Verteilt im Schweinfurter Stadtgebiet haben sich am frühen Samstagabend überall am Straßenrand kleinere Menschengruppen versammelt. Sie alle freuten sich auf eine besondere Aktion, die mittlerweile zu einer Tradition geworden ist. Seit 2020 initiiert Sven May, ein Landwirt aus dem Schweinfurter Stadtteil Oberndorf, den Korso, der auch diesmal mit rund 40, meist weihnachtlich geschmückten, Traktoren durch Schweinfurt rollte.
Die Lichter funkelten, die Melodie des alten Partisanen-Lied "Bella Ciao" war zu hören. Es geht um mehr als nur ein wenig Weihnachtsflair. Die Zeiten haben sich im Vergleich zum Start der Aktion, inmitten der Corona-Pandemie, nicht verbessert, finden die Landwirte. "Ein Funke Hoffnung hat nichts geholfen, deshalb fahren diesmal auch bewusst 'dunkle' Schlepper mit", erklärte May vorab.
Der Korso ist durchaus auch als politische Aktion zu sehen. Das zeigten allein die Plakate auf einigen Traktoren. "Ist der Bauer ruiniert, wird das Essen importiert" oder "Euer politischer Mist kostet unsere Existenz", war dort zu lesen. "Aus dem Funken wurde bei vielen Kollegen nur noch ein Glimmen", fast May die Entwicklung der letzten Jahre zusammen. "Viele bewegt nur noch das Funkeln in den Kinderaugen zur Mitfahrt."
Was die Landwirte in der Region bewegt
Als Kollegen sieht May nicht nur seine Berufskollegen in der näheren Umgebung. Er zählt in der Veranstaltungsankündigung internationale Bespiele auf. Die Probleme der Landwirtschaft seien drastisch und vielfältig. Die Ernte in der Ukraine werde durch den Krieg bedroht, die in Spanien vor wenigen Wochen vom Starkregen. "Krieg kann, genauso wie das Wetter, unsere Arbeit von einem ganzen Jahr in wenigen Stunden, Minuten oder sogar Sekunden vernichten", erklärt der Landwirt aus Oberndorf, der die Politik in Deutschland stark kritisiert.
"Der Funke Hoffnung", sagt er, werde bei seinen Kollegen in der Landwirtschaft durch die politischen Entscheidungen der letzten Zeit immer kleiner. Der Mindestlohn etwa, sorge laut May dafür, dass der Gemüsebau in Deutschland noch weiter zurückgefahren wird. Das Höfesterben gehe weiter. "Vielen ist das Lachen vergangen", berichtet May. "Die Hoffnung schwindet immer mehr."
Die Tour führte quer durch die Stadt, auch vorbei an den Krankenhäusern
Mit ihrer Tour durch Schweinfurt wollten die Bauern dennoch etwas Hoffnung verbreiten. Die Strecke führte von Oberndorf aus durch die Stadt, unter anderem vorbei an den beiden Schweinfurter Krankenhäusern. "Wir wollen den Menschen, die dieses Jahr nicht aktiv am vorweihnachtlichen Leben in unserer Stadt teilnehmen können, ein bisschen weihnachtliche Vorfreude ans Fenster bringen", so May. "Und wir wollen wachrütteln, dass die Luft für die heimische Landwirtschaft immer dünner wird."
Beste Grüße
Emily-Sophie Schrodt
Digitalmanagement Main-Post
Gleichfalls schönen Restsonntag!