Es ist die große Angst der kleinen Gemeinden, abgehängt zu werden. Die Bürgermeisterin von Oberelsbach, Birgit Erb, sprach sie aus, bei der Sitzung des Planungsausschusses des Regionalen Planungsverbands Main-Rhön am Freitag im Landratsamt Schweinfurt. Dort präsentierte Stefanie Mattern von der Regierung von Unterfranken die Ergebnisse des Gutachtens zur Sicherung der Daseinsvorsorge, das Grundlage bei der Aktualisierung des Regionalplans sein wird.
Laut Gutachten werden einige Kommunen künftig ihren Status als zentraler Ort verlieren. Im Landkreis Schweinfurt sind das Wasserlosen und Schwanfeld, im Landkreis Bad Kissingen Wildflecken und Zeitlofs, in den Haßbergen Maroldsweisach, Königsberg und Rauhenebrach und in Rhöngrabfeld die Gemeinden Fladungen, Oberelsbach, Unsleben und Saal.
Für die Kleinzentren Bad Bocklet, Burkardroth und Oberthulba sowie Maßbach und Stadtlauringen sehen die Gutachter zumindest noch die Option durch Kooperation den Status als zentraler Ort der Grundversorgung zu erhalten.
Ungeschoren kommen Elfershausen/Euerdorf, Ebelsbach, Gochsheim, Knetzgau, Schonungen, Schwebheim und Zeil davon. Hier schlagen die Gutachter auch künftig eine unveränderte Einstufung als Grundzentrum vor.
Dazugewinnen werden Bergrheinfeld, Grafenrheinfeld und Niederwerrn als neu ausgewiesene Grundzentren. Bischofsheim, Eltmann, Hofheim, Münnerstadt, Oerlenbach, Ostheim, Sennfeld und Werneck bekommen als Grundzentrum sogar den Zusatz "räumliche Erweiterung des Nahbereichs".
Teil der Neustrukturierung ist Gleichbehandlung der gesamten Region
"Ich sehe diese Entwicklung mit Sorge", sagte Bürgermeisterin Erb. Sie befürchtet eine weitere Zentralisierung in den urbanen Bereich und damit eine Schwächung der ländlichen Regionen. Genau das aber soll die Neustrukturierung verhindern, betonte Verbandsvorsitzender Landrat Thomas Bold (Bad Kissingen). Denn sie lenke den Blick gerade auf die problematischen Bereiche der Region, so dass man Entwicklungen anstoßen und begleiten könne. "Nur wenn man ehrlich bewertet, sieht man auch die Potenziale und den Bedarf." Ziel der Neustrukturierung sei eine Gleichbehandlung über die gesamte Region hinweg.
Rhön-Grabfelds Landrat Thomas Habermann erkennt ganz andere Probleme, als den Verlust des Prädikats "zentraler Ort". Er sieht die Gefahr, dass der Zug an der gesamten Region vorbeifährt und "dass unser Raum künftig nur noch Dienstleister und Lieferant für die Ballungszentren ist". Das Gutachten bilde nur den Istzustand ab, ökologische Kriterien, die Themen Energie und Mobilität sowie die Digitalisierung seien nicht berücksichtigt, aber entscheidend dafür, wie die dünn besiedelten Räume im Wettbewerb gehalten werden können. "Die Probleme finden auf ganz anderen Spielfeldern statt", blickt Habermann sorgenvoll in die Zukunft.
"Es ist ein Spagat, den wir machen müssen", räumte Verbandsvorsitzender Thomas Bold ein. Das Festlegen der Rahmenbedingung sei als erster Schritt aber nötig, um handlungsfähig bleiben zu können. Aus seiner Sicht ist der Vorschlag der Gutachter ausgewogen und gelungen. Dem stimmte am Ende auch das gesamte Gremium zu. Auf Grundlage des Entwurfs erfolgen nun die Beteiligungsverfahren mit den Kommunen.
Große Diskrepanz zwischen Plan und Wirklichkeit
Die Fortschreibung des Regionalplans erfolgt regelmäßig. Aktuell ist sie nötig, um den Regionalplan an das Landesentwicklungsprogramm (LEP) anzupassen. Die letzte Fortschreibung erfolgte zwischen 2005 und 2010, der überwiegende Teil der dort ausgewiesenen Klein- und Unterzentren stammt noch aus den Festlegungen der 1980er-Jahre und ist längst überholt. So haben die Gutachter festgestellt, dass von den insgesamt 31 "zentralen Orten" über die Hälfte gar keinen Nahbereich haben. Das heißt, sie können Menschen über die Gemeinde hinaus gar nicht versorgen. Die größte Diskrepanz zwischen Plan und Realität besteht laut Gutachten bei den 22 ausgewiesenen Kleinzentren. Viele dieser Orte könnten die dafür erforderlichen Werte gar nicht erreichen.
Der Landesentwicklungsplan definiert für die Funktion als zentraler Ort ein ausreichend dichtes Versorgungsnetz mit öffentlichen und privaten Einrichtungen sowie Dienstleistungen auch für andere Gemeinden. Eine flächendeckende Versorgung ist dann gegeben, wenn das nächste Grundzentrum in maximal 30 Minuten mit dem Öffentlichen Nahverkehr oder in 20 Minuten mit dem Auto erreichbar ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses Grundzentrum die eigene Gemeinde oder ein Nachbarort ist.
Ein Grundzentrum muss solche Einrichtungen vorhalten, die im täglichen Leben "häufig und oft nacheinander" aufgesucht werden. Das sind zum Beispiel im Bereich Bildung Grund- und Mittelschulen oder Angebote der Erwachsenenbildung. Daneben muss es ein ausreichendes Einzelhandelsangebot, Bank- und Postfiliale sowie soziale, sportliche, kulturelle und medizinische Einrichtungen geben. Auch ein "qualifizierter ÖPNV-Knotenpunkt" wird vorausgesetzt. Die Ausstattung allein reicht allerdings nicht aus. Um als zentrales Grundzentrum eingestuft zu werden, sind Aspekte wie die Einwohnerentwicklung, Zentralität oder überörtliche Funktionen ebenfalls von Bedeutung.