Bei einem Festakt im neuen "Kleinen Stadttheater Gerolzhofen" in der Centgasse wurde am Dienstag der Kulturpreis 2021 der Unterfränkischen Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken verliehen. Die Preisträger sind Silvia Kirchhof aus Gerolzhofen und der Puppenspieler Thomas Glasmeyer aus Hettstadt, der bereits mehrfach in Gerolzhofen gastiert hat. Wegen der Corona-Pandemie konnte die Preisverleihung erst jetzt stattfinden.
Die Laudatio für die Sängerin, Schauspielerin, Clownin und Regisseurin – kurz Unterhaltungskünstlerin – Silvia Kirchhof hielt Jochen Wobser. Schon in jungen Jahren habe Kirchhof zuhause im Kinderzimmer Schallplatten von Zarah Leander gehört. Die Sängerin mit der dunklen Stimme sei zu einer Lebensbegleiterin von Kirchhof geworden. Früh sei bei der jungen Silvia der Wunsch entstanden, Schauspielerin zu werden. Bereits der Großvater als akademischer Maler habe eine künstlerische Ader besessen, doch ihr Vater, zwar leidenschaftlicher Theaterfreund, habe – wohlwissend um die Unsicherheit eines Künstlerlebens und geprägt von seiner protestantischen Erziehung – seine Tochter eher angehalten, sich zurückzunehmen.
Doch Silvia Kirchhof setzte ihren Berufswunsch in die Tat um. Bei ihr, so Wobser, entfalte die flüchtige Kunstform der Schauspielerei eine dauerhafte Wirkung. "Silvia Kirchhof hat Langzeitwirkung." Sie könne aber auch "zweite Reihe", was sich bei ihren gelungenen Regie-Arbeiten zeige.
Puppenspieler Thomas Glasmeyer zaubert sphärische Fantasiewelten
Der Puppenspieler und Puppenbauer Thomas Glasmeyer habe schon als Kind begonnen, unter anderem nach den Vorbildern der Fernsehsendungen der "Augsburger Puppenkiste" Knetfiguren zu gestalten, sagte Jochen Wobser. Als zuhause am Küchentisch ein Huhn gerupft wurde, habe er entdeckt, dass aus einer Knetfigur durch die Federn ein Vogel oder ein Engel entstehen kann. Dies sei der Schlüsselmoment gewesen und seitdem zaubere Glasmeyer sphärische Fantasiewelten.
Das Figurentheater habe ihn nicht mehr losgelassen und so beschloss Glasmeyer, sein Jurastudium abzubrechen und sich ohne Netz und doppelten Boden ganz dem Puppenspiel zu verschreiben. Er befasste sich intensiv mit der italienischen Commedia dell'arte. Inzwischen habe Glasmeyer für das "Ensemble" seines Theaters rund 1000 Figuren gebaut, so Wobser, und elf Kinderstücke und acht abendfüllende Stücke für Erwachsene in seinem Repertoire. Viele seiner Puppen hätten eine individuelle Sprachmelodie und oft auch einen Dialekt. Dies erfordere vom Künstler eine akribische Textarbeit. Glasmeyer habe dabei die Gabe, sein Publikum in verwunderliche Welten zu entführen, betonte Wobser in seiner Laudatio.
Kultur gehört zu Unterfranken
Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel betonte, Kultur sei ein wesentlicher Bestandteil der unterfränkischen Heimat. Deshalb sei es wichtig, die Kultur, aber auch jene, die Kultur schaffen, zu unterstützen und zu ehren. Der Kulturausschuss des Bezirks habe schon wenige Monate nach Ausbruch der Corona-Pandemie im Juli 2020 beschlossen, den unterfränkischen Kulturschaffenden bestmöglich zu helfen. Kultureinrichtungen wurden weiterhin gefördert, obwohl sie geschlossen waren. "Und Kulturprojekte, die in jenem Jahr in nur einem kleineren Format stattfanden, wurden bis zur schwarzen Null finanziell unterstützt", sagte Dotzel.
Preisgeld wird nicht geteilt
Ebenfalls als Kulturförderung sei es zu sehen, so Dotzel, dass das Preisgeld für 2021 nicht halbiert wird, wie es bei zwei Kulturschaffenden nahegelegen wäre, "sondern wir zahlen es zweimal aus". Es bekommt also jeder der beiden Preisträger den Betrag von 5000 Euro. Der Bezirk sei dank seiner Kulturstiftung der größte Kunstförderer in der Region. Man werde in 2022 insgesamt 7,6 Millionen Euro ausschütten, "um die Vielfalt und die Attraktivität unserer Heimat zu unterstützen", sagte der Bezirkstagspräsident.
Unterfranken sei eine sehr kunstsinnige Region, sagte Erwin Dotzel. Man wisse auch die Kleinkunst zu schätzen. Dies belege die Preisverleihung an Kirchhof und Glasmeyer. "Wir lieben das facettenreiche Spiel mit leisen Zwischentönen, wir bewundern spektakuläre Auftritte auf kleinen Bühnen und wir bestaunen die große Kunst, der ein überschaubarer Rahmen genügt."
Theaterhaus ein "kulturelles Kleinod"
Die stellvertretende Schweinfurter Landrätin Bettina Bärmann würdigte den unermüdlichen Einsatz Kirchhofs für die Kulturregion Schweinfurt. Man beobachte die Entwicklung und die erfolgreichen Produktionen ihres Kleinen Stadttheaters in Gerolzhofen mit großem Interesse. Hier stehe die Gemeinschaft im Vordergrund und Inklusion werde gelebt. Egal, ob als "Diva des Frankenweins", als Clownin in den Kinderkliniken oder nun als Regisseurin von "Robin Hood" in Sömmersdorf: Silvia Kirchhof bringe überall ihre vielfältigen Talente ein.
Der Gerolzhöfer Bürgermeister Thorsten Wozniak bezeichnete das neu entstandene Theaterhaus in der Centgasse (ehemals Babyausstattung Steigner), das vom Ehepaar Silvia Kirchhof und Achim Hofmann gekauft und umgebaut wurde, als ein "kulturelles Kleinod mit städtischem Glanz und herzlichem Charme". Alleine dieses Haus zeige doch, dass auch im ländlichen Raum Kultur stattfinden kann, wenn jemand dafür brennt, noch dazu "mit einem kleinen Hang zur Selbstausbeutung". Gerade in der Corona-Pandemie habe man festgestellt, wie sehr die Kultur gefehlt hat. "Jetzt sollten wir wieder die Kultur fördern durch unseren Zuspruch", sagte der Bürgermeister, "damit sich Kultur auch abseits der Metropolen etabliert."
Die Feier wurde von Carlo Hilsdorf an der Gitarre mit Musik aus mehreren Jahrhunderten umrahmt.
Du machst mit deinem Engagement Gerolzhofen sehr bekannt.