Wir schreiben das Jahr 1970. Der Verfasser dieser Zeilen hatte gerade den Sprung auf ein Schweinfurter Gymnasium geschafft. Vorbei die Zeiten des Drei-Minuten-Fußwegs nach Hause. Bus fahren war angesagt für den Fünftklässler, der in einer Landkreisgemeinde aufwuchs. Und Bus fahren, das war für manchen pendelnden Schüler damals nicht besonders komfortabel, denn wenn der Bus, der kurz nach 13 Uhr fuhr, nicht zu erreichen war, weil beispielsweise ein Stündlein Nachmittagsunterricht auf dem Stundenplan stand, dann hieß es warten. Oft stundenlang, weil der nächste Bus erst nach 16 Uhr fuhr.
Da kam es gerade recht, dass ein Jahr zuvor in der Schultesstraße am 3. März 1969 das "Freizeitheim für Berufstätige und Schüler" eröffnet hatte. Da war man in wenigen Minuten hingelaufen, da war man "aufgeräumt", hatte ein Dach überm Kopf. Und mehr als das – Schach, Dame und Schafkopf – habe ich dort gelernt, und natürlich wurden auch hin und wieder Hausaufgaben gemacht.
Das "Freizeitheim im katholischen Dekanatszentrum" gibt es nicht mehr, denn heute heißt es "kom,ma", das Dekanatszentrum wurde zum +plus.punkt-Kirche für die Region. Geblieben ist die Idee, jungen Leuten für die Nachmittagsstunden ein Angebot zu machen. Ein Angebot für sinnvolle gemeinsame Freizeitgestaltung. Und da die Hausaufgaben im zurückliegenden halben Jahrhundert nicht abgeschafft wurden, gibt es dort auch eine gut organisierte Hausaufgabenbetreuung.
Vom reinen Aufenthaltsort zur schulübergreifenden Hausaufgabenbetreuung
Sozialpädagogin Marie Lauer leitet seit 2013 die offene Jugendarbeit kom,ma, die es so und stets den Anforderungen der Zeit angepasst, nun seit 50 Jahren gibt. Anfangs eher ein Aufenthaltsort für Berufstätige und Schüler, die Wartezeiten zu überbrücken hatten, hat sich die Einrichtung zu einem verlässlichen Anbieter schulübergreifender Hausaufgabenbetreuung, für Freizeitangebote und jugendgerechte Veranstaltungen entwickelt.
Doch wie fing alles an. Franz von Prümmer (Referent für kirchliche, soziale und politische Erwachsenenbildung bei der KAB Würzburg) hatte schon 1962 bei der Seelsorgerkonferenz ein Freizeitheim in Schweinfurt gefordert. Vor allem Mädchen, die ausbildungsbedingt zur Berufsschule nach Schweinfurt kommen, sollten einen Platz haben, wo sie Versuchungen aus dem Weg gehen und Wartezeiten überbrücken können. Im Mai 1967 wurde mit dem Bau des Dekanats- und Pfarrzentrums begonnen.
Kinderbereich immer weniger nachgefragt
Nicht mal zwei Jahre später, am oben erwähnten 3. März 1969 die Eröffnung. In Trägerschaft des Freizeit und Beruf e.V und dank der Finanzierung von Diözese Würzburg, Stadt Schweinfurt und umliegender Landkreise war das Haus möglich geworden. Brettspiele, Tischtennis, Boccia, Tischtennis, eine kleine Bücherei – das waren die Angebote in jenen Tagen. Es gab Club- und Filmabende, sogar Freizeiten wurden durchgeführt. Am 10. Mai kam Bischof Josef Stangl, um dem Haus den kirchlichen Segen zu geben.
Von Anfang an hatte man die Gäste in Kinder und Jugendliche aufgeteilt, ab 1975 dann die Aufteilung in U-14 (im Untergeschoss) und Ü-14 (im ersten Stock). Seit 1982 ist das bischöfliche Jugendamt der Diözese Träger der Einrichtung, und auch das Thema Zuwanderung bekam immer mehr Gewicht. Mit Beginn der 1990er-Jahre nannte man sich "offener Jugendtreff von 12 bis 18", der Kinderbereich fiel mangels Nachfrage weg.
