
Glaubt man Umfragen, bewegt kein Thema die deutsche Bevölkerung so sehr wie die Migrationspolitik. Die Schweinfurter SPD ist in die Offensive gegangen, um vor Ort die Vorhaben der Bundesregierung zu erläutern. Mit dabei: der örtliche Abgeordnete Markus Hümpfer und sein Fraktionskollege Helge Lindh (Wuppertal), der aktiv an den laufenden Gesetzesänderungen beteiligt ist. 50 Besucherinnen und Besucher verfolgten im Christkönigsaal am Bergl die Ausführungen Lindhs und bekamen reichlich Gelegenheit für Fragen und Statements.
Der Tenor aus dem Publikum war eindeutig: Den meisten geht es darum, dass geflüchtete Menschen möglichst schnell in die Arbeitswelt eingegliedert werden. Warum nicht sofort ein Recht auf Arbeit besteht, fragte einer Lindh. Immerhin werde die Wartezeit jetzt auf sechs Monate verkürzt, so der Abgeordnete. Dabei gab es auch Hinweise, die Lindh dankbar entgegennahm. Etwa dass man nicht ausländische Berufsqualifikation formal auf Tauglichkeit prüft, sondern Brückenkurse anbietet, um die Fähigkeiten der Menschen so auszubilden, wie sie hierzulande für notwendig erachtet werden.
Lernen im Job, nicht in der Schulbank
Thema Integrationskurse. Einige Redner bezweifelten, wie der Abgeordnete Lindh auch, dass der Zwang zu reinen Sprachkursen mit dem Ziel eines B1-Zertifikats hilfreich sei. "Wer arbeitet, lernt die Sprache automatisch", hieß es.
Insgesamt gab es sehr differenzierte und sachliche Fragen an den Parlamentarier, was Lindh ausdrücklich lobte. In manchen Beiträgen war dennoch spürbar, wie emotional das Thema Migration viele Menschen bewegt. Helge Lindh gewährte einen tiefen Einblick in die geplanten Gesetzesänderungen mit sperrigen Begriffen wie Chancenaufenthaltsgesetz oder Rückkehrverbesserungsgesetz, hinter dem sich die Verschärfung von Abschiebemöglichkeiten verbirgt.
300.000 Menschen hätten den Status, dass sie sofort abgeschoben werden müssten. Doch Lindh trübte die Erwartung, dass dies in der Praxis auch gelingen könne. Weil Länder sich weigerten, sie aufzunehmen, oder nicht die notwendigen Papiere ausstellten. Ziel der Politik müsse daher sein, dass sich eine solche Abschiebesituation nicht wiederholt. Der Blick in Länder wie Dänemark helfe nicht weiter, sagte Lindh: Wenn Staaten ihre Einwanderungsvoraussetzungen verschärften, gingen die Menschen eben woanders hin. Es brauche gesamteuropäische Konzepte.
Migrationspolitik ist eine komplexe Materie
Lindh gab mit viel Engagement und Knowhow Einblick in die komplexe Materie Migration. Wobei es ihm nicht immer gelungen sein dürfte, dass die Zuhörerschaft die unterschiedlichen Rechtsbegriffe rund um den Status von Ausländerinnen und Ausländern auseinanderhalten konnte: von Flüchtlingen mit realitätsferner Bleibeperspektive, über Duldung und Bleiberecht bis zu Menschen mit Arbeitsvisum.
Der Großteil der Asylsuchenden, so Lindh, käme nach wie vor aus Syrien und der Türkei. Gerade bei Letzteren dürften finanzielle Anreize in Deutschland kaum eine Rolle für die Flucht gespielt haben als vielmehr das Ergebnis der Präsidentenwahl in der Türkei. Und die meisten kämen auch nicht, wie man vermuten könnte, über das Mittelmeer nach Europa, sondern über den Balkan.
Der Wuppertaler Abgeordnete brach eine Lanze für eine Migrationspolitik mit Pragmatismus und Transparenz. Die Idee laute, die Regeln zu verschärfen, damit weniger Personen kommen, die keine Bleibeperspektive haben. Zu den Maßnahmen gehören für ihn auch Abkommen mit Drittstaaten "auf Augenhöhe" und nicht geprägt von Sanktionsandrohungen. Gleichzeitig sollen für diejenigen Menschen, die hier sind und bleiben dürfen, die Perspektiven verbessert werden, ihre Lebensbedingungen in Deutschland zu verbessern.
Mehr Gehör für Mitarbeiter an der bürokratischen Basis
Und Politiker Lindh nahm auch seine eigene Sparte ins Visier. Es müsse der "Verschiebebahnhof der Verantwortungen" zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufhören, sondern es sei ein Schulterschluss nötig. Gleichzeitig müsse die Gesetzgebung darauf achten, dass Gesetze in die Realität umgesetzt werden können und auf ihre praktische Tauglichkeit überprüft werden.
Ein Beispiel dafür: Im aktuellen Verfahren sind jetzt nicht nur Behördenchefs, sondern auch Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter angehört worden, die sich tagtäglich mit den bürokratischen Folgen der (sich manchmal widersprechenden) Regelungen auseinandersetzen müssen.