
Am Mittwoch haben Bayerns Schulleiter noch immer nicht das auf dem Tisch, das klar sagt, wie sie ab Montag den Schulbetrieb managen müssen. Wann muss ein Schüler zuhause bleiben, schon bei einem leichten Schnupfen? Wann müssen Eltern fürs Kind ein ärztliches Attest vorlegen? All das wird in dem neuen Hygiene-Rahmenplan stehen. Der sollte Anfang der Woche kommen. Tomi Neckov, Schulleiter der Frieden-Mittelschule in Schweinfurt, brennt das Thema auf den Nägeln. Und nicht nur ihm. Denn das, was da kommen wird, muss intern beraten, abgestimmt und vor allem an die Eltern weitergegeben werden. Keine Spur auch von den Selbsttests für Schüler und Lehrer, die versprochen waren. "Wir machen die Schulen auf, ohne dass wir Sicherheit haben", sagt Neckov und meint dazu neben einem fehlenden echten Testkonzept für die Schulen auch das Thema Impfungen.
Nur wenige Lehrer sind bisher geimpft, die meisten "gehen komplett ohne Schutz rein", sagt Neckov, der auch Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrerinnen und Lehrerverbands Schweinfurt-Stadt ist. Für ihn wie auch andere Schulleiter hat die vom Freistaat beschlossene weitere Öffnung der Schulen zum 15. März zwei Seiten: Auf der einen Seite freuen sich Schulleiter und Lehrer, dass die Schüler wieder in die Häuser kommen, persönliche Begegnungen möglich sind. Auf der anderen Seite steht die Sorge um Sicherheit, die Gefahr von Infektionen, die Ausbreitung von Virusmutationen. Und die Erkenntnis, dass vieles ungeklärt, unausgegoren ist.
Beispiel Testen: Das sollte das A und O sein bei der Öffnung der Schulen. Vertreter von Bund und Freistaat beschwören nach wie vor das Credo: Testen, testen, testen. Tatsächlich passiert das auf völlig freiwilliger Basis. Eltern müssen das für ihre Kinder selbst organisieren, einen Termin an der Teststrecke buchen. Einmal die Woche, so hieß es aus dem Kultusministerium, sollte das sein. Lehrer sollten sich zweimal die Woche testen lassen. Wie groß die Bereitschaft bei Eltern und Schülern ist, wenn nur appelliert wird? Ziemlich gering, sagt Neckov offen. Wenn Tests, dann müsste das regelmäßig sein, schnell gehen, vielleicht durch eine Krankenschwester, die früh Tests an der Schule abnimmt.
Weiter warten: Noch hat keine Schule Selbsttests für Schüler bekommen
Auch für Roland Eirich, Schulleiter der Rathenau-Schulen, wären solche regelmäßigen Tests ein Plus an Sicherheit. Er ärgert sich über die Ankündigungen der Politik und die dann nicht geregelte Infrastruktur. Angekündigt waren auch die Selbsttests für Lehrer und Schüler. Zweimal die Woche ein Selbsttest für Lehrer, einen pro Woche für Schüler ab 15 Jahren. Noch hat keine Schweinfurter Schule einen einzigen dieser Tests. Und: "Wir wissen nicht, wann sie kommen", sagt Eirich. Auch diese Tests werden freiwillig sein, nicht jeder wird sie nutzen wollen. Auf gut die Hälfte schätzt Eirich das Interesse von Schülern und Eltern. Noch läuft die Abfrage, wer überhaupt Tests möchte.
Auf ziemlich groß schätzt Klemens Alfen das Interesse an den Selbsttest, vor allem bei der Abiturklasse. Die wollten möglichst Risiken ausklammern, machten sich schon jetzt Sorgen, wie es mit dem Abitur weiterläuft. Noch fünf Wochen Unterricht bleiben, können Noten gegeben werden. "Wenn es jetzt Ausfälle gibt, ist das schwer zu kompensieren", sagt Alfen. Auch er freut sich darauf, dass die Schüler wieder kommen, mahnt aber gleichzeitig zu Vorsicht.
Zwischen Distanz und Präsenz: Schulen setzen auf Wechselunterricht
Am Freitag wird bekannt gegeben, wie es angesichts der erreichten Inzidenz ab Montag in Schweinfurts Schulen weitergehen wird. Bleibt sie unter 100, aber über 50, ist Wechselunterricht angesagt. Würde sie über 100 klettern, wäre nur noch Distanzunterricht möglich. Bei einer Inzidenz von unter 50 könnten alle Schüler zurückkommen, vorausgesetzt, der Mindestabstand von 1,5 Metern kann gewährleistet sein.
Und das ist nur mit Wechselunterricht umzusetzen. So ist es sowohl an der Frieden-Mittelschule, am AvH als auch an den Rathenau-Schulen geplant. Die Abschlussklassen an AvH und Rathenau können weiter im Präsenzbetrieb unterrichtet werden, alle anderen Schüler wechseln zwischen Klassenzimmer und Homeschooling. Ein Betrieb, den die Schulleiter kennen. Und sie wissen, was wichtig ist, wenn die Häuser jetzt wieder voller werden.
An der Frieden-Mittelschule werden es ab Montag rund 200 Schüler sein, also knapp die Hälfte. Dazu alle Lehrer und das Personal, macht 60 Personen. Die Rathenau-Schulen besuchen aktuell im Präsenzunterricht 200 Schüler, außerdem sind täglich 20 Lehrer vor Ort. Ab dem 15. März sind es hier gut 750 Schüler und alle 110 Lehrer. Am AvH, wo jetzt knapp 120 Schüler in Präsenz unterrichtet werden, werden es ab Montag rund 600 sein; plus alle 100 Lehrer.
Unterricht streamen: Klingt gut, es hängt nur an der Technik
Für ihn und seine Kollegen ist der Wiedereinstieg nach einem Jahr Pandemie zwar Routine. Manches Problem ist allerdings bis heute geblieben. Den Unterricht vor Ort zu streamen für die Klassenhälfte, die im Distanzunterricht ist, will man am AvH für die 11. Jahrgangsstufe versuchen. Klappt es, dann soll dies ausgeweitet werden.
Allerdings: Die Vorzeichen stehen nicht gut, die digitale Anbindung in den Klassenzimmern funktioniere nicht durchgehend, sagt Schulleiter Alfen, trotz intensiver Bemühungen der zuständigen Stelle der Stadt. Und: Auch die Lehrer arbeiten nicht mit optimalen Geräten, sondern mit privaten. Die 110 Endgeräte für die Lehrer, die über das 2018 aufgelegte Förderprogramm des Freistaats "digitales Klassenzimmer" bestellt worden sind, kamen bis heute nicht an am AvH.