Eine wichtige Neuerung dann 1995, als die organisierte Hausaufgabenbetreuung im ehemaligen Kinderbereich ihre Arbeit aufnahm. Als der einstige Kindertreff-Bereich 2006 renoviert wurde, entstanden dort die neuen Räume für die Hausaufgabenbetreuung. 2007 kamen dann das neue Logo und der neue Name kom,ma. 2009 wurde die Hausaufgabenbetreuung zur "Hausaufgabenüberwachung mit integrierter Nachmittagsbetreuung" und wird seither vom Kultusministerium gefördert.
Hausaufgaben werden täglich in vier Gruppen gemacht
Ab 2015, mit Beginn der Umbauarbeiten im Dekanatszentrum, wurde das Pentagon hinter dem Hauptgebäude Stück für Stück den Anforderungen des offenen Jugendtreffs angepasst. 2016 dann der Umzug in die neuen Räume. Neben dem offenen Treff und der Hausaufgabenbetreuung kam das Arbeitsfeld Veranstaltungen hinzu. Und heute ist das kom,ma mindestens so lebendig und wahrscheinlich noch bunter als je zuvor.
Zwölf bis 15 Ehrenamtliche kümmern sich abwechselnd um die Jugendlichen. "Zwischen 35 und 50 kommen täglich", schätzt Marie Lauer, dazu kommen etwa 20 Mädchen und Jungen, die in vier Gruppen gemeinsam und überwacht Hausaufgaben machen. Studenten, Abiturienten und andere, die helfen können, lernen mit den jungen Leuten – weitere Ehrenamtliche sind gerne willkommen.
Es wird auch noch Kicker und Billard gespielt
Familie, Freundschaft, Kommunikation – diese Themen beschäftigen junge Leute auch 2019, auch wenn reichlich soziales Leben in die sozialen Netzwerke abgewandert ist. So gibt es mittlerweile einen eigenen Raum für Spielkonsolen-Fans, aber es wird, ganz wie in den Anfangstagen, auch noch gerne Kicker, Tischtennis und Billard gespielt.
Dass es sich beim kom,ma um eine kirchliche, sprich katholische Einrichtung handelt, spielt nach der Einschätzung von Marie Lauer heute für die meisten Jugendlichen, die die Einrichtung nutzen, eine untergeordnete oder gar keine Rolle. "80 Prozent wissen wahrscheinlich gar nicht, wer dahinter steht", schätzt Lauer. Migration ist natürlich nach wie vor ein Thema, viele der jungen Gäste sind Muslime, es bilden sich schon mal Grüppchen, dann werden aber auch wieder gemeinsame Tischtennis-Rundlauf-Runden organisiert.
Auch ein Ort der Integration
So breitgefächert wie die Herkunft der jungen Leute ist das aktuelle Programm. Im Fitnessraum gibt es vom Boxsack bis zum Tanzspiegel allerlei Angebote sich auszutoben, im Werkraum geht es nicht nur um Kreativität, sondern beispielsweise auch darum, mit der Technik des eigenen Fahrrads besser klarzukommen. Im Hauptraum gibt es eine Jam-Ecke mit Gitarren und Verstärkern, in der Retro-Ecke werden Computerspiele von einst in die Rechner geschoben.
Beste Möglichkeit Anschluss zu finden ist der offene Treff. Jacke aufhängen, Tasche ins Schließfach, an der Theke anmelden, Freunde finden – so einfach kann das mitunter sein. Das gilt auch für die gemeinsamen Projekte wie Poetry-Slam, Hip-Hop oder ein Musical erarbeiten.
Der Name "kom,ma", dieses Wortspiel zwischen Deutschunterricht und herkommen, trifft sehr gut, was man im ehemaligen Freizeitzentrum für junge Leuten zwischen 12 und 18 bieten will. Spaß in Gemeinschaft und die Möglichkeit, sich auf die Anforderungen in der Schule vorzubereiten. So gesehen hat sich das kom,ma in 50 Jahren durchaus auch mal das eine oder andere Ausrufezeichen verdient.