"Wir sind noch immer in einer Art Schockstarre." Das Künstlerehepaar Silvia Kirchhof und Achim Hofmann hat an der Entscheidung des Landratsamts Schweinfurt schwer zu knabbern, wonach die Besucher des Theaterhauses im ehemaligen Steigner-Geschäftshaus in der Centgasse aus Immissionsschutz-Gründen spätestens bis 22 Uhr das Haus verlassen haben müssen. Das Ehepaar hat das Haus gekauft und wollte es zu einem Treffpunkt für Kunst und Kultur umbauen. Durch die Begrenzung auf 22 Uhr sehen Kirchhof und Hofmann aber massive Probleme, vollwertige Abendveranstaltungen anbieten zu können.
Nach dem für viele überraschenden Bescheid des Landratsamts ruhen die Umbauarbeiten im ehemaligen Steigner-Haus, das auch der Sitz des Kleinen Stadttheaters Gerolzhofen hätte werden sollen. Zahlreiche ehrenamtliche Helfer aus dem Ensemble der Theatergruppe hatten bereits -zig Stunden in den Umbau des Hauses investiert. Die Arbeiten wurden nun aber gestoppt, insbesondere was den Einbau von Behinderten-Toiletten und die Umsetzung von teuren Brandschutzmaßnahmen angeht. Bevor man noch größere Investitionen tätige, so Silvia Kirchhof, wolle man erst abwarten, ob das Haus überhaupt noch eine Zukunft hat.
Kleines Stadttheater soll weiterleben
Die Theaterleiterin ist fest gewillt, dass das Kleine Stadttheater auch in Zukunft noch Aufführungen auf die Bühne bringen kann. Das bereits begonnene Projekt "Wunderland", das in diesem Frühsommer auf dem Marktplatz hätte aufgeführt werden sollen und dann aber dem Coronavirus zum Opfer fiel, bleibt weiterhin auf der Agenda. "Wann es aufgeführt werden kann, ist unklar. Vielleicht erst in ein paar Jahren", sagt Kirchhof.
- Lesen Sie auch das Plädoyer von Autor Roman Rausch für das Kleine Stadttheater Gerolzhofen: "Gesellschaft braucht Begegnung"
Das Stück des Autors Roman Rausch, das die Entwicklung der Stadt Gerolzhofen in den Jahrzehnten nach dem Kriegsende thematisiert, ist ja längst fertig. Es hatten sogar schon Leseproben des Ensembles stattgefunden, ehe die Pandemie zum Abbruch zwang. Nur das Ende der Revue soll jetzt noch von Roman Rausch umgeschrieben werden: Das Coronavirus und seine Auswirkungen auf das städtische Leben wird auch im Theaterstück seinen Niederschlag finden.
Alternative Darbietungsformen
Momentan macht sich Silvia Kirchhof Gedanken über, wie sie sagt, "alternative Darbietungsformen" des Kleinen Stadttheaters. Es gilt den Spagat zu meistern, die notwendigen Abstandsregeln unter den dadurch zahlenmäßig begrenzten Theaterzuschauern einzuhalten und trotzdem kostendeckend zu arbeiten. Eine Lösung könnte vielleicht wieder so eine Art Wandeltheater sein, wo nur kleinere Besuchergruppen im Freien unterwegs sind. Generell sei die Lage in der Kultur- und Veranstaltungsszene aber verheerend, sagt Kirchhof. Viele Firmen, die sich auf die Beleuchtung und Beschallung von Großveranstaltungen spezialisiert haben, stünden inzwischen vor dem Ruin.
In die Diskussion um die vom Landratsamt Schweinfurt geforderte Schließung des Theaterhauses um spätestens 22 Uhr hat sich nun auch der Gerolzhöfer Bürgermeister Thorsten Wozniak eingeschaltet. Der Stadtrat habe in öffentlicher Sitzung dem Bauantrag beziehungsweise der Nutzungsänderung für das Theaterhaus in der Centgasse nach ausführlicher Diskussion zugestimmt, betont er in einer schriftlichen Stellungnahme.
Bürgermeister meldet sich
Wozniak greift auch den von Thomas Vizl, stellvertretender Landrat und Gerolzhöfer Stadtrat, ins Spiel gebrachten Vorschlag auf, die Stadt Gerolzhofen könne vielleicht den Theaterbetreibern durch "Sondergenehmigungen" entgegenkommen. Es sei nicht möglich, ausnahmsweise etwa durch zeitliche Verlängerungen der Ausschankzeit im Gaststättenrecht den Immissionsschutz auszuhebeln.