Noch ist es eine große Baustelle, aber in zwei Jahren soll am Ellertshäuser See eine schmucke Ferienanlagemit 32 Eigentumswohnungen, Liegewiese, Grillplatz und Park stehen. Und wenn die Vision von Wolfgang Sarré Wirklichkeit wird, können die Besitzer der Ferienwohnungen ihre Gäste zum Übernachten in ein Baum- oder Erdhaus einquartieren.
Auf der Computeranimation ist dies alles schon zu sehen. Da flanieren diese Menschen bereits auf dem Gelände. In der Wirklichkeit aber muss man noch über Baumaterial und Erdhaufen stapfen und über Leitern die einzelnen Stockwerke der Wohnanlage erklimmen. Doch wenn man dann ganz oben steht, braucht man nicht viel Fantasie, um bei der traumhaften Aussicht auf den Ellertshäuser See diese Vision vor dem geistigen Auge entstehen zu lassen. Da würde man am liebsten jetzt schon im Liegestuhl auf dem Balkon diesen Ausblick genießen.
Doch Wolfgang Sarré hat keine Eile. „Ich mache mir keinen Stress.“ Auch wenn seit Bekanntwerden des Acht-Millionen-Euro-Projekts vor zwei Jahren der Baufortschritt nicht wirklich sichtbar ist, so wird tatsächlich feste gewerkelt. Der 70-jährige Investor schaut sogar täglich auf der Baustelle vorbei.
Neue Fundamente gebaut
Natürlich könnte das Projekt schon weiter gediehen sein. Aber als Wolfgang Sarré Ende 2015 das 15 000 Quadratmeter große Gelände mit dem „Haus der Begegnung“ von der Diakonie kaufte, ahnte er nicht, wieviel Hürden er bei der Verwirklichung seines Vorhabens zu überwinden haben wird. Der Gemeinderat hatte im September 2016 grünes Licht gegeben, im April 2017 lag die Genehmigung des Landratsamtes vor. Doch bei Baubeginn stellte sich heraus, dass das künftig drei- und vierstöckige Gebäude neue Fundamente braucht. Auch die Bausubstanz war mitunter mangelhaft, es mussten mehr Gebäudeteile als geplant abgerissen werden. Hinzu kamen die Forderungen der Genehmigungsbehörde nach Brandschutz- und Bodengutachten sowie Naturschutzauflagen. „Es kam halt eins zum anderen“, erklärt Sarré die Verzögerung.
Dabei wollte der Haßfurter Unternehmer ursprünglich seine „Vision“ gar nicht am Ellertshäuser See verwirklichen, sondern eine alte Mühle in Wettringen kaufen und diese zum Reitstall mit Ferienwohnanlage umbauen. Doch dann habe er einen Anruf von Bürgermeister Friedel Heckenlauer bekommen, dass er „was Besseres“ für ihn habe – die zum Verkauf stehende Freizeit- und Tagungsstätte der Diakonie am Ellertshäuser See. Das 1966 errichtete Gebäude war Anfang der 1980er-Jahre umgestaltet und vergrößert worden, aber nie so richtig in Schwung gekommen. Kontinuierlich gingen die Belegungszahlen zurück und sorgten für ein jährliches Defizit. Der hohe Sanierungsbedarf förderte schließlich die Verkaufsentscheidung.
Investor packt auch selbst mit an
Wolfgang Sarré schlug zu und erwarb nach einjährigen Verhandlungen mit der Diakonie das Premiumgrundstück am See mit dem darauf stehenden Gebäudekomplex. Für den 70-Jährigen, der gerade von einer 80-tägigen Weltreise mit seiner Ehefrau zurückgekommen ist, ist die Umsetzung des Projekts ein „Hobby“. Längst könnte sich der Gründer der Solarfirma Belectric in Kolitzheim und der Schweinfurter expert-Gruppe zur Ruhe setzen. Doch vom Rentnerdasein fühlt er sich weit entfernt. „Ich bin topfit.“ Dreimal wöchentlich geht er ins Fitnesscenter. Zum Beweis zeigt er seine gepackte Sporttasche im Kofferraum seines Autos.
Dass dem gelernten Einzelhandelskaufmann die Rolle des Bauherrn gefällt, ist nicht zu übersehen. Die Bauarbeiter kennt er alle beim Namen. Und wenn Not an Mann ist, packt Sarré selbst an und freut sich, dass „man sieht, was erschaffen wird“.
Tiefgarage noch nicht genehmigt
Noch sind aber nicht alle Hürden aus dem Weg geräumt. So hatte der Gemeinderat bei der Plangenehmigung die Zustimmung zu einer Tiefgarage mit Parkdeck verweigert, die Sarré im oberen Bereich hinter den Gebäuden bauen möchte. Jetzt müsse der Architekt neu planen. Auch die Zahl der Parkplätze möchte Sarré von 34 auf 70 verdoppeln, um den künftigen Besitzern der Eigentumswohnungen Besucherparkplätze zur Verfügung stellen zu können. Denn das Klientel, das Sarré ansprechen will, wird nicht aus der Region kommen. Im Blick hat er Großstädter aus Berlin, Hamburg oder Köln, die sich zur Erholung aufs Land zurückziehen wollen. Anfragen habe er schon.
Die Wohnungen werden zwischen 68 und 108 Quadratmeter groß und mit Küche, Bad, Schlaf- und Wohnraum ausgestattet sein. Jede Einheit hat einen eigenen Balkon. Die Wohnungsbesitzer können aber auch die öffentlichen Grünflächen der Wohnanlage nutzen, im Kaufpreis ist ein Anteil von 300 bis 400 Quadratmetern enthalten. Alle Einrichtungen sollen barrierefrei erreichbar sein. So kann man ebenerdig von der Tiefgarage – wenn sie denn genehmigt wird – den Laubengang zu den Wohnungen im Untergeschoss und den Aufzug in die Obergeschosse erreichen. Das Verwaltungsgebäude soll neben der Wohnanlage errichtet werden. Auch Garagen und Unterstellmöglichkeiten für die Geräte zur Pflege des Geländes sind vorgesehen.
Wenn das alles verwirklicht ist, könnte es weitergehen. Denn Wolfgang Sarré hat noch eine Vision. Er möchte auch das dahinterliegende gemeindliche Grundstück kaufen und auf den 8000 Quadratmetern doppelreihig 14 Ferienhäuser errichten. Die Gemeinde wäre verkaufsbereit, sagt Sarré. Nur mit dem Preis ist man sich noch nicht handelseinig.