise und wer legt die Gewinner fest?
Es wird eine Jury mit Fachpreisrichtern geben, die sich aus Experten zusammensetzt. Bereits bestätigte Mitglieder sind Rita Lex-Kerfers (Landschaftsarchitektin aus Bockhorn), Professor Martin Schirmer (Architekt und Stadtplaner aus Würzburg), Friederike Marwede (Landschaftsarchitektin aus Duisburg), Carolin von Lintig (Landschaftsarchitektin aus Reutlingen), Tobias Mann (Landschaftsarchitekt aus Fulda) und Manfred Grüner (Architekt und Stadtplaner an der Regierung von Unterfranken).
Dem Gremium gehören außerdem als Sachpreisrichter der Bürgermeister Thorsten Wozniak und je ein Vertreter der vier Stadtratsfraktionen an. Daneben gibt es ein Beratergremium mit Sachverständigen, dem unter anderem Hans-Christof Haas (Landesamt für Denkmalpflege) und Vertreter der Gerolzhöfer Museen, der Kirchen, der ÜZ Mainfranken, des Stadtbauamts und von Gerolzhofen-aktiv angehören werden.
Wie sieht der Zeitplan aus?
Am kommenden Montagabend wird der Stadtrat bei seiner Sitzung in der Stadthalle über den aktuellen Stand der Dinge informiert werden. In der Folge soll dann nach weiteren Besprechungen noch im Dezember der zustimmende Beschluss des Stadtrats für den Start des Ideen-Wettbewerbs fallen.
Im Januar 2022 wird laut Planung der Ideen-Wettbewerb öffentlich bekanntgemacht, vier Wochen später ist der Bewerbungsschluss für interessierte Büros. Noch im Februar soll anhand der Bewerbungen festgelegt werden, welche Büros neben den fünf Wunschkandidaten der Stadt noch teilnehmen dürfen. Sie erhalten dann auch gleich ihre Wettbewerbsunterlagen zugeschickt. Abgabeschluss der Konzepte ist für alle Teilnehmer bereits im April 2022. Und im Mai 2022 soll schon dann das Preisgericht tagen und den Gewinner küren.
Danach würde das Gewinner-Büro erst mit den Feinplanungen beginnen. Diese Planungen müssen danach vom Stadtrat und von den Genehmigungsbehörden abgesegnet werden. Außerdem müssen für die Finanzierung des Großprojekts die staatlichen Förderquoten geklärt werden. Ob deshalb der erste Bagger noch im Jahr 2022 anrückt, ist eher fraglich. Schon jetzt steht aber fest, dass bei der Umgestaltung verschiedene Bauabschnitte gebildet werden sollen, damit Teilbereiche des Marktplatzes immer erreichbar sind. "Der Platz wird nicht in Gänze komplett zu sein", sagt der Bürgermeister.
Wie wird die Öffentlichkeit beteiligt?
Noch für Ende Oktober 2021 plant Bürgermeister Wozniak eine erste Informationsveranstaltung, zu der – wegen Corona – nur geladene Teilnehmer kommen können. Der Teilnehmerkreis wird sich auf die betroffenen Anlieger, Anwohner und Geschäftsleute vom Marktplatz, auf Kirchenvertreter, Stadträte und Vertreter des Förderkreises Gerolzhofen-aktiv beschränken. Bei dieser Versammlung werden die jeweiligen Experten das geltende Einzelhandelsentwicklungskonzept, das Verkehrskonzept für die Innenstadt und den geplanten "Nichtoffenen freiraumplanerischen Realisierungswettbewerb" vorstellen.
Wie kann sich die übrige Bevölkerung einbringen?
Der Stadt sei daran gelegen, möglichst viele Meinungen, Vorschläge und Ideen zu sammeln, wo die Schwerpunkte bei der Marktplatz-Umgestaltung liegen sollen. Bürgerinnen und Bürger sollen sich, so der Bürgermeister, deshalb direkt an die Stadträte wenden. Außerdem werden direkt bei der Stadtverwaltung auch schriftliche Anregungen entgegengenommen. Der Stadt sei daran gelegen, möglichst jede Meinung wahrzunehmen, was aber nicht bedeute, dass auch alles umgesetzt werden kann.
Bekommen die Wettbewerbs-Teilnehmer für ihre Ideen eine grobe Richtung vorgegeben?
