zurück
Schweinfurt
Startenor Rolando Villazón in Schweinfurt: Ein Fest der Gesangskunst und Lebensfreude
Der weltweit bekannte Startenor Rolando Villazón wurde bei seinem Auftritt mit der lautten compagney Berlin in Schweinfurt gefeiert
Rolando Villazón lebt die Musik mit jeder Faser seines Körpers. Bei seinem Auftritt mit der lautten compagney Berlin in Schweinfurt wurde der Tenor gefeiert.
Foto: Marcus Lieberenz | Rolando Villazón lebt die Musik mit jeder Faser seines Körpers. Bei seinem Auftritt mit der lautten compagney Berlin in Schweinfurt wurde der Tenor gefeiert.
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 05.04.2025 02:36 Uhr

Er brauchte noch nicht mal den ersten Ton zu singen, da füllte sein Charisma schon den Raum: Der leidenschaftliche Bühnenkünstler Rolando Villazón, gefeierter Superstar unter den Tenören der Welt, feingeistiger musikalischer Entertainer und kreative Persönlichkeit in etlichen Sparten, hatte mit seinem Auftritt in der Theater-Ersatzspielstätte Gemeindehaus in Schweinfurt für ein seit Monaten ausverkauftes Haus gesorgt. Mit ihm angereist war die nicht minder hochwertige lautten compagney Berlin unter der Leitung von Wolfgang Katschner.

Die Kombination der beiden Spitzenakteure war, wie Katschner erläuterte, aus einer zwei Jahre zurückliegenden Zusammenarbeit an der Semperoper in Dresden entstanden, wobei man sich künstlerisch "ineinander verliebt" und beschlossen habe, auf "gemeinsame Seelenreise" zu gehen.

"Viaggio dell’anima – Eine musikalische Seelenreise" hieß denn auch das Programm, das Villazón abseits der im Allgemeinen dominanten Assoziation von Heldentenor im romantisch-dramatischen Fach präsentierte. Musik des 17. Jahrhunderts von Komponisten wie Heinrich Schütz, Samuel Scheidt, Andrea Gabrieli, Domenico Obizzi und immer wieder Claudio Monteverdi ließ die Seele sprechen, erweiterte die Poesie des Zeitgeistes, sprach von Liebe, Freude, Sehnsucht und Trauer des einzelnen Menschen.

Roland Villazón lebte die Musik mit jeder Faser seines Körpers

Die jeweiligen Emotionen verschickten sich aber an diesem Abend nicht allein über Ton und Klang: Roland Villazón lebte die Musik mit jeder Faser seines Körpers, war Kämpfer ("den Sieg ich nicht erringe, will ich das Leben nicht"), Liebender ("o meines Herzens süßes Verlangen", Trauernder ("wenn schroff meine Schöne … mir ihre Gnade verwehrt"), verwandelte Tränen, Triumph und Sehnsucht in edle Gesangskunst.

Einen Höhepunkt bildete dabei "Possente Spirto" aus Monteverdis Oper "L’Orfeo", die mit ihrer Entstehung zu Beginn des 17. Jahrhunderts den Beginn der Operngeschichte markiert. Orfeo versucht hier, auf der Suchen nach Euridice über den Fluss Styx in den Hades zu gelangen, um sie dort zu finden. Die von Monteverdi ausgezierte, höchst komplizierte und am Affektgehalt der Worte orientierte Melodie fordert höchste Gesangskunst. Villazón machte sie zu einem schmerzvollen Klagegesang über den Verlust der Geliebten: Aus den schier unendlichen Koloraturen und Ornamenten sprach existentielle Trauer aus tiefster Seele, berührend, beklemmend und packend. Vom Programmaufbau her erlaubte dann der direkte Übergang in Luigi Rossis "Lasciate Averno, o pene" aus dessen L‘Orfeo (1647) einen interessanten und spannenden Stilvergleich hinsichtlich der Entwicklung der Kompositionskunst im 17. Jahrhundert.

Die lautten compagney Berlin gastierte mit dem Weltstar Rolando Villazón im evangelischen Gemeindehaus in Schweinfurt.
Foto: Robert Paul Kothe | Die lautten compagney Berlin gastierte mit dem Weltstar Rolando Villazón im evangelischen Gemeindehaus in Schweinfurt.

Die lautten compagney Berlin hatte mehrfach die Gelegenheit, sich nicht nur im Ensemble mit Villazón als exzellenter Partner bei der Aufführung von Alter Musik zu zeigen. Immer wieder gliederten Instrumentalstücke den Ablauf. Es war ein Vergnügen, diesem geschmackvollen, edlen, farbigen und gemeinsam schwingenden Musizieren zu lauschen – Balsam für die Seele, so formulierte es eine Besucherin. Samuel Scheidts "Canzon Bergamasca" etwa geriet in seiner kunstvollen Faktur höchst abwechslungsreich und klar.

Pure Lebensfreude dann zum Schluss des zweieinhalbstündigen Abends: Das Finale wurde zu einem Fest der Sinnlichkeit und steckte in seiner Fröhlichkeit und Energie jeden an. Kaum mehr hielt es Rolando Villazón auf dem Boden, der Percussionist befeuerte (hier mit Kastagnetten) die Funken für die Energie von Sänger und Ensemble, und das Publikum hatte die Sternstunde erkannt: Spontaner und rhythmischer Applaus im Stehen!

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Elke Tober-Vogt
Claudio Monteverdi
Heinrich Schütz
Heldentenöre
Lebensfreude
Operngeschichte
Rolando Villazón
Semperoper
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top