Sie sind nicht nur Freundinnen, sondern Bundesschwestern. Ein Leben lang werden sie alle der Technischen Damenverbindung "Feminae e Franconia zu Schweinfurt" angehören. Darauf schwören die jungen Frauen der Studentenverbindung einen Eid. Doch ist das Verbindungswesen noch zeitgemäß? Ein Besuch bei Schweinfurts einziger Damenverbindung gibt Aufschluss darüber, worauf die Studentinnen Wert legen und welchen Zweck die Hierarchien und Regeln haben.
In der öffentlichen Wahrnehmung bestimmen Burschenschaften das Bild des Verbindungswesens. Diese politische Form der Studentenverbindungen gilt häufig als rechtsgerichtet, vereinzelte bayerische Burschenschaften werden vom Verfassungsschutz beobachtet. Die Schweinfurter Damenverbindung versteht sich hingegen als "neutrale, konfessionslose und unabhängige Verbindung, die auf dem Boden des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland steht", teilen die Damen schriftlich mit. Ziel sei es, dass sich jede Bundesschwester durch unterschiedliche Meinungen und Diskussionen ihre eigene Meinung bilden könne.
Die Feminae sind eine recht junge Verbindung
Doch welche Meinungen könnten nicht toleriert werden? "Rechtsradikalismus geht nicht", sagt Schneeberger. "Nazidenken" geht gar nicht. Ein Mitglied der NPD sei schon "ganz schwierig, obwohl die NPD ja nicht verboten ist", sagt die Ehrendame. "Ich denke, so jemand würde sich bei uns nicht wohlfühlen", wirft die Vorsitzende Julia Promeuschel ein. Das gelte im Übrigen auch für Linksextremismus.
"Feminae e Franconia" ist eine von drei aktiven Studentenverbindungen in Schweinfurt. Der Bund wurde im Jahr 2011 gegründet und ist damit verhältnismäßig jung. Viele Männerverbindungen existieren seit dem 19. Jahrhundert und hegen ihre Tradition seither. Bei den Damen ist das anders, sie können noch beeinflussen, was es zu bewahren gilt, und eigene Bräuche gestalten. Bei schlagenden Männerverbindungen gehört die Fechtwaffe bei hochoffiziellen Feiern zum Vollwichs, der traditionellen Bekleidung. Die Feminae fechten nicht. Darum haben sie sich einen eigenen Brauch überlegt: Bei dem Festakt halten sie stählerne Rosen in den Händen. Für die jungen Frauen ist das die perfekte Symbiose aus Weiblichkeit und Technik.
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"Feminae e Franconia" ist lateinisch und bedeutet "Frauen aus Franken". Das ist wörtlich zu nehmen, denn viele der zehn Hohen Damen in der Verbindung stammen aus Unterfranken. Alle zog es für das Studium nach Schweinfurt. Die Heimatverbundenheit spiegelt sich auch im selbst komponierten Lied der Verbindung wider, das bei festlichen Anlässen angestimmt wird: "Die Heimat mit ihrem ganz eigenen Stil. Die Heimat, der Rückert der Liebe verfiel. Die Heimat zu schützen, das ist unser Ziel."
Wo der Schutz der Heimat besungen wird, da sind konservative Werte nicht weit. Die Damen sind konservativ. "Das sind wir bewusst und mit Absicht", sagt Margot Schneeberger und prangert den Verlust von Werten in der Gesellschaft an. "Hier werden sie noch hochgehalten", sagt die Ehrendame. Sie stört es zum Beispiel, wenn jemand sich mit seinem Handy beschäftigt, während jemand eine Rede hält.
Als ehemalige Hauptschülerin kann Schneeberger kein vollwertiges Mitglied in der Studentenverbindung werden. Doch sie hat sich um die Feminae so verdient gemacht, dass sie dafür ausgezeichnet wurde. Die 55-Jährige ist der Kassenwart der Verbindung. Über Benehmen hat sie in der Verbindung viel gelernt. "Das sind Sachen, die lernt man nicht so einfach, wenn man nicht die Eltern dazu hatte oder in einer Verbindung ist", sagt Schneeberger. Sie möchte später einmal mit dem Band der Verbindung beerdigt werden.
Bei Festen singen die Damen traditionelle deutsche Lieder
Deutsches Liedgut ist ein fester Bestandteil des Verbindungswesens. Das Frankenlied ist für die Damen eine Hymne, zu der sie sich von ihren Plätzen erheben. Offiziell hat das Lied sechs Strophen, doch für sie gehört die siebte dazu: "Wir wollen freie Franken sein und nicht der Bayern Knechte", heißt es darin. Von Gänsehaut ist die Rede, als die Frauen davon erzählen, wie sie gemeinsam singen.
