
Die letzte Sage in der Serie "Schauergeschichten aus der Region" führt in eine sehr leidvolle Zeit unseres Landstrichs. Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) mussten die Dorfbewohner in Franken Unvorstellbares erleiden. Viele verloren Hab und Gut, ihre Familie, ihr Leben. Besonders im grausigen "Schwedischen Krieg".
In den Oktobertagen des Jahres 1631 zogen die Truppen des schwedischen Königs Gustav Adolf durch den heutigen Landkreis Schweinfurt. Am 12. Oktober wurde Schweinfurt besetzt. Kurz darauf sollte das altehrwürdige Augustinerchorherrenstift Heidenfeld eingenommen werden.
Genau an jenem Tag brach in Röthlein ein verheerender Brand aus und setzte das Dorf in Schutt und Asche. Die Röthleiner fassten voller Mut den Entschluss, ihren Ort wieder aufzubauen. Da sie dafür dringend Geld brauchten, gingen sie nach Grafenrheinfeld zum dortigen Amtsvogt des Domkapitels. Ihm verpfändeten sie ihren wertvollen Wald, um wenigstens bescheiden über die Runden zu kommen.
Ein alter Tauschhandel wird am Ende des Krieges wiederentdeckt
Die Dorfherrschaft über das ehemalige Königsgut Grafenrheinfeld hatte seit dem 12. Jahrhundert das Domkapitel zu Würzburg inne, immerhin bis zur Säkularisation im Jahre 1803. Das Jahr 1631 war auch für die "Rafelder" nicht einfach. Mussten sie doch genauso wie die umliegenden katholischen Dörfer für die Verpflegung der schwedischen Truppen in der Stadt Schweinfurt aufkommen.
Trotzdem liehen sie den Röthleiner Bittstellern das erbetene Geld gegen das Waldpfand des Elmuß. Als der Dreißigjährige Krieg mit dem Westfälischen Frieden 1648 sein Ende fand, erfuhr ein Röthleiner Schultheiß von dem alten Tauschhandel. Es waren immerhin schon 17 Jahre vergangen.
In Grafenrheinfeld wollte man von dem Pfandvertrag nichts mehr wissen
Schnurstracks ging er noch am selben Tag in die Grafenrheinfelder Amtsvogtei und forderte den uralten Besitz Röthleins zurück, so die Sage. Nur konnte man sich dort nicht an einen Pfandvertrag erinnern. Ganz im Gegenteil: Der domkapitelische Amtsvogt behauptete allen Ernstes, dass das Elmuß seit "ur und ewig" zu Grafenrheinfeld gehöre.
Der Röthleiner Schultheiß trug seinen Plan zur Wahrheitsfindung vor: Jeweils der älteste Siebener (Feldgeschworene) beider Dörfer solle einen Schwur leisten – und nach diesem Schwur das Gericht ein Urteil fällen, wem das Elmuß zugehörig sei. Keine schlechte Idee. Jedenfalls erklärten sich beide Streitparteien mit diesem Vorgehen einverstanden.
Ein Treffen und eine List auf beiden Seiten entscheidet die Debatte
Man traf sich darum am nächsten Tag am Eschensee, beim "Streitobjekt Elmuß", um Gericht zu halten. Im Hintergrund liefen angeblich vor dem Termin heimliche Absprachen. Amtsvogt und Schultheiß Grafenrheinfelds bestachen die beiden Siebener mit 30 Gulden. Sie sollten zu Gunsten Rafelds aussagen. Der Grafenrheinfelder Siebener mit Rafelder Erde im Schuh, der Röthleiner Siebener mit einem Schöpflöffel unter seinem Hut.
Die Stunde der (Un-)Wahrheit war gekommen: Der Grafenrheinfelder hob seine Schwurhand und sagte: "So war ich steh auf Raflds Boden." Der Röthleiner tat es ihm gleich und sprach: "Und über mir der Schöpfer oben." Dem nicht genug riefen sie zusammen aus: "So wahr gehört dieser Wald hier nur zu Grafenrheinfelds weiter Flur." Nach diesen "Zeugenaussagen" sprach das Gericht das Elmuß den Grafenrheinfeldern als immerwährendes Eigentum zu.
Bis heute sollen die Siebener keine Ruhe finden und nachts durch den Auenwald irren
Die beiden Siebener erkrankten schon bald darauf jedoch schwer und starben. Bis heute – so die Sage – finden sie keine Ruhe in ihrem Grab. Des Nachts müssen sie weiterhin als Elmußgeister durch den wunderschönen Auenwald bei Röthlein umherirren. Ihre ewige Ruhe sollen sie erst finden, wenn das Elmuß wieder zu Röthlein gehört.