Zehn Jahre Steigerwald-Zentrum – die Überschrift zur Pressekonferenz in Handthal am Montagvormittag hat – streng genommen – nicht genau gepasst. Denn offiziell eröffnet wurde das Bildungs- und Informationszentrum für die Steigerwald-Region oberhalb des Örtchens Handthal schließlich erst im September 2014. Ein Jahr zuvor, im August 2012, hatte es nach nur rund einem Jahr Bauzeit mit einem Waldtag erstmals seine Türen für die ersten Besucher geöffnet.
Doch es gibt tatsächlich ein Datum, das ziemlich exakt zehn Jahre zurückliegt: die Gründung des Trägervereins mit dem etwas sperrigen Namen "Steigerwald-Zentrum – Nachhaltigkeit erleben e. V.". Deshalb darf in diesem Tagen zurecht ein Jubiläum gefeiert werden, zumal der Verein seit seiner Gründung maßgeblich dazu beiträgt, das Steigerwald-Zentrum mit der Region und den dort lebenden Menschen zu verbinden. Denn der Verein verankere den architektonisch gelungenen Holzbau und die dort geleistete Arbeit in der Region, meint Andreas Leyrer, der forstliche Leiter am Steigerwald-Zentrum. Zudem stelle der Verein Betrieb und Unterhalt des Zentrums sicher.
Glückliches Händchen bei der Standortwahl
Leyrer bezeichnet die seinerzeit nicht unumstrittene Standortwahl im nördlichen Steigerwald, unmittelbar am Waldrand, nachträglich betrachtet als "Glücksfall". Denn nicht nur die über den anfänglichen Prognosen liegenden Besucherzahlen (siehe Infobox), die – die Corona-Jahre 2020 und 2021 einmal ausgeklammert – bei etwa 30 000 pro Jahr liegen seien überaus erfreulich. Laut dem forstlichen Leiter, der beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Schweinfurt beschäftigt ist, sei die Zusammenarbeit mit der Marktgemeinde Oberschwarzach von Beginn an sehr fruchtbar gewesen. Und die gute Gastronomie in Handthal bereichere das Steigerwald-Zentrum einerseits, andererseits profitiere diese selbst ganzjährig von den dortigen Besuchern und Veranstaltungen.
Zu den weiteren Faktoren, mit denen das Steigerwald-Zentrum an Ort und Stelle punkte, zählt Leyrer beispielsweise die malerische Lage mitten in einer "idealtypischen Zisterzienser-Kulturlandschaft", direkt am einzigen Premium-Wanderweg der Region (Steigerwald-Panoramaweg) sowie am Zwei-Franken-Radweg zwischen den Weltkulturerbe-Städten Bamberg und Würzburg gelegen. Zudem biete die Lage des Zentrums am Waldrand mit dem Verbindungsweg zum Baumwipfelpfad bei Ebrach "hervorragende Möglichkeiten für die forstliche Bildungsarbeit und das eigene Erleben der naturnahen Laubmischwälder", schildert Leyrer. Und, ganz aktuell, ließen sich auf den Waldhängen unmittelbar gegenüber des Zentrums an den gut erkennbaren Trockenschäden in Altbuchen-Beständen auch die gravierenden Folgen des Klimawandels für den heimischen Wald ablesen.
Vereinsspitze verkörpert weite Teile des Steigerwalds
Nicht allein deshalb seien Auftrag und Angebot des Steigerwald-Zentrums, Menschen zu einem nachhaltigeren Lebensstil zu animieren, heutzutage wichtiger als noch vor zehn Jahren bei Gründung des Trägervereins, findet Leyrer, der in der Besetzung von dessen Führungsspitze auch das Zusammenwachsen und den Zusammenhalt der gesamten Steigerwald-Region abgebildet sieht: Vorsitzender ist der Schweinfurter Landrat Florian Töpper, der den nördlichen Steigerwald vertrete. Dessen Stellvertreter ist Claus Seifer, Bürgermeister von Scheinfeld im südlichen Steigerwald.
Auch Töpper findet: Der Steigerwald, der sich über fünf Landkreise erstreckt, sei dank des Zentrums und dessen Trägervereins "ein gutes Stück zusammengewachsen". Zudem habe das Zentrum es geschafft, nicht nur als nachhaltig angelegter Baukörper zu zeigen, welche Bedeutung dem heimischen Baustoff Holz in dieser Hinsicht zukommt. Das Zentrum schaffe es mit seinem breitgefächerten Angebot, "Brücken zu bauen", indem es aufzeigt, wie Holz vom Menschen so genutzt werden kann, dass es dem Klima nützt und dieses zugleich schützt.
Vorbild für das künftige Naturpark-Zentrum in Scheinfeld
Seifert bezeichnete es als ein fortwährendes Ziel des Zentrums, den Steigerwald als eine ganz besondere Region weit über diese hinaus bekannt zu machen. Es gelte, für den Steigerwald das gleiche Renommée zu erlangen, das etwa die Fränkische Schweiz genießt. Zudem nehme er sich die erfolgreiche Arbeit des Steigerwald-Zentrums in Handthal zum Vorbild für das Naturpark-Zentrum Steigerwald, das in seiner Heimatgemeinde entstehen und das gezielt auch vermehrt Besucher in den südlichen Steigerwald lenken soll.
Zu den nächsten Zielen des Steigerwald-Zentrums in Handthal zählt Constanze Stern, die dort unter anderem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, nach den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie wieder verstärkt Menschen vor Ort zu bringen. Stark nachgefragt seien zuletzt etwa Praxis-Angebote gewesen, die den Teilnehmern zeigen, wie ein Leben mit minimalisierten Bedürfnissen funktioniert. Auch Angebote zur intensiven Erfahrung von Natur, wie das Waldbaden, würden gut nachgefragt.
Für Mai ist wieder ein großer Waldtag geplant
Das Konzept von Wechselausstellungen im Zentrum soll weiter auch Besuchern aus der Nähe immer wieder Neues vor Ort bieten, erklärt Leyrer. Zugleich solle die während der Corona-Pandemie zwangsläufig angeschaffte Technik zur Umsetzung von Hybrid-Veranstaltungen, die Interessierte auch weit weg online verfolgen können, beibehalten und sogar ausgebaut werden. Als nächste größere Veranstaltung ist für 15. Mai nach zweijähriger Pause wieder ein Waldtag geplant, von 11 bis 18 Uhr, der unter dem Motto "Kleine Wesen ganz groß" die Welt der Insekten und Bodentiere ins Blickfeld rückt.
Leyrer selbst wird das Steigerwald-Zentrum Ende März verlassen. Wie während der Pressekonferenz am Montag bekannt wurde, wird er zum 1. April ans AELF nach Schweinfurt wechseln. Dort übernimmt er als Abteilungsleiter die Verantwortung für den Bereich des Landkreises Haßberge. Wer ihm in Handthal als forstlicher Leiter nachfolgt, ist noch nicht geklärt.