Im Jahr 2020 wollten sich 77 in Bayern lebende Asylsuchende selbst töten. Ein Jahr zuvor waren es 83 Menschen. Das geht aus einer Antwort der bayerischen Staatsregierung auf eine Anfrage der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hervor. Dass es im zurückliegenden Jahr in 76 Fällen beim Versuch blieb und nur ein Verzweifelter starb, ist für den grünen Landtagsabgeordneten Paul Knoblach aus Garstadt kein Trost. "Die hohen Zahlen sind besorgniserregend und müssten die Staatsregierung aufrütteln, sich endlich ernsthaft mit der Gesamtsituation auseinanderzusetzen."
Die Suizide und Versuche sind in der Kriminalstatistik erfasst. Die meisten Selbsttötungsversuche gab es 2020 laut Staatsregierung in Oberbayern (31). Unterfranken steht mit acht Versuchen an vierter Stelle hinter Schwaben (15) und Niederbayern (13). Sechs davon geschahen in Schweinfurt. Die beiden Suizide von Bewohnern der Ankereinrichtung im Februar 2021 sieht Knoblach als "echtes Alarmsignal". Mit dem traurigen Fall des jungen Somaliers, der im Februar 2019 in einer Haftzelle der Schweinfurter Polizei zu Tode kam, "sind das drei Tote zu viel", sagt Knoblach.
Für Knoblach sind die Ankerzentren wegen ihres Konzepts der Zentralisierung die Hauptursache für das verzweifelte Handeln von Flüchtlingen. "Die Männer und Frauen sind dort jeden Tag zum Warten und Ausharren verdammt." Folge der Isolation, gepaart mit der ungeklärten Zukunft und Perspektivlosigkeit, seien neben Depression und Angst auch Selbstmordgedanken. Knoblach hält daher "mehr Prävention durch mehr Personal in allen Bereichen" der Ankerzentren für nötig. Die Verfahrenszeiten müssten verkürzt und gerade in diesen Pandemiezeiten die Belegung entzerrt werden.
Kritisch sieht der Garstädter Abgeordnete auch die Situation der Kinder und Jugendlichen in den Ankerzentren. Ihnen fehle es an der Möglichkeit, am Online-Unterricht teilzunehmen. Nötig seien neben mehr Endgeräten vor allem Räumlichkeiten zum ruhigen Lernen.