Ja. Die bei der Informationsveranstaltung Ende Oktober eingehenden Wünsche und die sonst bei der Stadt aufschlagenden Ideen werden inhaltlich zusammengefasst, im Stadtrat diskutiert und dann als Eckpunkte der Ausschreibung in einer Broschüre den am Wettbewerb teilnehmenden Architekturbüros übergeben. Damit soll gewährleistet werden, dass keine Ideen eingereicht werden, die überhaupt nicht nach Gerolzhofen passen.
Was muss vor Beginn der Ausschreibung geklärt sein?
Da ist zum Ersten natürlich das Gebiet, das neu beplant werden soll. Dieses umfasst – Stand jetzt – den Eingangsbereich am Hauptportal der Stadtpfarrkirche, den gesamten Marktplatz bis zum Weltladen und die obere Spitalstraße bis zum Küchenbau des Alten Rathauses. Und dann ist als wichtige Frage vorab zu klären, welche Nutzungen auch künftig auf dem Marktplatz möglich sein sollen: Veranstaltungen? Gastronomie-Außenbereiche? Fußgänger-Bereiche? Autoverkehr? Parken? Laut Bürgermeister Wozniak ist es schwer denkbar, dass der Platz künftig komplett autofrei wird. Es werde wohl weiterhin Parkplätze geben müssen, allerdings weniger als heute. Und auch der Durchgangsverkehr zur und aus der Weiße-Turm-Straße wird laut Verkehrskonzept wohl bleiben.
Welche Leitplanken sollen noch gezogen werden?
Den Planern soll möglichst schon vorgegeben werden, ob verschiedene Oberflächen verbaut werden, ob es unter dem Aspekt der Barrierefreiheit vielleicht extra Laufwege geben kann, die nicht mit historischem Pflaster, sondern mit größeren Platten belegt sind und ob die jetzigen, farblich sehr passenden Pflastersteine wiederverwendet werden können. Dann geht es darum, dass das Wohnen im direkten Umfeld des Marktplatzes attraktiv bleibt. Und schließlich müssen auch Belange der Kirche berücksichtigt werden, insbesondere unter dem Aspekt des barrierefreien Zugangs und von Parkmöglichkeiten für Gottesdienstbesucher. Über all dem schwebt schließlich die Frage der Vereinbarkeit mit dem Denkmalschutz.
Welche Ideen erhofft man sich vom Planungswettbewerb?
Oberste Prämisse wird es sein, für mehr Aufenthaltsqualität auf dem Platz zu sorgen. Man soll sich wohlfühlen in der Altstadt, umreißt es Bürgermeister Wozniak. Die Frage wird auch zu klären sein, ob der Brunnen vielleicht an der falschen Stelle steht und besser an die Südseite umziehen sollte. Ein großes Themengebiet ist der Komplex "Stadtklima". Was kann man im Hochsommer gegen das zunehmende Aufheizen der Innenstadt unternehmen? Wo könnten idealerweise Bäume stehen? Gibt es alternative Begrünungsmöglichkeiten?
Was wird die Umgestaltung des Marktplatzes kosten?
Aktuell geht man von Kosten in einer Größenordnung von 1,2 bis 1,4 Millionen Euro aus, allerdings nur für die Umgestaltung und Sanierung des Platzes. Dringend nötig sind aber auch Arbeiten im Untergrund am Kanal- und Wassernetz im Bereich des Marktplatzes und der Spitalstraße, für die im städtischen Haushalt derzeit weitere 388 000 Euro eingestellt sind. Und für den nun beginnenden Planungswettbewerb sind insgesamt 100 000 Euro eingeplant.
Das oberste Foto mit Marktplatz und das nächste mit Kirchen-Hauptportal zeigen strukturiertes, erhaltenswertes Pflaster, typisch für mittelalterliche Stadtkerne! Was will man da verändern? Das ergäbe dann eine Allerwelts-Fußgängerzone, wie von Wolfsburg über Leverkusen bis Rüsselsheim. Bloß nicht die Autos völlig raus nehmen! Ochsenfurt ist das abschreckende Beispiel: der Stadtkern wurde zur Fußgängerzone (mit teueren!) Platten umgestaltet und das Städtchen verlor seine historische Atmosphäre! Nie mehr fahre ich dort hin! In Brescello (Drehort v. Don Camillo & Peppone) machte man den selben Fehler, mit selben Ergebnis. Später entfernte man die Fußgängerzone "mit Aufenthaltsqualität" (Sitzgruppen etc.) komplett und pflasterte den Platz wieder, wie im einstigen Zustand.
Ein Marktplatz ist, wie der Name sagt, auch zentraler Veranstaltungsplatz. Neumodische Stadtmöblierung stört hier, wie auch beim historischen Stadtbild.