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Schweinfurt
Strafanzeige: Corona-Teststrecke in Schweinfurt war frei zugänglich
Die Teststrecke des Gesundheitsamtes in Schweinfurt war am Mittwochabend nicht abgeschlossen. Ein Mann fand dort nicht nur Schutzmasken, sondern auch sensible Daten.
Der Eingang zur Teststrecke für Corona-Verdachtsfälle am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in  Schweinfurt.
Foto: Kristina Dietz | Der Eingang zur Teststrecke für Corona-Verdachtsfälle am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in  Schweinfurt.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 07.04.2020 13:17 Uhr

Unverschlossene Tür, ein Laptop mit persönlichen Daten von Menschen, die auf das Coronavirus getestet wurden, kein Personal vor Ort – was ist am Spätnachmittag des 1. April an der Schweinfurter Teststrecke des Gesundheitsamtes und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium passiert? In einem Video, das dieser Redaktion vorliegt, geht ein Mann durch die unverschlossene Tür ins Gebäude, findet in den Umkleiden der Turnhalle nicht nur Handschuhe, Schutzmasken und Desinfektionsmittel, sondern auch einen Laptop, auf dem in einem Dokument Namen von offenbar zu testenden Personen stehen.

Mehrfach ruft der Mann in dem Video, das laut Zeitstempel um 18.09 Uhr über zwei Stunden nach offizieller Schließung der Teststelle gedreht wurde, bekommt aber keine Antwort. Offenbar ist niemand mehr im Gebäude. Der Mann, der nach Informationen der Redaktion für einen Coronatest vorgesehen war und sich erkundigen wollte, wann dieser stattfinden soll, verlässt nach gut zwei Minuten das Gebäude wieder. 

Screenshot aus dem Video aus der Teststrecke für Corona-Verdachtsfälle am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Schweinfurt. Im Hintergrund ist der Computer zu erkennen, auf dem Daten einsehbar waren.
Foto: Screenshot Oliver Schikora | Screenshot aus dem Video aus der Teststrecke für Corona-Verdachtsfälle am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Schweinfurt. Im Hintergrund ist der Computer zu erkennen, auf dem Daten einsehbar waren.

Im Video kommentiert er seinen Gang durch das Gebäude, spricht von "Wahnsinn, hier kann jeder rein, alles machen". Er sagt, auf dem Laptop seien auch Testergebnisse zu sehen gewesen, was sich aus dem Video selbst aber nicht ergibt, da die Bilder zu unscharf sind. Für den Schweinfurter Rechtsanwalt Jürgen Scholl, der das Video ebenso kennt, ist der Vorgang dennoch "ein Skandal".

Er hat am 2. April bei der Staatsanwaltschaft Strafanzeige gegen unbekannt gestellt und sich in einem Schreiben mit seiner Kritik auch an die Stadtverwaltung und das Gesundheitsamt gewandt. Dass die Tür unverschlossen, der Computer an war, kann Scholl in einem so sensiblen Bereich nicht nachvollziehen. Scholl erklärt, er habe über den Notruf sofort die Polizei gerufen, die schnell zur Teststrecke fuhr und dafür sorgte, dass abgeschlossen wurde. Wie lange offen war und ob andere Personen unbefugt im Gebäude waren, ist im Moment unklar.

Eine Mitarbeiterin in Schutzausrüstung bereitet sich auf eine Probenahme in der Teststelle von Stadt und Landkreis Schweinfurt in der Sporthalle des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums vor.
Foto: Kristina Dietz, Stadt Schweinfurt | Eine Mitarbeiterin in Schutzausrüstung bereitet sich auf eine Probenahme in der Teststelle von Stadt und Landkreis Schweinfurt in der Sporthalle des Alexander-von-Humboldt-Gymnasiums vor.

Anna Barbara Keck, Pressesprecherin der Stadt Schweinfurt, erklärte auf Anfrage zu dem Vorfall: "Wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler. Dennoch darf ein solcher Vorfall natürlich nicht passieren, weshalb wir im Gespräch mit allen beteiligten Organisationen sowie dem gesamten Personal vor Ort sind, um zu klären, warum das Gebäude nach Dienstschluss offen zugänglich war."

Seit dem 20. März wird die Turnhalle des im Moment geschlossenen Gymnasiums als Teststrecke vom Gesundheitsamt genutzt. Bisher wurden gut 300 Personen getestet, der geringste Teil von ihnen hatte das Coronavirus. Seit 31. März nutzt auch die Kassenärztliche Vereinigung die Teststrecke mit, um von ihr einbestellte Patienten zu testen.

Keck erklärt, zu den Öffnungszeiten der Teststrecke sei täglich eine Streife der Polizeiinspektion vor Ort. Nach Dienstende werde das Gebäude verschlossen, so dass kein Sicherheitsdienst in den Abend- und Nachtstunden vor Ort sei. "Mögliche Sicherheitslücken werden jetzt geprüft und wenn nötig behoben (Verriegelungen von Türen, etc.), zusätzlich wird das gesamte vor Ort eingesetzte Personal erneut darauf hingewiesen, wie welche Türen zu welchen Zeiten verschlossen werden müssen", schreibt die Pressesprecherin in ihrer Stellungnahme. Natürlich "gibt es auch eine Anweisung, dass alle Computer vor Ort bei Verlassen der Räume gesperrt und heruntergefahren werden müssen." Keck legt Wert darauf, dass in dem Video zwar ein nicht ausgeschalteter Computer zu sehen ist, "es ist aber wichtig, festzuhalten, dass dort keine Testergebnisse eingesehen werden konnten und können".

