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GEROLZHOFEN
Über Seen, Häuser und Burgen
Hans-Wernher von Quistorp (2. von rechts) weist Passagiere bei den Rundflügen im Rahmen der Ausstellung „Unser Heer“ 1977 in Gerolzhofen in den Bell UH-1D ein.
Foto: Günter engert | Hans-Wernher von Quistorp (2. von rechts) weist Passagiere bei den Rundflügen im Rahmen der Ausstellung „Unser Heer“ 1977 in Gerolzhofen in den Bell UH-1D ein.
Norbert Vollmann
Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:24 Uhr

Als Günter Engert in der Samstagsausgabe vom 22. Juli den Artikel „Seit 40 Jahren im Anflug auf Gerolzhofen“ über die Ausstellung „Unser Heer“ im Juni 1977 liest, erinnert er sich sofort an seinen damaligen Helikopter-Rundflug. Und er hat wieder die Bilder vor Augen, die er damals gemacht hat.

Die Dias hat er inzwischen einscannen lassen und somit in digitalisierter Form vorliegen. Sie zeigen den Start- und Landeplatz hinter den Häusern in der Berliner Straße im Anschluss an den letzten der damals noch existierenden „Vier Seen“ entlang des Nützelbaches. Dort, wo heute der Kräutergarten steht.

Startplatz im Kräutergarten

Auf einem Bild sieht man auf der rechten Seite des Hubschraubers einen Soldaten, der gerade zusteigende Passagiere in die zum nächsten Start bereitstehende Bell UH-1D einweist. Dabei handelt es sich um Hans-Wernher von Quistorp, den Mann, den der Artikel vom 22. Juli porträtierte.

Zuletzt beim Innenministerium in Berlin beschäftigt, ist von Quistorp seit kurzem Pensionär. Die 1977 geknüpften Kontakte zu Gerolzhofen und zu Gerolzhöfern hat er bis heute nicht abreißen lassen. So war er erst wieder beim Weinfest in der Stadt zugegen.

Wie viele andere steht 1977 Günter Engert in der langen Schlange an, bevor er auf die Passagierliste gesetzt wird und mit anderen Gerolzhöfern einsteigen darf.

Wende an der Stollburg

Die Schleife, die der Hubschrauber über Gerolzhofen dreht, nutzt Engert natürlich, um das gerade von der Familie im Rohbau bezogene Eigenheim am alten Steinbruch oberhalb des Start- und Landeplatzes aus der Vogelperspektive zu fotografieren. Dann nimmt der Hubschrauber Kurs auf Oberschwarzach und Handthal. Wendepunkt wird der Stollberg sein.

Ein prägendes Erlebnis für die Fluggäste ist es, als der Pilot den Helikopter hinter der Stollburg nochmals richtig ins Tal sacken lässt, um ihn anschließend wieder hochzuziehen. Über Michelau, Sulzheim und die Hörnauer Seen dreht der Helikopter auf dem Rückflug Richtung Landeplatz ein. Günter Engert ist noch heute begeistert, wenn er schwärmt: „War das ein Erlebnis. Wann ist man schon mal Hubschrauber geflogen.“

Kostenlose Hubschrauberflüge

Die kostenlosen Hubschrauber-Rundflüge sind die große Attraktion der Ausstellung „Unser Heer“. Die Bundeswehr schlägt hierzu vom 15. bis 19. Juni über das damals noch im Juni stattfindende Weinfest ihre Zelte auf dem Gelände zwischen Hallenbad und Volkach auf. 30 000 Besucher werden gezählt.

Die von einem Piloten und einem Co-Piloten geflogene Bell UH-1D wird dabei als Haupt-Hubschrauber für die Rundflüge unter der Woche eingesetzt. Zusätzlich ist bei jedem Flug ein Bordmechaniker mit an Bord.

Flüge mit drei Hubschraubermodellen

Bei diesen Rundflügen können maximal acht Personen mitfliegen. Vier Personen sitzen auf einer Vierersitzbank hinter den Piloten und dem Bordmechaniker mit dem Blick in Flugrichtung, während die anderen vier Personen auf Zweiersitzbänken links und rechts vom Getriebetunnel mit seitlichem Blick quer zur Flugrichtung Platz nehmen.

Als zweiter Hubschrauber ist eine Alouette II im Betrieb. Sie wird normalerweise von einem Piloten mit einem Bordmechaniker an seiner Seite gesteuert. Da der Bordmechaniker während der Rundflüge aber meist die drei Leute von der Flugsicherung unter der Leitung von Hans-Werner von Quistorp am Boden unterstützt, können drei Passagiere am Rundflug mit der Maschine teilnehmen. Sie wird überwiegend für VIP-Flüge eingesetzt oder zusätzlich bei ganz großem Andrang.

