
So schnell wird sich der Streit um das nächtlichen Glockenläuten in Schwanfeld wohl nicht legen. Der Gemeinderat hatte in seiner Sitzung im Juli die Bitte einer Bürgerin abgelehnt, die Kirchenuhr nachts ruhig zu stellen, und mit dem Verweis auf die dörfliche Tradition das Thema abgehakt. Inzwischen hat die Antragstellerin nicht nur einen Anwalt eingeschaltet, sondern auch zahlreiche Unterstützer hinter sich geschart. Es hat sich sogar die Bürgerinitiative "Beruhigt schlafen" gegründet, die innerhalb einer Woche 100 Unterschriften für die Abschaffung des nächtlichen Glockengeläuts gesammelt hat. Das wiederum sorgt für erste empörte Stimmen aus der bislang noch schweigenden Mehrheit der 2000-Seelen-Gemeinde. Und die kündigen jetzt schon an: "Wenn's drauf ankommt, gründen wir auch eine Bürgerinitiative."
Zahlreiche Zuhörer waren am Montagabend in die Gemeinderatssitzung gekommen, die in die Aula der Schule verlegt worden war, wo ausreichend Abstand eingehalten werden konnte. Bürgermeisterin Lisa Krein hatte das nächtliche Zeitläuten noch einmal auf die Tagesordnung gesetzt, nachdem am 30. Juli die Verwaltung ein anwaltschaftliches Schreiben erreicht hatte, in dem die Gemeinde aufgefordert wurde, das nächtliche Zeitläuten einzustellen und die Immissionsrichtwerte der Lärmschutzverordnung einzuhalten. Diese erlaubt zwischen 22 und 6 Uhr nur einen Lärmpegel von 45 Dezibel, tagsüber von 60 Dezibel.
Lärmmessungen haben deutliche Überschreitungen ergeben
Die daraufhin erfolgten Messungen der Gemeinde im Wohnumfeld der Kirche haben deutliche Überschreitungen ergeben. In der Pfarrgasse wurden 62,2 Dezibel gemessen, in der Kirchgasse 60,1 Dezibel, in der Schulstraße 58,2 Dezibel und im Schlossgarten 48,9 Dezibel. "Wir liegen in jedem Fall drüber", konstatierte Bürgermeisterin Krein. Sie hatte deshalb auf Basis des im Juli gefassten Beschlusses, nämlich das nächtliche Zeitläuten als lang gelebte Tradition beizubehalten, zwei Kompromissvorschläge erarbeitet. Entweder: Die Reduzierung der Lautstärke und Begrenzung der Zahl der Glockenschläge auf nur einen zu jeder vollen Stunde. Oder: Nur die Reduzierung der Dezibel und Beibehaltung der bisherigen Anzahl der Zeitschläge.
Der Knackpunkt dabei ist, dass bei einer Anpassung der Glockenlautstärke an die nächtlichen Lärmgrenzwerte auch tagsüber die Glocken leiser schlagen würden. Und zwar nicht nur beim Zeitläuten, sondern auch beim liturgischen Läuten. Das lasse sich technisch nicht anders lösen, gab zweiter Bürgermeister Kurt Eichelbrönner die Auskunft einer Fachfirma weiter. Denn die Lautstärke der Glocken wird über die Seillänge festgelegt, und diese sei für alles Läuten gleich.
Pfarrer Volker Benkert wäre auf keinen Fall damit einverstanden, wenn die Glocken zu kirchlichen Anlässen leiser schlagen würden. "Dann hört's ja keiner mehr." Notfalls müsse man dann eben das Zeitläuten nachts einstellen. Das würde er zwar bedauern, damit müsse er aber leben. Denn der Uhrschlag wird von der politischen Gemeinde verantwortet, während über das eigentliche Geläut die Kirchengemeinde verfügt.
