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SCHWEINFURT
Schweinfurt: Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung und Gewaltaufrufen
In sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter breitet sich Fremdenhass besonders aus.
Foto: dpa | In sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter breitet sich Fremdenhass besonders aus.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 07.04.2020 10:47 Uhr

„Bombe rein, Tore zu und gut!!!“ Der Mann meint die Erstaufnahmeeinrichtung (EA) für Flüchtlinge in Schweinfurt und postet seine Bombenempfehlung offen einsehbar unter seinem Echtnamen auf der Facebook-Seite der rechten Aktionisten von „Schweinfurt wehrt sich – Asylmissbrauch nein Danke“.

Als ihn ein Kritiker in seinem Eintrag darauf hinweist, dass das keine Meinung, sondern ein Aufruf zu Gewalttaten und Volksverhetzung sei, und was wohl sein Arbeitgeber davon halte – den hatte er auch schon ganz freizügig in die Welt posaunt –, beschwert er sich, was seine „persönliche Einstellung“ denn mit der Arbeit zu tun habe.

Flüchtlinge – im Bild Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung in Schweinfurt – sind das bevorzugte Ziel der Internet-Hetzer. Ein rechtsfreier Raum ist das weltweite Netz trotzdem nicht. Das Staatsschutzkommissariat der Kripo Schweinfurt ermittelt derzeit in einem halben Dutzend Fällen von mutmaßlicher Volksverhetzung und Aufrufen zur Gewalt.
Foto: Martina Müller | Flüchtlinge – im Bild Bewohner der Erstaufnahmeeinrichtung in Schweinfurt – sind das bevorzugte Ziel der Internet-Hetzer. Ein rechtsfreier Raum ist das weltweite Netz trotzdem nicht.

Mit dieser „persönlichen Einstellung“ zur Lösung der Flüchtlingsfrage hat sich inzwischen das Staatsschutz-Kommissariat der Kripo Schweinfurt beschäftigt, wie Pressesprecher Michael Zimmer vom Polizeipräsidium Unterfranken auf Anfrage mitteilt. Ermittelt wurde gegen den Facebook-Nutzer unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung, so Zimmer.

Der Vorgang sei bei der Staatsanwaltschaft Schweinfurt eingegangen und werde geprüft, bestätigt die Leitende Oberstaatsanwältin Ursula Haderlein.

„Tötet die Politiker ...“

Das gilt auch für den öffentlich einsehbaren Facebook-Eintrag jenes 51-jährigen Schweinfurters, der sich am Faschingsdienstag vor dem Amtsrichter in Schweinfurt wegen Beleidigung des neu gewählten Kreisvorstands der Schweinfurter Linken verantworten sollte, aber wegen angeblich falsch zugestellter Ladung zum Termin nicht erschienen war (wir berichteten). Er hatte die Linke-Vorstandsmitglieder im Kommentar unter deren Bild mit Pädophilen und Volksverrätern gleichgesetzt.

Auch dieser Mann betätigt sich im Internet emsig als fremdenfeindlicher Kommentator. Auf der Facebook-Seite „Schweinfurt wehrt sich“ textet er offen einsehbar unter Klarnamen: „Habe gehört: ,Tötet ES bevor ES ein Ei legt. Tötet ES bevor es eure Kinder, Frauen oder euch tötet. Tötet die Politiker, die uns dieses Pack ins Land gerufen haben. Tötet deren Verwandtschaft wenn einer aus eurer Familie ein Opfer dieser Merklischenweltgäste geworden ist. Tötet die sogenannten Kriegsgewinnler, welche sich an dieser Flut eine goldene Nase verdienen...' Ich aber meine, es würde ausreichen, wenn der erste Politiker vor Ort geteert und gefedert würde, oder?“

Auch damit ist inzwischen die Staatsanwaltschaft Schweinfurt befasst. Der Verdacht lautet auf Volksverhetzung und wird derzeit von der Staatsanwaltschaft geprüft. Sollte die Ermittlung in ein Gerichtsverfahren oder einen Strafbefehl münden, wäre es das dritte Strafverfahren gegen den 51-Jährigen in kurzer Zeit.

