Ist Ausbildung in Bayern kostenlos? Grundsätzlich schon, aber keineswegs immer. Ausgerechnet in Heilmittelberufen, zu denen etwa Physio- und Ergotherapeuten, Podologen und Logopäden zählen, wird seit langem Schulgeld verlangt, meist mehrere hundert Euro im Monat. Für eine dreijährige Ausbildung sind bisher mindestens rund 10 000 Euro fällig. Das können sich nicht viele leisten, selbst wenn sie sich für einen Gesundheitsberuf interessieren.
"Gesundheitsbonus" war zu mickrig
Um dem zunehmenden Mangel an Therapeuten entgegenzuwirken und diese Berufe attraktiver zu machen, soll durch Zuschüsse an die privaten Berufsfachschulen aus Steuermitteln künftig ein Schulgeld entbehrlich werden. So will es Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Im letzten Herbst kündigte Ministerpräsident Markus Söder im Landtagswahlkampf an, das Schulgeld für die Gesundheitsberufe werden entfallen, dank "Gesundheitsbonus".
Im Februar diesen Jahres brach heftige Kritik darüber aus, dass der in Aussicht gestellte "Gesundheitsbonus" bei weitem nicht die notwendigen Einnahmen decke, welche die Schulen bisher durch das Schulgeld erzielten. Nähmen sie aber den "Gesundheitsbonus" in Anspruch, dürften sie von den Schülern kein Geld mehr verlangen. Die Folge wäre gewesen, dass die Schulen auf den "Gesundheitsbonus" verzichten und weiter Schulgeld verlangen. Daraufhin besserte das Ministerium nach und stellte beim Bonus für 2019 zusätzlich 9,4 Millionen Euro und für 2010 weitere 9,6 Millionen Euro bereit. Dieser soll auch rückwirkend für das erste Schulhalbjahr 2018/19 ausbezahlt werden.
Was ist die "Verwaltungspauschale"?
Darauf verlassen sich private Berufsfachschulen in Bayern, wie etwas die Hans-Weinberger-Akademie (HWA) der Arbeiterwohlfahrt (AWO), die in Schweinfurt Physiotherapeuten ausbildet. Die HWA teilt mit, dank des gesetzlichen Schulgeldersatzes und der freiwilligen Leistungen des Freistaats im Rahmen des "Gesundheitsbonus" könne sie diese Ausbildung nunmehr schulgeldfrei anbieten, "sobald und solange von der Regierung die offizielle Zusage vorliegt und die entsprechende Zahlung angewiesen wurde". Verbleiben würden die Kosten der "Verwaltungspauschale" in Höhe von monatlich 70 Euro pro Schüler.
Die Schüler müssen also doch noch etwas bezahlen, das aber nicht Schulgeld heißt. Hat es diese "Verwaltungspauschale" vorher auch schon gegeben, soll sie die Differenz ausgleichen, die der "Gesundheitsbonus" nicht deckt? So ist es. "Wir haben keine komplette Kostendeckung", sagt auf Anfrage Schulleiterin Sybille von Beck. Bis ein künftiger "Gesundheitsbonus" das bisherige Schulgeld komplett deckt, dürfe mit dem Einverständnis des Kultusministeriums eine Verwaltungspauschale bis maximal 99 Euro im Monat erhoben werden. Für querfinanzierte Schulen im Klinikverbund etwa könne der "Gesundheitsbonus" ausreichend sein, für reine Privatschulen wie die HWA noch nicht. Sybille von Beck hofft für künftige Klassen auf echte Schulgeldfreiheit, wie von Minister Spahn versprochen.
Absolventen haben die Wahl
Die HWA bildet in Schweinfurt in der Robert-Koch-Straße 10 derzeit 64 angehende Physiotherapeuten in drei Klassen aus. Bisher war ein monatliches Schulgeld von 325 Euro zu bezahlen, zurzeit also noch die Verwaltungspauschale von 70 Euro. Die Abschaffung des Schulgeldes bei den Heilberufen durch die Politik soll vor allem den Therapeutenberuf attraktiver machen. Physiotherapeuten etwa würden händeringend gesucht, sagt auch die Schweinfurter HWA-Schulleiterin Sybille von Beck. Jeder ihrer Absolventen habe nach dem Abschluss im Durchschnitt die Auswahl unter drei freien Stellen.