Auf dem alten Riehlshof in Herlheim ist es heiß. 28 Grad Celsius zeigt das Thermometer am Donnerstagnachmittag. Für neun junge Menschen ist die Arbeit auf dem historischen Hof kein Zuckerschlecken. Doch das Vermischen von Lehmbatzen mit Wasser und Stroh sorgt für eine willkommene Abkühlung. Im Wohnstallhaus ist ein angenehmes Klima. Innerhalb von drei Tagen erhält der alte Stall des Anwesens eine neue Lehmdecke nach historischem Vorbild. Die eifrigen Handwerker gehören zu einer Gruppe von jungen Leuten aus ganz Bayern, die ein freiwilliges soziales Jahr in der Denkmalpflege über die Jugendbauhütte Regensburg ableisten.
"Das Kneten des Lehms macht richtig Spaß, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat", erzählt Lara-Marie Christ und holt einen matschigen Batzen aus dem großen Bottich. Die 18-jährige Realschülerin aus München beginnt ab September eine Ausbildung zur Kirchenmalerin. Das freiwillige soziale Jahr (FSJ) habe sie weiter gebracht auf dem Weg zu einer Entscheidung für ihre Zukunft, schildert sie. Ihr Haupt-Einsatzort der vergangenen zwölf Monate war das Kloster Benediktbeuern, das wieder neu hergerichtet wird.
Arbeiten mit Lehm
"Mit Lehm zu arbeiten ist angenehm und erfrischend", sagt ihre Kollegin Katrin Betz. Die 19-Jährige aus Nürnberg ist mit Elan dabei, im kühlen Stall einen Lehmwickel für die Holzbalken in der Stalldecke zu basteln. Mit dem Werkstoff arbeitet sie zum ersten Mal. Eine tolle neue Erfahrung, meint sie. Überhaupt findet sie es gut, alte handwerkliche Methoden auch im heutigen Wohnhausbau wieder anzuwenden. Nach dem Abitur kam sie auf die Idee, ein FSJ-Jahr in der Denkmalpflege zu starten. Sie liebt handwerkliche Tätigkeiten und "Altes erhalten" ganz besonders. Nach den Sommerferien wird sie ein Studium für das Grundschullehramt beginnen. "Auch in der Grundschule kann man das handwerklich Gelernte gut weitervermitteln", erklärt sie.
Arbeitseinsatz wegen Corona-Pandemie verschoben
Matthias Braun, der Vorsitzende der Interessengemeinschaft für Bauwerkerhalt, die das Riehlshof-Projekt initiierte und begleitet, zeigt sich begeistert vom Engagement seiner Helfer: "Diese Arbeit bringt uns wieder einen Schritt bei der Sanierung des Wohnstallhauses weiter." Eigentlich war der Einsatz der FSJ-ler schon im April geplant. Aufgrund der Corona-Pandemie musste er auf Juli verschoben werden. Mit Bewunderung verfolgt Braun täglich, wie die Lehmwickeldecken nach altem Muster wieder hergestellt werden. Im vergangenen Jahr hatte man Starkhölzer zur Stabilisierung in die Decke eingebracht, um sie jetzt mit Lehmgemisch zu vermitteln. "So hat man bis 1920 die Deckenfelder hergestellt, egal ob in einem Bauernhaus oder in einem Schloss", weiß Braun.
Das Lehmmaterial hat er aus zwei Abbruchhäusern ausgebaut und beigeschafft. "Dieser Baustoff kann nämlich immer wieder verwertet werden." Auch in Baugruben sei verwertbarer Lehm zu finden, "also direkt vor unserer Haustür". Lehm habe den Vorteil, dass er viel Feuchtigkeit aufnimmt und sie auch wieder abgibt. "Das ergibt in den Räumen eine Gleichgewichtsfeuchte von 55 Prozent, was sehr angenehm für den Menschen ist", so Braun. Er dankt dem örtlichen Sportverein, der die Duschen im Sportheim für die Lehmhandwerker zur Verfügung stellte.
Hoher Frauenanteil im Handwerk
Sechs Frauen und drei Männer bilden die FSJ-Gruppe in diesem Jahr. Diese Entwicklung mit einer hohen Frauenquote im Handwerk hat Stefan Aichner, der Leiter der Jugendbauhütte Regensburg, in den letzten Jahren festgestellt. Auch im neuen FSJ ab 1. September sei der Frauenanteil sehr hoch. Einige Plätze seien noch frei. Einsatzgebiete der FSJler seien Handwerk allgemein, Restaurierung, Archäologie und museale Tätigkeiten. Mit Blick auf die Zukunft der jungen Leute erläutert Aichner, dass ein kleiner Teil dem Handwerk treu bleibt. Der Großteil strebe ein Studium in der Denkmalpflege an.
Das quirlige Treiben auf dem Riehlshof beobachtet auch Barbara Stüdlein aus Röthlein. Die Architektin vom Kuratorium der Stadtbaumeister ist beeindruckt vom Engagement der jungen Handwerker. "Das ist bewundernswert, eine gute Grundlage für einen späteren Beruf." Schon bei ihrem Eintreffen sei ihr der hohe Frauenanteil aufgefallen. "Die Frauenquote ist hier absolut erfüllt", lacht sie und widmet sich wieder den Stallbaumeistern zu.