Bis zu 35 Passagiere

Am Wochenende gibt es zusätzlich Rundflüge mit einem Transporthubschrauber vom Typ Sikorsky CH-53. Er wird von einem Piloten nebst Co-Piloten geflogen und stets von einem Bordmechaniker begleitet. Bis zu 35 Passagiere können darin zusteigen.

Dem seinerzeitigen Oberfeldwebel Hans-Wernher von Quistorp untersteht als ausgebildetem militärischen Flugbetriebsmeister die Abwicklung des gesamten Flugbetriebes.

Zuständig für Ein- und Ausstieg

Aus einem VW-Bus heraus führen die drei Soldaten Listen mit den Passagieren. Für die Versicherung im Fall aller Fälle, der aber gottlob nie eintritt. Und sie sorgen für einen reibungslosen Ausstieg der Passagiere des vorangegangenen Fluges sowie für den kontrollierten Zustieg der nächsten Passagiergruppe.

Dabei sind die Vorschriften der Flugsicherheit einzuhalten. So ist dafür Sorge zu tragen, dass niemand auf dem Flugfeld in den Gefahrenbereich des Heckrotors gerät, dass alle Passagiere angeschnallt sind, ihnen gegebenenfalls noch Spucktüten in die Hand gedrückt werden und sie auf bestimmte Verhaltensweisen während des Fluges hingewiesen werden.

Ab dem Moment, in dem die Türen schließen, tragen schließlich allein die an Bord befindlichen Bordmechaniker beziehungsweise im Fall der Alouette II der Pilot die volle Verantwortung für Flug und Passagiere.

Unterschiedliche Flugrouten

Feste Flugrouten gibt es nicht. Hans-Werner von Quistorp: „Da die Stollburg ein sehr schönes Motiv und zudem ein markanter Punkt im Gelände war, der zudem eine gewisse touristische Anziehungskraft hatte, wurde er seinerzeit sicher oft angeflogen, ebenso wie sehr wahrscheinlich die Mainschleife.“

In der Regel nehmen die Piloten aber auf ihren Runden unterschiedliche Flugrouten ein, auch um die Lärmbelästigung der Anwohner möglichst gering zu halten. Soweit es möglich ist, wird hin und wieder sogar auf Wünsche der Passagiere eingegangen.

Die Rundflugzeit beträgt im Schnitt zwischen fünf bis zehn Minuten. Sie ist auch stark vom Andrang abhängig. Ist der groß, wird versucht, die Passagiere schnell abzufertigen und in die Luft zu bekommen. Außerdem müssen die Piloten mit dem Sprit haushalten. Er muss zum Auftanken bis zum nächsten Militärflugplatz reichen.

An besondere Ereignisse bei der Ausstellung kann sich Hans-Wernher von Quistorp nicht erinnern, „nur, dass es super toll war“. Grund genug für ihn, seit 40 Jahren regelmäßig nach Gerolzhofen zurückzukehren.

Blick aus der Luft auf den damals für die Rundflüge ausgewählten Start- und Landeplatz auf der Wiese in der Nützelbachaue. Hier befindet sich heute der Kräutergarten.
Foto: Günter Engert | Blick aus der Luft auf den damals für die Rundflüge ausgewählten Start- und Landeplatz auf der Wiese in der Nützelbachaue. Hier befindet sich heute der Kräutergarten.
1977 war noch von den „Vier Seen“ die Rede, als es um die Weiherkette am Nützelbach ging.  Seit der 2006 vorgenommenen Renaturierung sind es nur noch zwei.
Foto: Günter Engert | 1977 war noch von den „Vier Seen“ die Rede, als es um die Weiherkette am Nützelbach ging. Seit der 2006 vorgenommenen Renaturierung sind es nur noch zwei.
Ein besonderes Erlebnis für Günter Engert ist der Blick aus der Luft auf sein im Rohbau fertig gestelltes Eigenheim linker Hand vom aufgelassenen alten Steinbruch.
Foto: Günter Engert | Ein besonderes Erlebnis für Günter Engert ist der Blick aus der Luft auf sein im Rohbau fertig gestelltes Eigenheim linker Hand vom aufgelassenen alten Steinbruch.
Auf dem Rückflug vom Stollberg bei Handthal dreht der Hubschrauberpilot über den Hörnauer Seen wieder in Richtung Start- und Landeplatz am Nützelbach ein.
Foto: Günter Engert | Auf dem Rückflug vom Stollberg bei Handthal dreht der Hubschrauberpilot über den Hörnauer Seen wieder in Richtung Start- und Landeplatz am Nützelbach ein.
 
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