„Wer ein Schiff tauft, sollte kein grünes Kleid tragen und keine roten Haare haben, das ruft den Klabautermann auf den Plan“, so Jürgen Rehl, seines Zeichens Geschäftsführer der Erik Walther GmbH & Co. KG. So gesehen stand die Taufe der beiden neuen Schiffe „Marie Luise“ und „Erik Walther“ der Mineralölhandelsgesellschaft im Schweinfurter Hafenbecken unter günstigen Vorzeichen, denn weit und breit waren bei den beiden Taufpaten weder Grün noch Rot auszumachen. Lina Schlotter und Zion Esser, beide Urenkel des Firmengründers, der in den 30er-Jahren mit einem Mineralölhandel startete und der, so sein Urenkel, mittlerweile 106 Jahre alt wäre, übernahmen es, die Schampus-Flaschen mit „Schmackes“ gegen den jeweiligen Schiffsrumpf zu schmettern.
„Eine Schiffstaufe zu unterlassen, ist ein schlechtes Omen“, hatte Rehl zuvor betont. Prominentes Beispiel dafür ist die „Titanic“. Die galt als unsinkbar, weshalb man glaubte auf eine Taufe verzichten zu können – sie sank auf der Jungfernfahrt.
Getauft wurde die „Marie Luise“, ein Tankschubleichter (TSL), der von einem Tankmotorschiff, wie der „Thüringen“ geschoben wird. 84 Meter lang und 11,40 Meter breit ist das Schiff und es fasst 1822 Tonnen Mineralöl. Benannt ist das Schiff nach der verstorbenen Schwester Marie Luise Linsner der beiden weiteren Töchter des Firmengründers, Antje Fücks und Uta Kossendey. Gebaut bereits 2012 auf der Erlenbacher Schiffswerft, wurde es höchste Zeit für die Taufe der „Marie Luise“.
Unterwegs auf der ARA-Route
Das Tankmotorschiff „Erik Walther“, das den Namen des Firmengründers trägt, ist knapp 110 Meter lang, 11,43 Meter breit und weist eine Tonnage von 2150 Tonnen auf. Zwei Motoren – 1600 und 534 PS sorgen für den nötigen Schwung. Der „Körper“ wurde auf der Werft Turnu Severin in Rumänien gebaut. Anschließend wurde das Schiff in die Niederlande geschleppt, wo auf der TeamCo Werft in Heusden die Technik und die Wohnungen der Besatzung eingebaut wurden. Nach 16 Monaten war das Schiff fertig. Rotterdam, Antwerpen, Amsterdam oder auch mal Bottrop – das sind die Ziele, die diese Schiffe anlaufen werden, um von dort Mineralöle, Heizöl, Diesel oder Benzin in die Hochtanklager im Hafen und damit in die Region zu bringen, berichtet Schiffsführer Frank Krüger. Der Schiffsführer ist sozusagen der Kapitän auf so einem Tankmotorschiff, auch wenn dieser Titel auf solchen Schiffen nicht verwendet wird.
Länger als eine Woche ist man jeweils unterwegs, um von den Mineralölumschlagplätzen Europas die Kraftstoffe nach Schweinfurt zu bringen. Mit dem TMS „Thüringen“ (Baujahr 1992) und dem TMS „Friedrich Rückert“ (Baujahr 1988) hat die Walther GmbH zwei weitere Tankmotorschiffe, alle mit Doppelhülle und in ähnlicher Größenordnung, im Einsatz, um Kraftstoffe für die über 80 eigenen Tankstellen und im Kundenauftrag zu transportieren.
Eingebettet war die Taufe in ein großes Fest mit Live-Musik und Catering, zu dem auch Oberbürgermeister Sebastian Remelé, Stadträte und zahlreiche Ehrengäste eingeladen waren. Sie alle wurden von Antje Fücks im Hafenbecken begrüßt. Fücks, die Tochter des Firmengründers, ist Geschäftsführerin der Walther Verwaltungs GmbH, die die Schiffe zur Verfügung stellt.
Erste große Schiffstaufe der Amtszeit
Remelé gestand, dass dies die erste große Schiffstaufe seiner Amtszeit sei, ein Ereignis, dass ein Stückchen große weite Welt vermittle. Der OB lobte die erfolgreiche Arbeit des Unternehmens, die der Stadt nicht nur Gewerbesteuer bringe, sondern auch 185 Arbeitsplätze sichere.
„Das einwandige Tankmotorschiff Bayernland umzubauen und mit einer Doppelhülle zu versehen wäre ein Option gewesen, hätte sich aber letztlich nicht rentiert.“ So begründete Geschäftsführer Jürgen Rehl die Entscheidung für den Neubau eines Schiffes vom Typ „Moneymaker“. Ein Schiff modernster Prägung, so ruhen zum Beispiel die Unterkünfte der Besatzung auf elastischen Schwimmelementen, um möglichst viel Komfort an Bord zu bieten. Die „Bayernland“ wurde inzwischen verschrottet. Die „Erik Walther“ ist seit März im Dienst, hat also auch schon ihre Feuertaufe bestanden. Unterwegs auf der Rhein-Main-Route oder auch „ARA-Route“, was für Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen steht, hat sich das Schiff bereits in jeder Hinsicht bewährt.
Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel
„In Afrika nehmen sie Palmwein, in Schottland Whisky“, hatte Jürgen Rehl zuvor in seiner kleinen Historie der Schiffstaufen berichtet. In Schweinfurt hielt man die Tradition der Schampus-Taufe aufrecht. Mit einem dreifachen „Hipp, Hipp, Hurra“ und dem Wunsch „Möge das Schiff immer eine handbreit Wasser unter dem Kiel haben“, wurde die Zeremonie vollzogen. Der Klabautermann, der hin und wieder auch im Süßwasser gesichtet wird, hat also keine Chance mehr auf diesen Schiffen Unheil anzurichten.