Es ist nur wenig, was man bisher in der Hand hat. Ein frisch getötetes Reh, das ein Jäger am 6. Januar in Dürrfeld gefunden hat, drei Tage später die Sichtung eines Jägers. Er will bei einer Drückjagd im Waldgebiet Herrenschlag einen schlanken, jungen Wolf gesehen haben. Für die Untere Naturschutzbehörde ist das bisher nur ein Verdacht, wie es in einer Pressemitteilung des Landratsamtes vom 17. Januar heißt. Ein Verdacht, der aktuell nicht bestätigt werden kann. Denn: Echte Beweise fehlen. Fotos zum Beispiel oder genetische Nachweise an dem gerissenen Tier, dem Reh also.
Das allerdings sah für Jäger Derr, der das Reh am Dreikönigstag fand, nicht danach aus, dass es vom einem Wolf gerissen worden wäre. Der wolfstypische Kehlbiss fehle, erklärte er einem Mitarbeiter der Redaktion. Deshalb habe man auch keine tierärztliche Untersuchung des Kadavers veranlasst. Der Jäger machte zwar Fotos, entsorgte das Tier aber dann. Ähnlich ein anderer Fall im Raum Gerolzhofen. Auch dort wurde vor etwa zwei Monaten ein gerissenes Reh gefunden, auch in diesem Fall gab es keine Untersuchung.
Veranlasst werden solche Untersuchungen vom Bayerischen Landesamt für Umwelt (LfU). Zum Beispiel werden gerissene Nutztiere bei Verdacht genetisch untersucht. Hat sie tatsächlich ein Wolf gerissen, müsste es DNA von ihm an dem Beutetier geben. Das LfU nimmt in Verdachtsfällen auch Hinweise auf, Sichtbeobachtungen, Fotos oder Videos. Ein entsprechendes Meldeformular ist online unter www.lfu.bayern.de zu finden. Außerdem läuft über das Landesamt auch ein Wolfsmonitoring. Das LfU ist es auch, das vom Landratsamt Schweinfurt benachrichtigt worden ist – "für die Aufnahme weiterer Ermittlungen".
Was Tierhalter laut Naturschutzbehörde jetzt beachten sollten
Aufgeschreckt hat die Meldung einer möglichen Wolfssichtung auch Tierhalter in der Gemeinde Grettstadt. Ihnen rät die Untere Naturschutzbehörde, Nutztiere wie Schafe und Ziegen auf extensiv genutzten Flächen zu schützen – mit Zäunen, Behirtung und dem Einsatz von Herdeschutzhunden. Eine Förderung dafür gebe es allerdings erst, wenn das Gebiet vom LfU "anhand fachlicher Kriterien als sogenannte Förderkulisse festgelegt wurde". Schäden, die Nutztierhaltern durch Wolfsrisse entstehen, könnten durch den Ausgleichsfonds "Große Beutegreifer" kompensiert werden.
Wann und wo könnte man einem Wolf begegnen?
Wölfe sind zwar vorsichtig und meiden Menschen, so die Untere Naturschutzbehörde. Allerdings könne es doch vorkommen, dass die Tiere an Ortschaften vorbeilaufen oder Siedlungen durchqueren. Vor allem in der Dämmerung oder Dunkelheit, denn dann ist der Wolf aktiv. Dass ein Wolf nicht immer sofort die Flucht ergreife, wenn er einen Menschen sehe, sei normal, heißt es in der Pressemitteilung. Oft ziehe sich das Tier langsam und gelassen zurück.
Sieben Verhaltensregeln, wenn Sie einen Wolf sehen
Für den Fall der Fälle geben die Experten der Naturschutzbehörde Tipps, wie man sich bei der Begegnung mit einem Wolf richtig verhält:
1. Haben Sie Respekt vor dem Tier.
2. Laufen Sie nicht weg. Wenn Sie mehr Abstand möchten, ziehen Sie sich langsam zurück.
3. Falls Sie einen Hund dabei haben, sollten Sie diesen in jedem Fall anleinen und nahe bei sich behalten.
4. Wenn Ihnen der Wolf zu nahe erscheint, machen Sie auf sich aufmerksam. Sprechen Sie laut, gestikulieren Sie oder machen Sie sich anderweitig deutlich bemerkbar.
5. Laufen Sie dem Wolf nicht hinterher.
6. Füttern Sie niemals Wölfe. Die Tiere lernen sonst sehr schnell, menschliche Anwesenheit mit Futter zu verbinden und suchen dann eventuell aktiv die Nähe von Menschen
7. Melden Sie die Wolfssichtung oder das Finden eines gerissenen Tieres der Unteren Naturschutzbehörde. Entweder unter E-Mail naturschutz@lrasw.de oder Tel. (09721) 55573.
Kann es im Raum Schweinfurt überhaupt Wölfe geben?
Ja, seit 2017 gehört der Landkreis zum Einzugsgebiet des Wolfes. Das Vorkommen von Wölfen in der Region sei durchaus möglich, heißt es in der Mitteilung, wobei die Tiere meist nur durchziehen würden. Im aktuellen Fall ist die Untere Naturschutzbehörde vorsichtig. Auch sie verweist darauf, dass bei dem getöteten Reh bei Dürrfeld der typische Kehlbiss fehlte. Auch Füchse oder Hunde könnten Wild- und Nutztiere reißen. Möglich wäre auch, dass manche Hunderassen, vor allem bei schlechten Sichtverhältnissen, für Wölfe gehalten werden könnten.
Warum Bundestagsabgeordnete Anja Weißgerber besorgt ist
"Auch wenn die Nachricht besorgniserregend ist, so ist es aus Sicht des Artenschutzes grundsätzlich ein Erfolg, dass der Wolf nach Deutschland zurückgekehrt ist. Ein fragwürdiges Vorgehen ist es allerdings, dass die Ausbreitung des Wolfes unkontrolliert erfolgt", erklärte die Schweinfurter Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber. Die umweltpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion fordert ein aktives Bestandsmanagement.
Dann schon lieber der Natur ihren Lauf lassen, soll sich doch zur Abwechslung mal der Mensch ein wenig anpassen, er hat schon genug angerichtet und tut das auch weiterhin.
Wenn ich manchmal so sehe, wie der Mensch, vor allem wenn er in Scharen auftritt, ohne Rücksicht auf Pflanzen und Tiere durch die "Botanik" latscht wäre ich gar nicht unfroh, wenn ein bischen Angst vorm bösen Wolf einige davon abschrecken würde.