Vor der Beleidigung des Linke-Vorstands, für die Mitte Januar ein Strafbefehl über 4500 Euro (100 Tagessätze a 45 Euro) erlassen worden war, hatte er im Internet bereits im September 2015 einen Main-Post-Redakteur als „linksversifften Schreiberling“ und die Main-Post als „Lagerzeitung“ bezeichnet.

Gegen ihn wurde in dieser Sache ein Strafbefehl über 4200 Euro rechtskräftig.

Ein besonders abscheuliches Beispiel von rechtem Hass ist auf der Facebook-Seite der „NPD Schweinfurt-Haßberge“ zu besichtigen. Ein Mann stellte am 10. Januar unter einer Abbildung der Grünen-Abgeordneten Claudia Roth seinen Kommentar in Form eines Fotos eines beleibten Bartträgers ein, der gerade eine Pistole durchlädt. Im Bild der Text: „Erschießt die Fotze“.

Der Schweinfurter Grünen–Stadtrat Thomas Schmitt erstattete Anzeige gegen den Hetzer, der sich ebenfalls nichts dabei denkt, diesen Mordaufruf unter seinem Klarnamen zu veröffentlichen. „Diesbezüglich wurde bei der Kripo Schweinfurt ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, welches aufgrund der örtlichen Zuständigkeit zwischenzeitlich an die Kripo in Ansbach abgegeben wurde“, so Polizeisprecher Zimmer. Die Ermittlungen dauerten an und würden nach Abschluss der Staatsanwaltschaft zur strafrechtlichen Prüfung vorgelegt.

„Passt alle auf, was ihr schreibt“

Dass es sich bei Beleidigungen, Volksverhetzung und Aufrufen zur Gewalt nicht um Meinung, sondern um Straftaten handelt, die sogar geahndet werden, müsste auch den Kommentatoren auf „Schweinfurt wehrt sich ...“ bekannt sein. Am 17. Januar schrieb dort die Betreiberin der Seite: „Meine Lieben ich habe gerade eine Nachricht bekommen, von einer Person die hier kommentiert hat. 950 Euro Strafe! Bitte passt alle auf, was ihr schreibt! Die Gesetze werden bei uns sehr ernst genommen... Echt lächerlich!“

Vier Beamte umfasst das Staatsschutz-Kommissariat der Kriminalpolizei Schweinfurt. Laut Zimmer ermitteln sie derzeit einschließlich der drei genannten Fälle etwa zu einem halben Dutzend Anzeigen bezüglich des Verdachts der Volksverhetzung, des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und/oder Aufrufen zu Gewalttaten.

Internet-Foren sind kein rechtsfreier Raum

Die Bestimmungen des Strafgesetzbuches etwa zu den Tatbeständen Beleidigung, Erpressung, Nötigung, oder Volksverhetzung – zum Beispiel Aufforderung zu Gewalt gegen eine bestimmte Nationalität, Volksgruppe oder Religion – gelten im Internet genau so wie im „echten“ nichtvirtuellen Leben.

Die Polizei als Strafverfolgungsbehörde muss nach dem Legalitätsprinzip Ermittlungen aufnehmen, sobald ihr der Verdacht auf eine Straftat bekannt wird. Laut Polizeipräsidium Unterfranken bedeutet dies, dass zum einen Bürger Strafanzeigen auf den Dienststellen der Polizei erstatten können, wenn in einem Chat, Blog oder einer sonstigen Nachricht strafbares Verhalten aufscheint.

Darüber hinaus hat die Kripo bestimmte Facebook-Seiten oder Kommentierungen zu aktuellen Themen von sich aus im Blick.

Eine „Netzwerkfahndung“ – gezielte anlassunabhängige Suche nach Straftaten im Internet – erfolgt durch Präsidiumsdienststellen jedoch nicht. Diese wird seitens des Bayerischen Landeskriminalamtes durchgeführt.