"Es konnten keine Testergebnisse eingesehen werden."
Anna Barbara Keck, Pressesprecherin der Stadt Schweinfurt.

Die Ergebnisse werden laut Stadt nicht vor Ort verzeichnet, an der Teststrecke werde nur der Coronatest gemacht. Das Ergebnis durch die beiden beauftragten Labore kommt zwei bis drei Tage später, danach informieren Gesundheitsamt oder KVB die Probanden direkt. Die Stadt habe dennoch selbst den Vorfall dem Landesbeauftragten für Datenschutz gemeldet und tue "alles, um den Vorfall aufzuklären." Man werde "alle möglichen und nötigen Maßnahmen einleiten, damit dies nicht noch einmal vorkommt".

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  • C. J.
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  • J. L.
    Sicherlich war das Vorgehen Wagners eher fragwürdig – ein Anruf bei der Verantwortlichen Stelle und der Polizei wäre ausreichend gewesen … in Ausnahmesituationen muss man ja jetzt nicht noch den Chefankläger spielen. Dennoch ist es ein Datenschutzvergehen. Dem kann sich Schweinfurt nicht entziehen in dem die Stadt jetzt wild um sich beißt! In meinen Augen äußerst peinlich! Seitens der Stadt hätte eine Entschuldigung gereicht – mit dem Hinweis das man dem aufgrund der besonderen Situation nicht weiter nachgeht sich aber bessern wird. Und fertig. Das man dass jetzt aufbauscht ist doch Unfug. Am Ende trifft es die Stadt, denn die hatte sicherlich keine prozesssicheren Verantwortlichkeiten definiert. Wenn die jetzt also schweres Geschütz auffahren, könnte der Betroffene das im Zweifel auch.
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  • M. K.
    Dokumentieren ( filmen) schön und gut. Aber sinnvoller als seinen Anwalt zu verständigen und dem Film der Bild-Zeitung zu geben ( evtl. gehen Honorar) wäre es gewesen die Stadt und die örtliche Polizei zu verständigen und mehr nicht!
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  • M. K.
    Dieser Herr Wagner hat einfach nur übergriffig gehandelt. Wenn er denn die Polizei informiert hat oder hätte, dann wäre das schon in Ordnung gewesen, aber das ganze dann an die BILD weiterleiten, was sollte das? Wollte man einmal im Fokus stehen und das in solch einer schween Zeit, dass nennt man einfach nur verwerflich! Oder hat dieser Herr vielleicht zu wenig Aufmerksamkeit in seiner Kindheit bekommen? Denn Sorge hat er sich weder um sich ,noch um Andere gemacht, denn sonst hätte er so nicht gehandelt. Mir tut er einfach nur leid!
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  • T. H.
    vom Alltagshelden zum Straftäter in nur einer Schlüsselumdrehung zwinkern
    Hätte man auch etwas "geräuschloser" mit dem gleichen Effekt regeln können !
    BILD Dir Deine Meinung, sag ich nur.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Wenn man überlegt was jeder einzelne in seinem Betrieb mittlerweile für einen überzogenen Aufwand wegen Datenschutz betreiben muss, wundert es mich, wie dieser Vorfall heruntergespielt wird, und der dem es aufgefallen ist, auch noch zurechtgewiesen wird... Fehler passieren, aber es gibt Fehler die dürfen nicht passieren!
    Der letzte macht das Licht aus, sollte nicht so schwer sein...
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  • T. H.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt: Bitte Unterstellungen unterlassen.
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  • L. S.
    Anzeige wegen Hausfriedensbruch. Auch wenn die Türe nicht verschlossen war, hat er nichts darin zu suchen.
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  • P. R.
    @Markustan: Mangels Vorsatz abgelehnt Punkt.
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  • P. R.
    Am meisten regt mich das dumme Gelaber über den "Landesbeauftraugten für Datenschutz" auf. Datenschutz und Bürokratie sind die größten Hindernisse in Deutschland! DSGVO abschaffen!
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  • M. E.
    Lieber Herr Scholl, Sie sind doch kein Organ der Executive! Eine Verständigung der Polizei mit entsprechendem Dringlichkeitsvermerk wäre m.M nach angemessen gewesen!
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  • B. M.
    Wer noch nie einen Fehler an seiner Arbeitsstelle gemacht hat kann jetzt einen negativen Beitrag abgeben. Es ist zwar sehr peinlich und hätte nicht passieren dürfen, aber ich bin überzeugt, dass sich da einer auf den anderen verlassen hat und somit die Türen unverschlossen waren. Ich bin überzeugt das diese Mitarbeiter sehr unglücklich über diesen Fehler sind.
    ABER
    Heute hat der "Patient"den Sachverhalt über die hiesige Presse und der BILD in ganz Deutschland publik gemacht? und die Mitarbeiter an die Wand genagelt, morgen verlangt er von den gleichen Personen das sie das Risiko auf sich nehmen um bei ihm den Test zu machen.
    Eine Anzeige bei den zuständigen Stellen hätte da auch gereicht, so hat er mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Eine Tür wurde vergessen anzuschließen ! Du großer Gott, warum wurde nicht gleich die GSG9 gerufen ? grinsen
    Fehler passieren, es ist behoben, kein Grund ein Drama daraus zu machen
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  • R. B.
    @Azedinho12, alles gesagt!
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  • A. H.
    Ich fahre ca. jeden zweiten Tag zwischen 14.00 und 15.00 Uhr auf dem Kennedy-Ring vorbei - ich hab da noch nie jemanden gesehen! Weder einen vermumten Mitarbeiter noch eine zu testende Person oder Polizei. Seltsam.
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