Kann da eigentlich jeder rein? Die Frage kommt oft, wenn man erzählt, dass man im Rotkreuzladen ein nettes Schnäppchen gemacht hat. Die Antwort: Ja, in die drei Läden, die das Rote Kreuz in Schweinfurt unterhält(Obere Straße, Berliner Platz, Friedrich-Stein-Straße/Ecke Gabelsbergerstraße), kann jeder rein. Zum Einkaufen und zum Abgeben. Täglich kommen in die Friedrich-Stein-Straße und zum Laden am Marktplatz an die 90 Kunden und zum Bergl zirka 45.
Nagelneue Sachen, kaum Gebrauchtes, Sachen aus Haushaltsauflösungen oder Dinge, die man endlich mal aus dem Keller nimmt, weil man sie nie mehr benutzen wird: Die Gläser von der Oma, die Bräter und Pfannen, die man nicht mehr braucht, die Kleider, in die man nie wieder reinpassen wird. Das geht durch die Hände von Sabine Ruß und ihrem Team aus Ehrenamtlichen und einer 400-Euro-Kraft.
Es kommt aber auch vor, dass jemand einen Sack mit Sachen vorbeibringt, die nicht zu verwenden sind. "Von nagelneu bis Nase zu und weg", beschreibt Sabine Ruß die Bandbreite. Nicht jedem Spender ist offenbar klar, dass die Ehrenamtlichen, 30 sind es im Laden in der Oberen Straße, die Säcke aufmachen, durchschauen müssen.
Für Waschen ist weder Zeit noch Platz
Was verdreckt ist, fliegt durchs Raster. Gewaschen kann hier nichts werden, bevor es in den Verkauf geht. Dafür ist weder Zeit noch Platz. Im ehemaligen Friseursalon am Marktplatzeck ist eh jeder Zentimeter genutzt. Hinten wird sortiert, ausgezeichnet, gelagert, vorne hängen die Kleider aus, werden die Haushaltsgegenstände präsentiert, die Schuhe und Taschen arrangiert. Und das Schaufenster wird auch regelmäßig umdekoriert.
Jeder Artikel wird nach einem festen System ausgezeichnet, sagt Sabine Ruß. Damit ist dann auch klar: Es wird nicht gehandelt. Zweite goldene Regel: Kein Umtausch. Das würde die Kapazitäten sprengen. Ein Herren-Mantel kostet zwischen 12 und 15 Euro, einen Damenhose sechs Euro, Schuhe drei bis sechs Euro, Bettwäsche fünf Euro. Wer einen Sozialausweis, einen Tafelschein, einen Wohngeldbescheid hat oder BAföG bezieht, bekommt die Sachen für die Hälfte. Bei der Auszeichnung wird auch vermerkt, wann der Artikel zum Verkauf gebracht wurde. Es soll ja keine Ladenhüter geben, außerdem kommt ständig neues Material. Unverkaufte Sachen gehen nach vier Wochen in der Regel ins Ankerzentrum.
Ehrenamtliche schmeißen die Läden
Ohne die Ehrenamtlichen würde der Laden nicht laufen. Sabine Ruß ist stolz auf das Team, das vorne an der Kasse steht, sortiert, die Regale auffüllt, nach dem Rechten schaut, hinten sortiert und auszeichnet. Bevor die Kunden kommen, nachdem sie gehen, wird aufgeräumt und geputzt, und den Müll muss auch jemand verpacken und wegbringen. "Ich brauch kein Fitness-Studio ", sagt Sabine Ruß. Wer sie kennt, weiß, dass sie alles mit Leib und Seele macht. Deswegen hört es sich auch nicht übertrieben an, wenn sie sagt: "Der Laden ist meine dritte Familie. Nach meiner Familie und der Wasserwacht." Und der Laden in der Oberen Straße ist "ihr Baby", der war nämlich der erste, der eröffnet wurde.
Die Läden sind aber nicht nur Orte zum Einkaufen, sondern auch Treffpunkt, beobachtet Ruß. Stammkunden kommen auch gerne mal so vorbei, um ein bisschen zu reden. Oft stehen schon Leute früh vor der Tür, warten darauf, dass aufgemacht wird. "Wir sind schon ein bisschen eine Anlaufstelle."
Manchmal ist es stressig, manchmal gibt es auch schon mal Streit zwischen Leuten, die das gleiche Teil haben wollen, oder jemand lässt seinen Ärger am Team aus. Das scheint die Truppe zusammenzuschweißen. "Ich hab ganz viel von meinen Kunden und meinen Damen gelernt", sagt Sabine Ruß. "Der Laden hier bereichert unser aller Leben, man bekommt einen ganz anderen Einblick." Dafür ist sie dankbar.
In die Läden komme viele Leute, die wenig Geld haben und günstig Kleidung einkaufen wollen. Es kommen aber auch Schnäppchenjäger, Modebewusste, oder Leute, die zum Beispiel für eine Party ein bestimmtes Outfit brauchen. Abendkleider gibt's hier, Brautkleider, Badeanzüge. Und Handtaschen aus einer Haushaltsauflösung können schon wieder schick und angesagt sein. Sabine Ruß wundert sich manchmal, was sofort weggeht. Sie erinnert sich an eine rote Paillettenjacke, die ruckzuck verkauft war. Geschmäcker sind verschieden. Man darf nicht von sich auf andere schließen, hat sie gelernt. Devise beim Sortieren: "Wir schauen uns den Zustand der Sachen an. Über Geschmack wird nicht diskutiert."
Was wünscht sich Sabine Ruß? Da muss sie nicht lange überlegen. Dass die Leute nicht mehr außerhalb der Öffnungszeiten Sachen vor die Tür legen. Oft werden die Säcke dann aufgemacht, die Sachen verstreut. Bei Regen wird alles nass, muss viel weggeworfen werden. Außerdem geht die Ladentüre am Geschäft in der Oberen Straße nach außen auf. Oft hat sie Mühe, die Tür aufzumachen. Außerdem könnte Sie noch Helfer für den Laden am Bergl, am Berliner Platz, brauchen. Und für ihre Läden: Geschirr, Töpfe, Besteck. "Sachen des täglichen Lebens."
Die Läden müssen sich übrigens selbst tragen. Was übrig bleibt, fließt in verschiedene Projekte des Roten Kreuzes. Alle sind hinter der Kasse aufgelistet. Wer hier was abgibt, räumt nicht nur auf bei sich, er unterstützt auch soziale Projekte. Und sorgt auch für ein Stück Nachhaltigkeit, sagt Sabine Ruß. Das ist ihr sehr wichtig.
Die Öffnungszeiten der Läden: Bergl, Berliner Platz 2: Mittwoch und Samstag geschlossen, sonst 11 bis 16 Uhr. Friedrich-Stein-Straße, Gabelsbergerstraße 2: Montag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, Samstag geschlossen. Obere Straße 2: Montag bis Freitag 10 bis 17 Uhr, Samstag 10 bis 14 Uhr. Sonntags sind die Läden geschlossen. Textilien und Schuhe können in Säcke verpackt jederzeit im Kleiderhäuschen oder im Metallcontainer in der Gorch-Fock-Straße 15 eingeworfen werden.