Zuständigkeiten: In Fällen von Volksverhetzung etwa führt die Ermittlungen in der Regel ein Staatsschutzkommissariat. Unterfrankenweit gibt es drei – jeweils eines in Schweinfurt, Würzburg und Aschaffenburg.

Bei Beleidigungen ist jeweils die Polizeidienststelle zuständig, bei der der Sachverhalt angezeigt worden ist. Die letzte Prüfung hinsichtlich der strafrechtlichen Relevanz liegt bei der Staatsanwaltschaft.

Als Beweismittel für eine mögliche Anzeige bezüglich Beleidigung, Volksverhetzung oder Gewaltaufruf im Internet empfiehlt die Polizei, einen „Screenshot“ vom verdächtigen Internet-Beitrag zu fertigen und bei der Anzeigeerstattung mitzubringen. Dieser zeigt den Sachverhalt schwarz auf weiß mit Uhrzeit und Verfasser und erleichtert der Polizei die Ermittlungen.

 
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  • mausschanze
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  • Das ist die Frage? In dem vorliegenden Fall ist das keine Frage mehr. Denn sie wurde von unserer Justiz klar beantwortet? Aber wo beginnt Volksverhetzung? Im Auge des jeweiligen Betrachters? Wo ist sie durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt. Wie ist sie vor der Willkür des Arbeitsgebers geschützt? Vor Hetze von anderen, die sich im Recht wähnen? Wie ist es in dem Fall der privaten Facebookschreiberin, die wegen "vermeintlicher" Hasskommentare auf eine andere Stelle versetzt wurde. Nicht durch eine "Anzeige" eines Privatmannes, sondern durch Reporter einer Zeitung? Diese Fragen haben mich veranlasst eben diese Fragen der Staatsanwaltschaft zu stelllen und auch umfangreich zu begründen? Mal angenommen, die Staatsanwaltschaft kommt zu dem Ergebnis, dass die Grenzen der Meinungsfreiheit nicht überschritten wurden und eben keine Volksverhetzung vorlag und auch keine Rufschädigung für eine Behörde? Was dann? Den Artikel samt Kommentare lege ich dem Oberstaatanwalt vor. Danke!
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    Die waren nicht vermeintlich, die waren real und konnten ganz öffentlich in FB gelesen werden. Da war eine Versetzung noch ein Akt der Nächtenliebe.
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  • traumfrau
    Auc ich kannte die Einträge der F- Schreiberin, diese waren allerdings in den seltensten Fällen "öffentlich", vielmehr waren sie fast ausschließlich für "Freunde" zugänglich! Waren Sie einer davon? Welche Identidät verirgt sich hinter Ihrem Kürzel "PKD"? Eventuell jemand von der Presse - wie "Karl Keiler"? Dann wäre es NOCH schäbiger, wie Herr Kohlhepp dies in einem Kommentar zum Ausdruck gebracht hat, sie nicht "zur Seite genommen" (gewarnt) zu haben... "Karl Keiler" war mit der FB- Schreiberin "befreundet" und hatte nur deshalb uneingeschränkten Zugang zu ihren Posts... Investigativer Journalismus - oder einfach nur Sensationslust?
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  • carolink
    ... dass seit geraumer Zeit überhaupt *KEIN* Schuldbewusstsein mehr bei solchen Straftätern und Menschenverachtern existiert!

    Die Bsp. sind ja nur die sichtbare Spitze, die besonders drastische, eines Braunberges, der sich im WWW v.a. massiv breit gemacht hat -- nicht zuletzt weil Warnungen davor, jahrelang von den Verantwortlichen Admins, dem Gesetzgeber, den Behörden und den Betreibern der Angebote, schlicht nicht ernst genug genommen wurden: Mahner wurden eher verhöhnt und verspottet. traurig

    Jetzt ernten wir massenhaft die giftigen Früchte der Ignoranz. Vergessen wir NICHT, dass die WutWichtel-Bewegungen alá PEGIDIA & Co., der rasante Zuwachs der IDENTITÄREN und die fanatische Resonanz auf die rechtsnationale AfD ihren Ursprung im WWW genommen haben! Der NeoFaschismus, die Xenophobie & der abgrundtiefe Hass, die Hetze gegen die Schwächsten, stammen originär aus den digitalen Welten, die diese Multiplikatoren erst ermöglichten.

