
An mehreren unterfränkischen Orten gibt es das Angebot schon, etwa in Würzburg, Ebern und Kürnach: Die Rede ist von kostenlosen Rikscha-Fahrten für Seniorinnen und Senioren und Menschen, die selbst nicht mehr in die Pedale treten können. Auch in Gerolzhofen bemüht man sich darum. Die Planungen dafür sind bereits im Gange.
Wenn alles optimal läuft, könnten die auffälligen Spezialräder vielleicht schon im Sommer auf den Straßen unterwegs sein. Initiator für dieses soziale Projekt ist die ehrenamtliche Nachbarschaftshilfe Gerolzhofen, eine Kooperation der Kirchen und der Stadt, die vor zehn Jahren gegründet wurde und sich auf die Hilfe für ältere und kranke Menschen spezialisiert hat.
Was versteht man unter Senioren-Rikschas?
Grundprinzip dieses ehrenamtlichen Angebots ist es, kostenlose Ausfahrten für ältere und nicht mehr mobile Menschen, größtenteils Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- und Pflegeeinrichtungen, anzubieten. Einer der Wegbereiter für diesen noch recht jungen Trend ist der 2015 gegründete Verein "Radeln ohne Alter" (RoA), der nach eigenen Angaben als Kompetenzstelle agiert, neue Standorte akquiriert und örtliche Initiativen unterstützt. Wie der Verein auf seiner Homepage mitteilt, gibt es bereits über 100 solcher Standorte bundesweit (Stand Sommer 2022).

Wer hatte die Idee für Gerolzhofen?
Christoph Bäumer, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Nachbarschaftshilfe, gab den Anstoß zu dem Vorhaben. In seiner münsterländischen Heimat sah er erstmals solche Senioren-Rikschas. Von seinem Vorschlag, ein solches Angebot auch in Gerolzhofen zu etablieren, waren Edith Kimmel und Stephan Tengler, die Leitung des Netzwerks, sofort begeistert. "Wir fanden die Idee toll", gesteht Kimmel.
Vielleicht hat der eine oder andere ähnliche Spezialräder sogar schon einmal in der Stadt gesehen, so wie Edith Kimmel, die auf Miet-Rikschas eines örtlichen Unternehmers verweist, die unter anderem für Hochzeiten oder Feiern genutzt werden. Im Gegensatz dazu möchte die Nachbarschaftshilfe aber nur Fahrten analog zu den Leitlinien des Vereins RoA, also ausschließlich für Seniorinnen und Senioren, durchführen. Die Fahrten sollen kostenfrei sein.
Wie weit sind die Planungen für ein solches Angebot?
Die Nachbarschaftshilfe steht damit noch am Anfang. Kimmel, Tengler, Bäumer und weitere Mitstreiter waren im September zu Besuch in Ebern bei dem dortigen Rikscha-Gemeinschaftsprojekt, schauten sich alles an und unternahmen Probefahrten. Der Test mit den Spezialrädern fiel durchweg positiv aus und hat die Beteiligten bestärkt, das Vorhaben in Gerolzhofen weiter voranzutreiben.
Wer darf die Fahrten in Anspruch nehmen?
Wie bereits erwähnt, sind die geführten Fahrten ausschließlich Seniorinnen und Senioren und jenen, die in der Mobilität eingeschränkt sind, vorbehalten. "In erster Linie alle, die selbst nicht mehr mit dem Rad fahren können", so Edith Kimmel. Weil die Passagiere zumindest einigermaßen gehfähig sein müssen, können Menschen mit einer Schwerstbehinderung nicht mitfahren. Für deren Transport gelten zudem bestimmte Voraussetzungen, die ehrenamtliche Helfende nicht erfüllen könnten.

Wer fährt die Senioren-Rikscha?
Die Rikscha werden ehrenamtliche Helfende fahren. Erste Interessenten dafür gibt es bereits. Sie müssen zuvor noch eine eintägige Schulung absolvieren. Nach Ausbildung durch einen "Kapitän" dürfen die "Pilotinnen und Piloten" die Spezialräder mit Gästen steuern. Die Nachbarschaftshilfe hofft auf weitere Interessierte, die fahren möchten. Alle, die sich dazu ermuntert fühlen, älteren Menschen "etwas mehr Lebensqualität" zu bieten, sowie gerne Rad fahren und Gespräche führen, können sich melden.
Welche Fahrten sind möglich, wie läuft die Anmeldung?
Die Fahrten sind kostenlos, wobei sich die Nachbarschaftshilfe immer über eine Spende freut. Tagesausflüge mit stundenlangen Aufenthalten an einem Ort, etwa für ein Picknick, sind nicht möglich, ebenso keine Fahrten zum Arzt oder zum Einkauf in den Supermarkt.
Die Initiatoren denken eher an rund ein- bis zweistündige Fahrten, auch mit einem kurzen Stopp zum Beispiel in einem Biergarten. Die Leute sollen "mal raus an die frische Luft kommen", sagt Kimmel. Vorstellbar sind Ausflüge in die Allee oder auf den Friedhof, oder in die Natur rings um die Stadt, zum Beispiel an die Hörnauer Seen oder zur Gertraudis-Kapelle. Individuelle Ziele können bei der Terminvereinbarung besprochen werden, sobald die Nachbarschaftshilfe das neue Angebot startet.
Was fehlt noch, um die Rikscha-Seniorenfahrten anbieten zu können?
Vor allem eine Rikscha. Die Anschaffung eines solchen Spezialfahrrades mit einer Sitzreihe für maximal zwei Passagiere im Frontbereich und dem Fahrer dahinter ist nicht billig. Zwischen 10.000 und 15.000 Euro kostet das Rad in der E-Bike-Variante, optional ausgestattet mit einem Sonnen- und Regenschutz-Dach. Ein Rad mit elektrischer Unterstützung halten die Verantwortlichen im recht hügeligen Gerolzhofen für sinnvoll, damit der Ausflug für die Fahrer nicht allzu anstrengend wird. Die Probefahrt in Ebern mit einem solchen Modell verlief erfreulich. "Sie lassen sich gut fahren", meint Edith Kimmel. Aufgrund der hohen Kosten soll zunächst nur ein Rad gekauft werden.
Kann die Nachbarschaftshilfe eine Rikscha finanzieren?
Nein, alleine kann die Nachbarschaftshilfe den Kauf keinesfalls stemmen. Einerseits werde man erhaltene Spenden dafür verwenden und andererseits Fördermöglichkeiten ausloten, heißt es. Gut möglich, dass es aus dem Programm "Sozialer Zusammenhalt" eine Förderung gebe, informiert Daniel Hausmann auf Anfrage. Zugleich hoffen die Verantwortlichen auf finanzielle Unterstützung vor allem aus der Geschäftswelt, von Händlern und Firmen im Raum Gerolzhofen.
Wann soll es losgehen?
"Das wissen wir noch nicht", sagt Stephan Tengler, was vor allem an der unklaren Finanzierung liegt. Alles stehe und falle mit dem Geld. Sobald sich Unterstützer finden, wird die Rikscha gekauft. Danach könnte alles recht schnell gehen. Schön wäre es ihm zufolge, wenn der Startschuss bis zum Sommer erfolgt.