In Schwanfeld wird die Uhrzeit doppelt geläutet
Auch im Gemeinderat wollte man nicht voreilig grünes Licht für eine generelle Reduzierung der Dezibel geben, zumal die Messungen der Gemeinde nicht mit einem geeichten Gerät erfolgt waren, wie Bürgermeisterin Krein einräumte. "Wir sollten erst einmal eine vernünftige Messungen machen", forderte Steven Jonas. Und Sebastian Endres machte den Vorschlag, nachts nur eine Glocke die Uhrzeit schlagen zu lassen. In Schwanfeld gibt es nämlich die Besonderheit, dass doppelt geläutet wird. Zuerst erklingt eine höhere Glocke, dann eine tiefere. Um Mitternacht schlägt die Kirchturmuhr also nicht nur zwölfmal, sondern 24-mal. Jutta Strobel brachte noch einmal das generelle Aussetzen des Zeitschlagens nachts ins Spiel. Bürgermeisterin Krein raufte sich die Haare: "Wir können nicht immer wieder zurück zur Ursuppe", verwies sie auf den im Juli gefassten Beschluss, das nächtliche Glockenläuten beizubehalten. Dieser Beschluss müsse dann erst einmal aufgehoben werden. Kurzerhand brach sie deshalb die Diskussion ab und vertagte das Thema auf die nächste Sitzung am 28. September. Bis dahin will sie versuchen, neue Messergebnisse und eventuell andere technische Lösungen vorzulegen.
Beendet ist der "Glockenstreit" damit aber noch lange nicht, wie die heftigen Diskussionen der Zuhörer nach der Gemeinderatssitzung vor der Schulaula zeigten. "Die in der Bürgerinitiative wollen nur die Vorteile vom dörflichen Leben, wie günstiges Wohnen und gute Nahversorgung, und alles andere wollen sie verbieten lassen", schimpfte Paul Popp. Er will, dass die Glocken weiterhin nachts läuten. Wem das störe, der solle sich schalldichte Fenster einbauen. Hildegard Fröhr wohnt seit 40 Jahren nahe der Kirche und kann die Aufregung überhaupt nicht verstehen: "Mich hat das noch nie gestört." Im Gegenteil: "Ohne das Glockenläuten würde etwas fehlen." Helmut Blaschke und Elmar Eichelbrönner pflichten bei. Sie wollen auch den Status Quo erhalten wissen. Und Richard Strobel findet, dass die Windräder im nahegelegenen Windpark oft lauter sind als die Glocken. "Die Allgemeinheit soll wegen ein paar einzelner büßen" – das sieht Wolfgang Schneider überhaupt nicht ein. Er würde für den nächtlichen Glockenschlag sogar vor Gericht ziehen.
Pfarrer Volker Benkert bedauert sehr, dass wegen der Kirchenglocken "so eine Lawine" losgetreten worden ist. "Das hat Schwanfeld nicht verdient." Welche Beweggründe die Bürgerinitiative mit ihrem Ansinnen hat, wollen die Akteure aber nicht veröffentlicht wissen. Auf Nachfrage bei zwei Akteurinnen, die die Gemeinderatssitzung verfolgt hatten, hieß es lediglich: "Alles was wir als Bürgerinitiative erreichen wollten, war die friedliche Auseinandersetzung mit diesem Thema." Man hoffe auf eine friedliche und vernünftige Entscheidung zum Wohle der Gemeinschaft.
Läuten irritiert? Die Jugend schlägt sich die Nacht um die Ohren ... da geht es nicht leise zu; lautstarke Feste werden gefeiert ... da geht es nicht leise zu; und wie lange sind in den Dörfern auch Kneippen und offene Jugendtreffs offen? - da geht es nicht leise zu ... da könnte doch mal in Sachen "Krach" jede Gemeinde eine Liste aufstellen.
Ich kenne Kranke und Bettlägrige die froh um einen kleinen Glockenschlag sind und der doppelte um Mitternacht, den kann man mitzählen - ach ich habe natürlich vergessen: diese Menschen haben ja, wie das Schlagen der Glocke, keinen Nutzwert. Was für eine Kultur!
Den Glockenschlag braucht heute keiner mehr. Er stammt aus einer Zeit, in der die Bevölkerung keine Uhren hatte. Tradition hin, Tradition her – heute es gibt weder Nutzwert, noch Bedarf.
Nichts und niemand würde durch das zeitweise Aussetzen des Glockenschlags in irgendeiner Form objektiv beeinträchtig. Andersherum ist eine regelmäßig gestörte Nachtruhe durchaus ein echtes Problem.
