Das Rückert-Dorf hat sich rausgeputzt für die Eröffnung des neuen Poetikums, mitten im Ort im ehemaligen alten Rathaus. Und als hätte der vor 151 Jahren gestorbene Weltpoet im Himmel die Fäden gezogen, strahlte die Sonne vom blauen Firmament zur Einweihung eines wahrlich besonderen Gebäudes in der 760-Einwohner-Gemeinde Oberlauringen. Mehrere hundert Besucher kamen und streiften durch das neue Museum, ließen sich im Rückert-Garten orientalische Geschichten erzählen und staunten über das Kamel auf der Hauptstraße, das da gemütlich vorbei schlurfte.
Herausragender Tag für Stadtlauringen
Fürwahr, der Sonntag war ein „herausragender Tag für die Gemeinde“, wie Stadtlauringens Bürgermeister Friedel Heckenlauer sichtlich gut gelaunt fest stellte.
Zu Recht stellte Heckenlauer in seiner Rede auch die Bürger Oberlauringens in den Mittelpunkt, denn diese hatten vor acht Jahren, als die Gemeinde ihnen anbot, gemeinsam die Zukunft zu entwickeln und Oberlauringen zum Rückert-Themendorf zu machen, Ja gesagt zu Idee und Konzept. „Die Menschen hier fragen nicht, was ihnen die Gemeinde geben kann, sondern sie bringen sich ein“, freute sich Heckenlauer.
Großes Bürger-Engagement
Nur durch dieses überdurchschnittliche ehrenamtliche Engagement war es in den letzten Jahren möglich, einen Rückert-Weg, einen Rückert-Garten, die Rückert-Herberge zu etablieren. Einige Bürger haben sogar an ihre Hausfassaden Rückert-Verse geschrieben oder in ihren Vorgärten Schilder mit Versen aufgestellt. Nun das Poetikum. Dieses einzigartige Kleinod von einem Museum, in dem auf Basis der Rückertschen Gedichte „Erinnerungen aus den Kinderjahren eines Dorfamtmannsohns“ aus dem Jahr 1829 die Lebensumstände des Weltpoeten – er wuchs zwischen 1792 und 1802 in Oberlauringen auf – und sein gesamter dichterischer Kosmos auf moderne multimediale Weise dargestellt werden, ist auch von ehrenamtlichem Engagement abhängig.
Dafür ist der Friedrich Rückert Arbeitskreis zuständig, der 15 Helferinnen und Helfer hat, die sich museumspädagogisch fortbilden, um Besucher zwischen dem 1. Mai und dem 31. Oktober an Sonn- und Feiertagen durch die Ausstellung führen.
Den Bürgern ist es wichtig
Das Besondere ist die persönliche Verbundenheit mit Friedrich Rückert, die auch der Arbeitskreis-Sprecher Klaus Derleder bewundert. „Es gab früher in Oberlauringen einen Lehrer bis in die 1970er Jahre, der hat den Schülern Rückert eingebleut“, erzählt Derleder. „Die Generation 60-Plus ist also von Rückert infiziert und sie tauchen in ihre Jugend ein, wenn sie hier im Museum erzählen, das macht sicher einen Teil ihrer Faszination für Rückert aus.“ Als es darum ging, wer das Museum später einmal betreiben, es mit Leben füllen soll durch Führungen und Vorträge von Schulklassen bis Seniorengruppen, da mussten die Arbeitskreis-Mitglieder nicht lange überlegen. Und als sie gefragt wurden, ob sie vielleicht das eine oder andere Bild oder Gebrauchsgegenstand für die Ausstellung hätten, da eilten alle sofort in ihre Häuser, Keller und Dachböden und brachten wahre Schätze mit. Wie zum Beispiel das Gedicht „Ende August 51“, von Rückert selbst geschrieben, in einem Rahmen gefasst, das eine Oberlauringer Bürgerin viele Jahre bei sich zu Hause hängen hatte. Es wurde 1958 von der Stadt Schweinfurt der Oberlauringer Friedrich-Rückert-Schule zur Eröffnung gestiftet und wäre später beinahe verloren gegangen.
Unter den zahlreichen Ehrengästen aus der Politik brachte es Landrat Florian Töpper (SPD) am besten auf den Punkt: „Das Poetikum ist ein Leuchtturm, weil das Thema Rückert so tief im Dorf verwurzelt ist und die Struktur des Projektes die Bürger mitgenommen hat.“
Das Friedrich Rückert Poetikum in Oberlauringen ist zwischen dem 1. Mai und dem 31. Oktober immer sonntags und an Feiertagen von 13 bis 17 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. Weitere Öffnungszeiten für Gruppen auf Anfrage bei der Gemeinde unter info@stadtlauringen.de bzw. Tel. (0 97 24) 91 040.