Am vergangenen Mittwoch ging der Wahl-O-Mat zur Landtagswahl in Bayern online. Die Internet-Wahlhilfe der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) bietet Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, anhand von ausgewählten Thesen ihre Meinung mit jenen der zur Wahl stehenden Parteien zu vergleichen. Für die Wahl am 8. Oktober sind es 38 Thesen. Daran beteiligt war Manuel Rettner aus Stammheim in der Gemeinde Kolitzheim (Lkr. Schweinfurt).
Der Student der Politikwissenschaften ist seit jungen Jahren politisch interessiert. Im Elternhaus las er frühzeitig die Berichte in dieser Zeitung. Mit 14 Jahren erlebte Manuel Rettner hautnah die Ereignisse in seiner Heimatgemeinde mit, als die rechtsextreme Kleinpartei "Die Rechte" ihre neue Bayern-Zentrale in einem ehemaligen Gasthof in Stammheim einrichten wollte und sich die gesellschaftliche Initiative "Stammheim ist bunt" dagegen stellte. "Das war mein persönlicher Auslöser", bekennt der 23-Jährige.
Ausgewählt für das 20-köpfige Redakteursteam
Zugleich engagiert er sich in der Katholischen Landjugend Bayern (KLJB), deren Diözesanvorsitzender er in Würzburg ist. Darüber kam auch der Kontakt zum Wahl-O-Mat zustande. Auf sein "Motivationsschreiben" folgte prompt eine positive Antwort: Rettner wurde ins 20-köpfige Redakteursteam aufgenommen. Zugelassen sind dafür Jung- und Erstwählende im Alter zwischen 16 und 26 Jahren. Einschränkend kommt hinzu, dass man kein Amt in einer Partei inne haben darf.
Es ist ein mehrstufiger Prozess, in dem sich die 38 Thesen herauskristallisieren. Dabei unterstützt wurde das Team von Experten und Historikern. Fünf Themenbereiche wurden gebildet, Manuel Rettner kam in die Gruppe, die sich mit "Inneres, Justiz, Demokratie und Föderalismus" auseinandersetzte. Zum Einlesen gab es Zusammenfassungen aller Wahlprogramme. Natürlich hatte er sich im Vorfeld auch mit Freunden und Familie unterhalten, dazu Beschlüsse und Themen der KLJB angeschaut.
Eine wichtige Etappe waren die Thesenfindung und Fragestellungen an die Parteien, die sehr komplex und zeitintensiv war. Drei Tage hatte die Gruppe sich hierzu bei einem Workshop in Würzburg im Juni ausgetauscht, Thesen entworfen und wieder verworfen. "Es ist aber nie hitzig geworden", berichtet Rettner. Begleitet wurden sie bei diesem Workshop von Michael Czygan, einem Redakteur dieser Zeitung.
Bei der Thesenauswahl an den Wahlprogrammen orientiert
"Dabei haben wir uns streng an den Wahlprogrammen aller Parteien orientiert. Denn es kann nur eine These in den Wahl-O-Mat kommen, die in den Wahlprogrammen vorkommt", erklärt Rettner. Damit sollte sichergestellt sein, dass die Wahlhilfe unparteiisch bleibt und keine eigenen Themen vorgibt. Anschließend formulierte sein Team jene Fragen aus, die den Parteien zur Beantwortung zugeschickt wurden.
Größte Herausforderungen waren aus seiner Sicht die schiere Masse an Themen sowie eine verständliche Formulierung der Fragen. Eine Vorgabe war etwa, so wenige Fachbegriffe wie möglich zu verwenden und Anglizismen zu vermeiden.
Wie muss eine solche Frage aussehen? "Die Frage muss sehr klar sein, dass sich die Parteien in ihren Antworten nicht herausreden können", so Rettner. Entscheidend waren zudem die Relevanz eines Themas und inwieweit sie auf Bayern zutrifft. Gleichwohl sind internationale Aspekte eingeflossen, wie zum Beispiel die Beurteilung von Waffenlieferungen an die Ukraine. Schwierig war auch die Priorisierung der Fragen. Nur 80 gingen an die Parteien raus, "unsere Kleingruppe allein hatte jedoch schon 40 Fragen". Daraufhin wurde eine Top-10-Liste erstellt.
Bei einem Online-Meeting Anfang September analysierte das Redaktionsteam die Antworten der Parteien. Welche Fragen am relevantesten und umstrittensten waren, wurde in den 38 Thesen umfassenden Wahl-O-Mat aufgenommen.
Sehr kontroverse Thesen für den Wahl-O-Mat entstanden
Dazu zählt die kontrovers diskutierte, aus seiner Sicht sehr rechte These: "Asylbewerberinnen und -bewerber sollen bis zur Entscheidung über ihren Antrag in Sammeleinrichtungen untergebracht werden." Weitere Thesen, an denen er beteiligt war, sind zum Beispiel jene, dass für das Amt des Ministerpräsidenten weiterhin ein Mindestalter von 40 Jahren gelten soll, dass bei Landtagswahlen Jugendliche ab 16 Jahren wählen dürfen, und dass es in Bayern weiterhin eine eigene Grenzpolizei geben soll. Das alles bietet reichlich Diskussionsstoff, was Manuel Rettner gut findet. "Eine These, bei der Jeder Ja und Amen sagt, ist keine gute These."
Den Wahl-O-Mat hält er für gelungen, auch wenn manche aktuellen Themen fehlten, weil die Fragen bereits im Juni entstanden sind. Das Tool ist in seinen Augen ein erster Schritt, um sich als Jung- und Erstwähler zu informieren; für eine Entscheidungsgrundlage reiche es aber nicht aus. Sein Rat lautet deshalb, Informationen auch aus anderen seriösen Quellen einzuholen.
Später in die Politik einzusteigen, das ist nicht sein Ziel. Ab Oktober steht für den 23-Jährigen aus Stammheim das Masterstudium an. Danach könnte er sich vorstellen, in der zweiten Reihe, etwa in einem Verband zu arbeiten, vielleicht in der Jugendarbeit. "Ich möchte mich eher auf Themen konzentrieren und weniger auf Politisches."