Was bin ich für ein Mensch, wenn ich meinen bloßen Willen (ohne jede Notwendigkeit) über die echten Bedürfnisse meiner Mitmenschen stellen möchte?
Mich persönlich stört es normalerweise nicht. Ich wohne allerdings nicht unmittelbar neben einer Kirche. Nur in den Tropennächten, wenn es nicht anders geht als bei offenem Fenster zu schlafen, und der Wind ungünstig steht, wache ich manchmal vom Glockenschlag auf.
Ich denke, es bricht niemandem ein Zacken aus der Krone, wenn man aus Rücksichtnahme auf lärmempfindliche Menschen auf das nächtliche Glockenschagen verzichtet. Und ich bin auch der Meinung, es würde niemandem etwas fehlen. Denn diejenigen, die es nicht stört, schlafen ja sowieso tief und fest.
Der Artikel ist aufgrund der Vermischung nur schwer verständlich.
Geht es jetzt nur ums Schlagen, oder ums Läuten?
Denn es ist mir nicht verständlich, warum ein leiseres Schlagen auch ein leisteres Läuten zum Gottesdienst nach sich ziehen sollte?
Solange es nur ums schlagen geht, ist die Aufregung für mich nicht nachvollziehbar.
Variante a) Der Hammer des Stundenschlags wird gedämpft, am Läutwerk wird nichts geändert. Dann würde nur der Stundenschlag leiser - aber halt ganztags!
Variante b) Die Schallläden, durch die der Ton den Turm verlässt (also die Holzkonstruktion im Fenster - siehe Bild des Artikels) werden baulich verändert. Das würde die gesamte Lautstärke von jeglichem Läuten reduzieren, also auch das Läuten der Glocken. Und um diese Variante geht es hier wohl, was im Gemeinderat diskutiert worden ist - womit eben alles leiser werden würde und nicht im Sinne des Erfinders wäre!
Mal ganz blöd gefragt.
Wo ist das Problem in der heutigen digitalen Zeit, diese Schallklappen nicht per Zeitschaltuhr Nachts zu schließen und die Lautstärke zu dämpfen während tagsüber die übliche Lautstärke beibehalten wird?
Sowas liese sich bestimmt auch an andere Ortschaften mit ähnlichen "Problemen" verkaufen...
Die Schall-Klappen sind aus Holz und fest im Rahmen verzahnt. Wenn sie steuer- und veränderbar wären, müsste da die Konstruktion komplett umgebaut bzw. neu erstellt werden, es müsste Strom angelegt werden, der im Normalfall an dieser Stelle gar nicht verfügbar wäre, eine Steuerleitung erstellt werden an einen gut zugänglichen Ort (was ja Glockenstühle normalerweise eher weniger sind) - und dort dann die elektrische bzw. sogar elektronische Steuerung installiert werden, das müsste programmierbar sein, dass das Umstellen automatisch um 6.00 "auf" bzw. 22.00 "zu" erfolgt.
Das sind alles Dinge, die etwas berühren, was uns allen lieb und teuer ist - nämlich unser GELD (und gerade in Corona-Zeiten hat weder die politische Gemeinde als Baulastträger noch die entsprechende Pfarrgemeinde als Eigentümer den Säckel so locker sitzen, dass hier Geld für solche Ausgaben übrig wäre).
Ich jetzt mal meine Vermutung, woran's hapern könnte!
Lasst halt noch das bissl Tradition. ..und außerdem klarer Fall: es steht 100:1900 für das nächtliche Schlagen der Glocken, wohlgemerkt nicht Läuten, ….Nachts läuten keine Glocken und 6 Uhr ist nicht mehr Nachts.
ordentlich pennen. Lebe seit mehreren Jahren in Schwanfeld und es ist teilweise nur zum schon fremdschämen und zum totlachen. Lächerlich!
Pfui, mit solchen Menschen mag ich nicht zusammenleben..
Lightkultur!
Ich packs ned!
Was ist nur aus unserer "Lightkultur" geworden.?
Was ist nur aus uns egozentrischen Ichlingen geworden?
Gott erbarm!