Es ist eine anstrengende sechsmonatige Mammut-Tour, die die Ausstellung „Unser Heer“ 1977 durch 18 Städte der Republik führt. Über das damals noch im Juni stattfindende Marktplatz-Weinfest fällt der Tross in Gerolzhofen ein. Es ist die zehnte Station. Hans-Wernher von Quistorp ist einer von 117 beteiligten Soldaten. Er leitet die Hubschrauber-Rundflüge.
Einmal buchstäblich hier gelandet ist er bis heute ein treuer Fan und Freund Gerolzhofens geblieben. Er legt quasi eine Punktlandung auf der Landkarte hin. Zwischen ihm und der kleinen Stadt in Unterfranken und ihren Einwohnern erwächst aus der Ausstellung eine Beziehung fürs Leben.
Zum 40. Jahrestag hat Hans-Wernher von Quistorp beim 43. Weinfest zahlreiche alte Freundschaften am Steigerwald aufgefrischt und zugleich neue geknüpft.
Der GEO-Fan betont: „Gerolzhofen ist der einzige Ort von der ganzen damaligen Tour, wohin ich heute noch viele enge Kontakt habe.“ Und er schiebt nach: „Hier ist es immer sehr nett. Die Leute sind immer freundlich und hilfsbereit. Ich möchte keine Sekunde und keinen Tag missen, den ich hier verbracht habe.
“ Der sympathische Rheinländer erzählt: „Die Kontakte sind zu vielen Leuten erhalten geblieben und jedes Mal wenn ich hier bin, werden es wieder mehr.“
Ausstellung am Hallenbad
Gerolzhofen ist 1977 der zehnte Ort der Ausstellung des III. Korps mit Sitz des Stabes in Koblenz als eines der drei Korps des Heeres der Bundeswehr. Es besteht bis 1994. Die Bundeswehr schlägt ihre Zelte in Gerolzhofen auf dem Gelände an der Volkach unterhalb des 1972 eröffneten Hallenbades auf.
Hauptaufgabe der Ausstellung „Unser Heer“ ist es, über die Bundeswehr im Allgemeinen und das Heer im Besondern zu informieren. Vor allem in Gegenden mit keinen oder nur wenigen Garnisonen soll der Jugend ein Bild von der Bundeswehr, ihren Aufgaben, ihrer Ausrüstung und den Karrieremöglichkeiten beim „Bund“ vermittelt werden.
1976 hatten die Heeres-Schau bereits über eine halbe Million Menschen im nord- und westdeutschen Raum besucht. Nun geht die Wanderausstellung ein Jahr später in die nächste Runde. Sie führt ab Mitte April bis Mitte September 1977 von Eschweiler im Westen bis Bad Neustadt an der Saale im Osten und von Duderstadt im Norden bis Gerolzhofen und Ochsenfurt im Süden.
Die „Stars“ unter den in Aktion mit- und vorgeführten 70 Ketten- und Radfahrzeugen sind der Kampfpanzer Leopard, der Schützenpanzer Marder, die Panzerschnellbrücke Biber und der Spähpanzer Luchs.
Für die kostenlosen Rundflüge als große Attraktion stehen drei Hubschrauber der Baureihen Bell-UH-1 D, Alouette und CH-53 bereit. Bei der Eröffnung müssen die Helikopter wegen schlechten Wetters noch am Boden bleiben. Im Laufe der nächsten Tage kommt es bei dem von Hans-Wernher von Quistorp geleiteten Rundflugbetrieb zu 150 Starts mit rund 1000 Passagieren.
Am Ende zählt „Unser Heer“ exakt 29 673 Besucher in Gerolzhofen. Auch der Tagesrekord bis dahin wird mit 13 000 Besuchern hier am Steigerwald aufgestellt.
Die Ausstellung hat einmal mehr der umtriebige Vorsitzende des Förderkreises Gerolzhofen und Umland und Weinfestgründer, Dietmar Kordowich, nach Gerolzhofen geholt.
