
Kann der Verein der Lebenshilfe Schweinfurt sein Führungsdilemma loswerden? Bei der Mitgliederversammlung am Donnerstag, 14. November, in der Lebenshilfe-Werkstatt in Sennfeld sollen die vier vakanten Vorstandsposten nachbesetzt werden. Damit könnte die Vereinsführung nach Monaten der Handlungsunfähigkeit wieder im Normalmodus arbeiten. Dennoch herrscht weiter Unruhe.
Ob die Ämter des Vorsitzenden und von drei Beisitzern besetzt werden können und wer kandidiert, ist angesichts der zurückliegenden Ereignisse offen. Zumal es einen brisanten Antrag für die Mitgliederversammlung gibt.
Vier Rücktritte zu Beginn des Jahres 2024
Entstanden waren die Vakanzen, nachdem Vorsitzender Stefan Menz im Januar und drei Beisitzer im April ihre Posten aufgegeben haben. Seit dem 7. April besteht der stimmberechtigte Vorstandsteil nur noch aus dem amtierenden Vorsitzenden Konrad Schneider, der gewählten Beisitzerin Heike Breitenbach und dem Delegierten Stefan Seufert von der Lebenshilfe Hammelburg, die mit der Schweinfurter Lebenshilfe verbunden ist. Doch mit drei statt sieben Stimmberechtigten ist der Vorstand nicht beschlussfähig.
Diese Beschlussunfähigkeit führte der Rumpfvorstand in der Vergangenheit ins Feld, weswegen er keine Nach- oder Neuwahlen einleiten könne, obwohl er dazu aus dem Kreis der Mitglieder und der Beschäftigten mehrfach aufgefordert worden war. Stattdessen setzte das Dreier-Gremium darauf, vom zuständigen Registergericht Schweinfurt einen Notvorstand bilden zu lassen. Für weitere Vorstandsposten waren der ehemalige Diakonie-Chef Jochen Keßler-Rosa und die Landtagsabgeordnete Martina Gießübel (CSU) auserkoren.
Doch das Registergericht sah dazu keine Notwendigkeit, weswegen der Lebenshilfe-Vorstand Beschwerde beim Oberlandesgericht Bamberg einlegte. Letzteres kam im August zum gleichen Schluss wie die Schweinfurter Juristen und machten in ihrer Begründung, die der Redaktion vorliegt, deutlich: Nach der Satzung der Lebenshilfe und der geltenden Rechtslage brauche es keinen Vorstandsbeschluss für eine Wahlversammlung. Es genüge, wenn der amtierende Vorsitzende und eine weitere Person aus dem Vorstand dazu einlade. Dem ist der Rumpfvorstand nun nachgekommen, weswegen die Nachwahlen des Vorsitzenden und dreier Beisitzer auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlung am 14. November steht.
Hitziger Informationsabend im Oktober mit den Mitgliedern
Die Sitzung dürfte in zweierlei Hinsicht brisant werden. Denn im Nachklang der Berichterstattung dieser Redaktion über die Führungskrise bei der Lebenshilfe und offenbar auf Druck aus der Mitgliederschaft hat der Vorstand im Oktober eine Informationsveranstaltung angeboten, zu der nach Information aus dem Teilnehmerkreis 70 Personen zusammengekommen sind und bei der mehrere Stunden zum Teil hitzig und emotional diskutiert worden sein soll.
Vor der Veranstaltung hatten die drei zurückgetretenen Beisitzer einen Flyer an die Teilnehmenden ausgeteilt, in dem sie ihre Beweggründe erläutern. Dabei nennen sie unter anderem "aggressives Auftreten, Beleidigungen, Demütigungen und fehlendes Demokratieverständnis bei Vorstandssitzungen". Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich gewesen. Dem Rumpfvorstand sagt man "Machtstreben" nach. Nach Aufforderung haben sich nach Informationen der Redaktion die Drei sowie Ex-Vorsitzender Stefan Menz auch in der Versammlung über ihre Rücktrittsgründe geäußert.
Rumpfvorstand der Lebenshilfe weist die Vorwürfe zurück
Im Fokus der Kritik, auch in Gesprächen mit ehemaligen Vorstandsmitgliedern mit der Redaktion, steht der Hammelburger Delegierte Stefan Seufert. In einem Schreiben an die Mitglieder hat der amtierende Vorsitzende Konrad Schneider im August Vorwürfe gegenüber Seufert zurückgewiesen. Ebenso sei der Eindruck falsch, die Lebenshilfe stecke in einer Krise und der Großteil der Beschäftigten sei verunsichert.
In der Informationsveranstaltung sollen auch Briefe zur Sprache gekommen sein, die Schneider an die zurückgetretenen Beisitzer verschickt hat. Einer liegt der Redaktion vor. Darin wirft er den Zurückgetretenen vor, bewusst die Beschlussunfähigkeit des Vorstands herbeigeführt zu haben, weil sie alle am selben Tag ihre Ämter aufgegeben haben. Dabei brachte Schneider Schadensersatzpflichten und mögliche rechtliche Schritte ins Spiel.
Antrag auf Ausschluss des Vorstandsmitglieds Stefan Seufert
Gegen Seufert richtet sich auch ein Antrag eines Mitglieds für die anstehende Mitgliederversammlung. Danach sollen nicht die vier offenen Positionen besetzt, sondern der komplette Vorstand neu gewählt werden. Zudem soll der Hammelburger Delegierte aus dem Vorstand ausgeschlossen werden und der Partnerverein einen anderen Abgesandten benennen. Unklar ist, ob ein solches Ansinnen mit der Vereinssatzung der Lebenshilfe vereinbar ist.
Ein weiterer Antrag plädiert dafür, die Wahlen nicht am Ende, sondern zu Beginn der Versammlung durchzuführen. Bevor die Mitglieder über den Etat, die Rückabwicklung der gegründeten GmbHs und eine Strukturänderung diskutieren.