Julia Promeuschel sitzt mit ein paar Zetteln vor einem dicken Buch mit Ledereinband. Aus dem Allgemeinen Deutschen Kommersbuch wählt die Erstchargierte die Lieder für die Ankneipe aus. Sie hat Wirtschaftsingenieurwesen an der Fachhochschule studiert und ist heute die Vorsitzende der Damenverbindung. Die Feminae feiert mit der KTV Grenzmark aus Schweinfurt, einer christlichen Verbindung für Studentinnen und Studenten, die sogenannte Ankneipe. Dabei wird der Beginn des Semesters gefeiert.
Die Ankneipe verläuft nach einem strikten Regelwerk. Man unterscheidet den hochoffiziellen und den offiziellen Teil sowie die Fidulität, den unterhaltsamen Teil. Bei diesen Veranstaltungen sind nur Mitglieder der Verbindung, Anwärter und enge Vertraute eingeladen. Bei der Fidulität sind Journalisten nicht erwünscht. Beim hochoffiziellen und offiziellen Teil machen die Damen für diese Redaktion eine Ausnahme. Wenn es spät am Abend zur Fidulität kommt, möchte die Gemeinschaft unter sich sein. Der Verbindung zufolge werden dort lustige Lieder gesungen, Geschichten erzählt und Bierstiefel getrunken. Doch bis dahin werden noch einige Stunden vergehen.
Der kleine Raum im Grenzmarkhaus füllt sich langsam. Die Studentinnen der Feminae sitzen hier, Studenten und Alte Herren der KTV Grenzmark und Gäste einer Verbindung aus Ilmenau kommen zusammen. Auf den Tischen stehen Leuchter mit Kerzen in den Farben der Feminae und der KTV, an den Wänden hängen die Fahnen der beiden Verbindungen. Grün, magenta, blau: An diesen Farben sind die Feminae zu erkennen. Auf Mützen, Bändern und Anstecknadeln spiegeln die Farben Freundschaft, Harmonie und Treue wider. Die Treue kommt erst dann dazu, wenn ein Mitglied vom Fux zur Dame aufsteigt.
Doch warum braucht es eigentlich reine Damenverbindungen? "Man kommuniziert anders unter Frauen", sagt Promeuschel. Die Damenverbindung ist der 29-Jährigen zufolge ein Rahmen, in dem man sich "untereinander offener austauschen" kann. Dies sei auch einer der Gründe, warum Männerbünde keine Frauen aufnehmen. Trotzdem unterhalte man sich mit dem anderen Geschlecht, um dessen Standpunkt zu erfahren. Auch die Ankneipe veranstalten sie mit der gemischten Verbindung.
Die Studenten der KTV Grenzmark marschieren mit ihren Fechtwaffen und dazugehörigen Handschuhen zur Ankneipe ein. Die Verbindungsmitglieder fechten nicht, chargieren aber mit den Waffen. Sie schlagen mit der Klinge auf einen Holzblock, der auf einem Tisch am Ende des Raumes liegt, und begrüßen die Corona, die aus den weiteren Mitgliedern der Verbindungen besteht. "Die Schläger sind nicht scharf, aber manchmal bricht ein Stück ab – und das kostet", erklärt Schneeberger. Bis auf Weiteres gilt: "Non licet fumare, non licet vagari, non licet telefonare" – nicht rauchen, nicht umherlaufen, nicht telefonieren. "Silentium" und "Omnes ad sedes", weist die Chargia an – Stille und hinsetzen.
Regeln sollen im Alltag und im Beruf helfen
Während der Kneipe tragen die Damen ein Band in den Farben ihrer Verbindung, das Kleid sollte nicht deutlich über dem Knie enden, geredet wird prinzipiell nicht. Nur beim Colloquium sind Gespräche erlaubt. Die Vorsitzenden halten Vorträge über aktuelle Themen. An diesem Abend sprechen sie über die Vorzüge der Europäischen Union und die Freiheit des Denkens.
Die Regeln und Hierarchien sind kein Selbstzweck: Sie sollen die Damen auf das Berufsleben und den Alltag nach dem Studium vorbereiten. Durch Grußworte und Vorträge wollen die Studentinnen das freie und spontane Sprechen üben. Gutes Benehmen und Konzentration sind bei Besprechungen im Job wichtig. Und auch soziale Fähigkeiten sollen geschult werden: Wenn jemand zum Beispiel im Studium Hilfe braucht, unterstützen die anderen Verbindungsmitglieder. Darauf schwören die Damen einen lebenslangen Eid: "Wir Frauen aus Franken schwören den Eid, stark und loyal zu jeder Zeit. Stark und loyal zu jeder Zeit."