"Mit großer Verwunderung" hat der Bund Naturschutz, Kreisgruppe Schweinfurt, eine Pressemitteilung aus dem Büro des Bundestagsabgeordneten und SPD-Energieexperten Markus Hümpfer zur Kenntnis genommen. So heißt es in einem offenen Brief, in dem die Kreisgruppe, allen voran Vorsitzender Edo Günter und Geschäftsstellenleiter Richard Lindner, deutliche Worte findet. Nicht nur solche der Verwunderung.
In einer Pressemitteilung hatte Hümpfer Anfang September wegen steigender Strompreise und drohender Engpässe in Europa und insbesondere auch Deutschland einen Streckbetrieb der verbliebenen drei Atomkraftwerke in der Bundesrepublik als "unausweichlich" bezeichnet.
Denn: In den Augen der Kreisgruppe ist ein Plädoyer für einen Streckbetrieb "die falsche Entscheidung". Sie verursache "politischen Schaden" und spiele Union und FDP in die Hände. Nach Ansicht der BN-Kreisgruppe versuchten diese beiden Parteien seit Monaten "mit falschen Behauptungen und Halbwahrheiten einen Weiterbetrieb der letzten drei Atomkraftwerke durchzusetzen".
Bund Naturschutz: Atomkraftwerke helfen nur marginal, den Strompreis zu drücken
Um sich, so heißt es in dem offenen Brief, politisch zu profilieren. Denn für Versorgungssicherheit oder Energiepreis sei der Beitrag der Atomkraftwerke "marginal", ob im Streckbetrieb – bei dem laut eines Öko-Instituts nur eine Strompreissenkung von bis zu 0,9 Prozent herauskommen würde - oder als Reserve.
Von einem Energieexperten der SPD erwarte die Kreisgruppe des BN, "dass er die Fehler und Unwahrheiten in der Argumentation von Union und FDP aufdeckt, diesen Fakten entgegen stellt und vor allen deren wahre Absichten entlarvt", so der Brief weiter. Man vermisse eine Klarstellung darüber, wer oder was für die hohen Strompreise verantwortlich sei - laut Kreisgruppe zählt dazu die klassische Berechnung der Strompreis nach dem Merit-Order-Prinzip (der teuerste Einspeiser bestimmt den Preis) oder die Krise der Atomkraftwerke in Frankreich. Dargestellt werden müsse auch, ob und unter welchen Umständen es tatsächlich zu einer kritischen Versorgungssituation kommen könne und wie man dieser auch ohne Atomkraft entgegnen könne und wie viel Gas man durch einen Streckbetrieb einsparen könnte.
Harte Vorwürfe in Richtung Union und FDP, klare Forderung an SPD und Grüne
Außerdem fordert die Bund Naturschutz Kreisgruppe von Hümpfer unter anderem noch eine Gegenüberstellung der Risiken und eine Offenlegung der Fakten, woher Europa sein Uran bezieht, "unter anderem zu einem Großteil aus Russland und Kasachstan". Der Bund Naturschutz fordere von SPD und Grünen klare Kante. Und von Hümpfer direkt, sich der rückwärtsgerichteten Diskussion von Union und FDP entgegenzustellen. Denn, so der offene Brief: Damit würden diese Parteien die Sicherheitsfrage vernachlässigen bzw. Ausblenden, den Ausbau der erneuerbaren Energien und neuer Speichertechnologien weiter massiv behindern und neue Technologien und Konzepte blockieren.
Der BN fordere das "Ende jeglicher Debatte um Streck- oder Reservebetrieb oder gar noch längerer Laufzeiten". Zum 31. Dezember 2022 müsse mit dem Betrieb von Atomkraftwerken in Deutschland "endgültig Schluss sein".