    Nun haben wir es mit einem Tsunami im RL zu tun.
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  • Plecherbub
    Äußerungen dabei, die zu recht geahndet wurden. Ein Fall erschließt sich mir allerdings nicht so ganz.
    Zitat Main-Post: "...hatte er im Internet bereits im September 2015 einen Main-Post-Redakteur als „linksversifften Schreiberling“ und die Main-Post als „Lagerzeitung“ bezeichnet. Gegen ihn wurde in dieser Sache ein Strafbefehl über 4200 Euro rechtskräftig."
    Für was genau? "Linksversifft, oder Schreiberling, oder Lagerzeitung?
    Welcher von den drei Begriffen ist strafwürdig? Also Lagerzeitung kann es nicht sein, oder etwa doch?
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    die Leute auf Urlaub ins malerische Syrien zu schicken. Drei Monate nonstop, all inclusive, vorzeitige Rückreise ausgeschlossen. Mal sehen, was die sagen, wenn sie wieder nachhause kommen... jedenfalls wissen sie dann, wie das mit den Bomben ist, sollte man meinen.

    "Nebenbei" würde ich es jedoch ebenfalls für eine gute Idee halten, wenn die "Große Politik" sich mal überlegt, wie man die Armutsschere wieder weiter zuklappt, denn wenn sich noch mehr Leute vor dem Absturz in die Armut fürchten (müssen), während ein paar Großkopferte immer noch nicht genug kriegen, wird das dem sozialen Frieden wenig zuträglich sein.
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  • uwe.luz@t-online.de
    ... ist keine Frage des Geldbeutels, sondern von Herz und Hirn. Klassenkampf hat in dieser Diskussion nichts verloren, denn anständig ist vieles von dem, was Politiker/innen der LINKE von sich geben auch nicht. Unanständig ist es z. B. auch, dass 16 Abgeordnete der LINKE im Thüringischen Landtag ex Stasifunktionäre sind. Eine starke, ehrlich liberale Bewegung wäre wünschenswert. Als Gegenpol zu Links und Rechts.
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  • hans-martin.hoffmann@t-online.de
    ist eine gute Frage.

    Soweit ich mich an die Ursachen zum Erstarken Hitlers erinnern kann, spielte auch da eine noch nicht lange zurückliegende "Wirtschaftskrise" incl. der Konsequenzen eine Rolle, für die man mit "den Juden" schnell einen geeigneten Sündenbock "fand", damit sich die "arischen" Gierhälse auf Kosten der "kleinen Leute" ungeniert weiter bedienen konnten, und was folgte, wissen wir.

    Eine Binsenweisheit lautet, dass sich Geschichte wiederholt. Mag sein, dass ich mich (mal wieder) als übersensibler Schwarzseher geriere, aber mir scheinen einige "Zutaten" von damals auch heute wieder vorhanden zu sein - und zwar in zunehmendem Maße. Dabei agieren einige Personen auch aus den etablierten Parteien hilflos oder gießen gar Öl ins Feuer. Dass nun die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer, wobei man vor "Überfremdung" warnt, hat für mich nix mit Anstand zu tun, aber viel mit sozialem Sprengstoff. Oder ist der "rheinische Kapitalismus" für Sie schon Klassenkampf?
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  • eboehrer@gmx.de
    dass die Main-Post das bringt. Ich bin entsetzt, was diese Leute von sich geben.Ich würde mich schämen. Wissen die überhaupt, was Sie tun bzw. schreiben?
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  • p-koch-dettelbach@t-online.de
    vergib ihnen nicht, denn sie wissen was sie tun.
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