Eine von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) wohl zu Unrecht genehmigte Nebentätigkeit des städtischen Personalamtsleiters sorgt in Schweinfurt schon geraume Zeit für Wirbel. Der Stadtrat setzte zur Aufklärung einen Untersuchungsausschuss ein, der am Dienstag im Stadtrat seine Recherchen präsentierte. Remelé teilte dabei mit, dass er die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Beamten und sich selbst bei der Regierung von Unterfranken gestellt habe. Er wolle „volle Transparenz auch meiner eigenen Rolle“, sagte er.
Worum geht es? Die Stadt hatte sich von ihrem Stadtwerkeleiter Johann Karl getrennt und die Spitzenposition bei ihrer Tochter neu ausgeschrieben. Das Interesse am gut bezahlten Job war mit 154 Bewerbungen enorm. Der OB beauftragte den Personalamtschef mit allen Belangen rund ums Ausschreibungsverfahren. Dieser schlug allerdings vor, die Auswahl der geeigneten Kandidaten zur Vorstellungsrunde als Nebentätigkeit abzurechnen. Er begründete das mit seiner hohen Überstundenzahl und Resturlaub.
Der OB genehmigte das mit der Begründung, es handele sich um die schnellste, zuverlässigste und im Vergleich zur Vergabe an eine Drittfirma wirtschaftlichste Lösung. Den Job erhielt damals Thomas Stepputat. Mittlerweile hat die Stadt sich auch von ihm wieder getrennt, was aber im aktuellen Fall keine Rolle spielt.
151 Stunden zu je 50 Euro
Der Personalamtschef rechnete später 151 Stunden zu je 50 Euro ab, zusammen 7550 Euro. Erst am 23. Dezember 2011 erhielt Stepputat, damals eben Stadtwerkechef, von einem Bereichsleiter der Stadtwerke eine Mail mit dem Hinweis, dass dem Beamten für die „Auswahl GF“ die Summe von 7550 Euro privat in zwei Teilbeträgen ausgezahlt werde. „GF“ stand für Geschäftsführer. Die Mail enthielt den Hinweis, dass die Auszahlung „in Abstimmung mit dem OB“ erfolgt. Das Geld floss dann auch auf das Konto des mit A 15 dotierten Beamten – wie gefordert in zwei Teilen Ende 2011 und Anfang 2012.
Diese Mail landete kürzlich anonym bei dieser Redaktion und einigen Stadträten. In der Stadtratssitzung am 21. März setzte einer der Adressaten, Frank Firsching (Die Linke), alle Kollegen sowie die ebenso überraschte Verwaltungsbank in nichtöffentlicher Sitzung darüber in Kenntnis. Seiner Forderung, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, wurde gefolgt. Neben Firsching wurden die Stadträte Ulrike Schneider (Schweinfurter Liste SWL) und Stefan Funk (CSU) sowie die Leiterin des OB-Büros, Anna Barbara Keck, berufen. Die Kommission tagte dreimal und kam zu dem von Sprecher Firsching am Dienstag verkündeten Ergebnis, dass die Auswahl auch eines Geschäftsführers der Töchter „eindeutig eine Tätigkeit im Hauptamt“ sei. Der Beamte hätte die Arbeit also nicht nebenher gegen Entlohnung erledigen dürfen.
„Bemerkenswerte Inkompetenz“
Remelé bestätigte den zeitlichen Ablauf und den Vorschlag seines Amtsleiters, an dessen „Rechtmäßigkeit“ er damals keine Zweifel gehabt habe. Mittlerweile wisse er, dass es zu Fehlern gekommen sei. Er wolle auch nicht verhehlen, dass er nach mittlerweile sechs Jahren Erfahrung „den Fall heute anders gelöst hätte“.
CSU-Fraktionschef und Kommissionsmitglied Stefan Funk dankte dem OB für das Statement und das eingeleitete Disziplinarverfahren. Er zeige damit Größe, Stärke und seine Intention werde deutlich, dass „alles lückenlos aufgeklärt wird“, sagte Funk. Die Aussagen des Beamten und des OB in deren Stellungnahmen an die Kommission, sie hätten damals „guten Gewissens gehandelt“, nannte Firsching in seiner politischen Bewertung glaubhaft. Dann müsse er aber feststellen, dass der Amtsleiter seine Zuständigkeit nicht kannte und der OB keine Kenntnis davon hatte, „was sein Amtsleiter zu tun hat“. Das bewertete Firsching als „bemerkenswerte Inkompetenz“.
Ulrike Schneider lobte, wie zuvor die beiden Stadträte, die gute Zusammenarbeit in der Kommission. Dass OB und Personalamtschef das Vergaberecht aus wirtschaftlichen Gründen ausgehebelt hätten, „hätte beiden von Anfang klar sein müssen“. Der Beamte dürfe nun aber nicht „alleine für den Vorgang gerade stehen“ müssen. Völlig einseitig ausgerichtete disziplinarische Schritte werde ihre SWL nicht mittragen.
SPD-Fraktionschef Ralf Hofmann forderte die Regierung von Unterfranken auf, die „Prüfung genauso seriös wahrzunehmen, wie das die städtische Kommission getan hat“. Sie habe einen ersten Schritt zur nötigen Aufklärung gemacht.
Hätte er sich nicht eigentlich in seiner Freizeit erholen müssen? Hat er nicht auch einen Vertreter?
Es schaut mir eher danach aus, dass er gierig geworden ist, und die Chance ergriffen hat, nebenbei zusätzliches Geld zu kassieren. Immerhin hat er den Vorschlag gemacht, dass er die Stunden privat abrechnen darf.