Bis zu 26 Meter über dem Waldboden erheben sich die Holzstege, auf denen die Besucher des Baumwipfelpfades Steigerwald bei Ebrach zum 42 Meter hohen Aussichtsturm gelangen. An den jeweils aus Douglasienholz gefertigten Rundholzstützen der Stege und deren Querstreben wurde jetzt mit dem Spaltblättling ein Holz zertörender Pilz entdeckt. Die spannende Frage ist deshalb: Drohen dem Baumwipfelpfad aufgrund der befallenen Holzelemente auf Dauer hohe laufende Kosten für Wartung, Pflege oder Sanierung oder gar Probleme mit der Standsicherheit?
Experten führen den Pilzbefall auf die Nichteinhaltung von DIN-Normen bei der Planung und Ausführung der 1,2 Kilometer langen Holzkonstruktion zurück. Konkret geht es um mangelnden Holzschutz bei der Errichtung der erst im März 2016 eröffneten Anlage. Demnach dürfte den Fachleuten zufolge für die Holzstützen und Holzriegel kein Douglasienrundholz verwendet werden. Das Holz des einst aus Nordamerika eingeführten Nadelbaumart gilt laut Bayerischer Bauordnung als nicht dauerhaft genug, bedürfte also eines besonderen Holzschutzes. Es darf folglich nicht ungeschützt im Außenbereich dem Einfluss von Feuchtigkeit ausgesetzt zu werden.
Der Befall der Rundhölzer auf dem Pfad bei Ebrach mit dem Spaltblättling bestätigt letztendlich den Sinn dieser Vorgaben. Holz zersetzende und zerstörende Pilze setzen Douglasienholz auch auf anderen Baumkronenpfaden wie in Neuschönau im Bayerischen Wald oder im Naturerbezentrum auf Rügen zu.
Anfälliges Douglasienholz
Das Problem bei der Douglasie ist, dass sie für Holz zerstörende Pilze sehr anfällig ist. Dazu zählt der Spaltblättling, auch wenn er sich nur langsam durchs Holz frisst. Das könnte aber auf Dauer zu einer Minderung der Tragfähigkeit führen, falls nicht geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um die gefährdeten Bauelemente vor dem direkten Witterungseinfluss zu schützen. Im schlimmsten Fall müssten Stützen und Riegel ausgetauscht werden.
Experten monieren Nichteinhaltung der DIN-Normen
An die Öffentlichkeit gelangt ist die in Fachkreisen schon länger bekannte Angelegenheit durch eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Markus Ganserer vom Juli 2018 an die bayerische Staatsregierung. Aus der Antwort ging hervor, dass die Einhaltung aller technischen Vorschriften und Normen für Planung und Ausführung im Verantwortungsbereich des von den Bayerischen Staatsforsten beauftragten österreichischen Generalunternehmers lag. Das Gesamtbauwerk sei sowohl vom Bauherrn, den Bayerischen Staatsforsten, als auch öffentlich-rechtlich von der Bauaufsichtsbehörde beim Landratsamt Bamberg abgenommen worden.
Das aus ökologischen Gründen auf die Verwendung giftiger Biozide, in dem Fall chemischer Holzschutzmittel, verzichtet wird, findet durchaus den Beifall der Fachwelt. Im Gegenzug müssten aber alle Möglichkeiten des baulichen Holzschutzes durch Materialwahl und Bauweise ausgeschöpft werden, damit möglichst wenig Wasser ins Holz eindringen kann, heißt es.
Staatsforsten nehmen das Problem ernst
Die Bayerischen Staatsforsten nehmen das Problem haben dementsprechend reagiert. Dies zum einen, was die Sicherheit des Baumwipfelpfades selbst betrifft, als auch, um im Hinblick auf mögliche sich ergebende Schäden keine Gewährleistungsansprüche zu verlieren.
Vor dem Landgericht in Regensburg, dem Sitz der Bayerischen Staatsforsten, findet hierzu derzeit ein Beweisverfahren zwischen dem am Bau des Baumwipfelpfades beteiligten General- und seinem Subunternehmer statt. Ziel ist es, zu klären, ob zur Erreichung der geplanten Nutzungsdauer des Bauwerks ein nachträglicher chemischer Holzschutz erforderlich ist und wenn ja, wie der auszusehen hat und wer gegebenenfalls dafür aufzukommen hat. Bleibt die Frage, ob dieser nachträglich in der Praxis überhaupt funktioniert, oder ob die Hölzer schlicht ausgetauscht werden müssen.
Laufende Kontrolle der Rundholzstützen
Unabhängig vom laufenden Gerichtsverfahren habe man an verschiedenen Rundholzstützen Messeinrichtungen zur Überwachung der Holzfeuchte installiert, so Staatsforsten-Sprecher Philipp Bahnmüller. Es erfolge eine wöchentliche Auslesung der Daten und eine Auswertung über den Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion der Technischen Universität (TU) München.
Außerdem wurde in Fachingenieurbüro für Standsicherheit aus Passau mit der Bauwerksüberprüfung beauftragt. Der Prüfung zufolge ergäben sich derzeit keine Beeinträchtigungen der Standsicherheit und Gebrauchstauglichkeit beziehungsweise Verkehrssicherheit. Auch künftig werde man das besagte Holz regelmäßig kontrollieren lassen, so Philipp Bahnmüller.
Offen ist auch noch die Frage, ob für die Erteilung der Baugenehmigung für den Baumwipfelpfad bei Ebrach durch das Landratsamt Bamberg wegen des Einsatzes von ungeschütztem Douglasienrundholz eine sogenannte „Zustimmung im Einzelfall“ der Obersten Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr erforderlich gewesen wäre, sprich ob hier möglicherwiese ein Versäumnis vorliegt. Entsprechende Anfragen dieser Redaktion wurden allerdings sowohl vom Bayerischen Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, als auch von der als Höhere Bau- und Rechtsaufsichtsbehörde zuständigen Regierung von Oberfranken in Bayreuth bislang nur sehr ausweichend beantwortet.