So werden es anstrengende aber weinselige Abende für die Soldaten wie Hans-Wernher von Quistorp.
Zum Rahmenprogramm gehören der obligatorische Besuch des damals fünf Tage dauernden Weinfestes vom Donnerstag, 16. Juni, bis Montag, 20. Juni 1977, diverse Weinproben und Empfänge, sowie die Bacchus-Feierlichkeiten mit Aufnahme der Hauptverantwortlichen für die Ausstellung „Unser Heer“ in die Bacchus-Weinbruderschaft.
Dazu gibt es ein Kartrennen auf dem Steigerwald-Motodrom, ein Fallschirmspringen auf dem TV-Platz hinter der Stadthalle und ein Fußballspiel einer Prominenten-Elf gegen die Bundeswehrauswahl. Es endet 5:5. Vierfacher Torschütze auf heimischer Seite ist Stadtkaplan Gottfried Amendt.
Der Stadtkaplan als Torjäger
Der damalige Berichterstatter und Redakteur dieser Zeitung, Karl Ankenbrand, schreibt voller Begeisterung: Ein Tor schöner als das andere. Den fünften Treffer steuerte der eingewechselte Walter Hornung unter der Moderation des legendären Kult-Kommentators Hans Thomas bei.
Die freundliche Aufnahme in der Stadt hat Hans-Wernher von Quistorp den Gerolzhöfern nie vergessen. Immer wieder kehrt er in der Folgezeit zurück. Dies auch, als er nach dem 1982 abgelegten Fachabitur die Bundeswehr bereits verlassen hat. Zwei Jahre leitet er den 24-Stunden-Kriminaldauerdienst beim Zollkriminalinstitut in Köln, bevor er 1987 ins Innenministerium nach Bonn wechselt und später mit nach Berlin umzieht.
Im Innenministerium ist Hans-Wernher von Quistorp für Innere Sicherheit und Katastrophenschutz zuständig, bevor er am Ende für die Bekämpfung des Dopings im Sport verantwortlich zeichnet. Seit Juni ist er pensioniert. Dazu ist er von Berlin ins Rheinland als seine Heimat zurückgekehrt, um den Ruhestand in Königswinter am Rande des Siebengebirges zu genießen. So hat er jetzt noch mehr Zeit, die Verbindungen nach Gerolzhofen zu pflegen.
Über den „Diko“ hatte Hans-Wernher von Quistorp einst Gerolzhöfer wie Dr. Simon Schicker, Karin Sauer, Petra und Lothar Oemler, Ex-Markgraf Gerold Bruno Steger, den unvergessenen Weingott Bacchus Wolfgang Schmitt, Hannelore Hippeli und viele andere kennengelernt. So kam er irgendwann auch mit Reiseorganisator Burkard Tebbe in Kontakt, mit dem er erst an Pfingsten das Burgund bereiste.
Als sich die Ausstellung „Unser Heer“ in Gerolzhofen heuer zum 40. Mal jährte, stand für Hans-Wernher von Quistorp fest: „Das muss zum Weinfest gefeiert werden.“
So hat der „Quissi“, wie ihn gute Freunde und Bekannte nennen, in „Frankens größter Weinstube“ viele Bekannte getroffen, aber auch gleich wieder neue Kontakte geknüpft wie mit Philippe und Nathalie Ory aus Mamers. Nun will er einen Französisch-Kurs zur Auffrischung der Sprachkenntnisse belegen, um 2018 mit in Gerolzhofens französische Partnerstadt zu fahren. Keine Frage: Hans-Wernher von Quistorp und Gerolzhofen ist eine besondere Beziehung.
Das auffällige „h“ in Wernher kommt übrigens nicht von ungefähr. Der mit einer geborenen von Quistorp verheiratete Raumfahrtpionier Wernher von Braun war Cousin seines Vaters und somit sein Onkel.