Noch ist Vieles Theorie. Der Umbau des Nahverkehrs im Landkreis Schweinfurt steckt noch im eher groben Planungszustand. So gibt es zum Beispiel noch keine Pläne, wie die künftigen Buslinien genau aussehen. Für eine aufwändige Fahrgastanalyse, die im August starten sollte, fand sich angesichts der Corona-Pandemie keine Firma, die den Auftrag übernehmen wollte. Sie soll nun im Frühjahr 2022 beginnen.
Dennoch hat der Landkreis einen weiteren Schritt unternommen, damit "die Öffentlichen" mehr Menschen ansprechen als bisher: Der Kreistagsausschuss für Kreisentwicklung hat zehn Leitlinien, den inhaltlichen Grundzügen des Konzepts, zugestimmt. Dazu zählt eben auch, dass jedes Dorf mit dem Bus erreichbar sein soll. Wie der Nahverkehrsbeauftragte Michael Graber den Kreisräten erläuterte, soll diese "Grundversorgung" nicht mit festen Linien und Fahrplänen sichergestellt werden, sondern mit "Bedarfsverkehren": Wenn man einen Transport benötigt, informiert man per App, Webseite oder Telefon eine zentrale Stelle, die binnen einer Stunde ein Fahrzeug vorbeischickt. "Ähnlich wie ein Taxi, aber zum ÖPNV-Tarif", wie Graber sagte.
Busse auf Abruf
Dazu sollen keine festen Strecken definiert werden, sondern lediglich "Räume", in denen sich der Bedarfs-Bus bewegen kann. Wie Thomas Vizl (Grüne) sagte, müsse zumindest sichergestellt sein, dass ein Transport aus einem Dorf in den Hauptort der Gemeinde garantiert wird. Barbara Göpfert (CSU) erinnerte daran, dass die Bus-Grundversorgung auch älteren Menschen ermöglicht soll, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Das sei den Bürgern in den Workshops, die zum Start des Nahverkehrsprojekts stattgefunden haben, wichtig gewesen.
Neben den "On-Demand-Angeboten" soll es aber auch künftig feste Hauptlinien im Landkreis geben, wie sie schon heute existieren. Sie sollen im Stundentakt fahren.
Das Bus-Angebot im Landkreis ist nur ein Puzzleteil im Gesamtwerk. Eingebettet wird das System in den Schienenverkehr und das Netz der Schweinfurter Stadtbusse, die ja auch einige Orte im Landkreis bedienen. Dort soll auch die Taktung schneller sein als in der Peripherie, was laut Graber in erster Linie den Bedürfnissen der vielen Einpendler in die Stadt geschuldet sei. Neuer "Leuchtturm" (Graber) des ÖPNV in und um Schweinfurt soll der Hauptbahnhof werden, wo quasi alle Hauptlinien verknüpft werden.
Mainfranken: Ein Gebiet, ein Ticket
Eingefügt wird der ÖPNV auch ins regionale Netz: Der Landkreis will wie seine benachbarten Kreise Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld, Haßberge und die Stadt Schweinfurt dem Verkehrsverbund Mainfranken (VVM) beitreten. Das Ziel: Egal wohin man fahren möchte, man wird nur noch ein Ticket kaufen müssen. Wer zum Beispiel von einem Stadtteil von Bad Kissingen nach Gerolzhofen möchte, muss heute gleich drei Fahrkarten lösen (Stadtbus, Bahn, Metz-Bus). In diesem Zusammenhang werden bereits im August 2021 die Fahrpreise der Landkreis-Linien geändert: Bislang orientieren sie sich an Entfernungen, in den Sommerferien stellt der Kreis das System auf Waben um, wie sie auch der VVM verwendet. Dies ist nicht nur Voraussetzung für den VVM-Beitritt, sondern mache den Preis transparenter, die Fahrgäste könnten ihn künftig selbst ausrechnen, wie Graber sagte.
Bedarfsbus: Pilotprojekt mit Kitzingen
Edeltraud Baumgartl (CSU) erinnerte daran, dass man auch die Kooperation mit dem Großraum Nürnberg herbeiführen soll, um die Transportwege zu vernetzen. Ihre Kollegin Barbara Göpfert plädierte dafür, dass kleinere Zentren wie Arnstein, Volkach und Bad Königshofen auch landkreisübergreifend gut erreichbar sein sollen. Wie Graber erläuterte, werde dazu aktuell ein Pilotprojekt mit dem Landkreis Kitzingen vorbereitet. In einem Planquadrat, das Heidenfeld, Donnersdorf, Volkach, Ebrach, Wiesentheid und Geiselwind umfasst, soll das Angebot an Bedarfs-Bussen getestet werden, die auch über die Landkreisgrenzen hinweg fahren.
"Begeistert" äußerte sich Alfred Schmitt (AfD) über den bisherigen Plan und machte sich dafür stark, dass manche "Kuriosität" im System beseitigt werde. Sein Beispiel: Die Stadtbuslinie fährt zwar bis Kronungen, ins einen Kilometer entfernte Poppenhausen aber nicht. Für Gabriele Jakob (CSU) ist klar, dass das neue System nicht zum Nulltarif zu bekommen sei: "Wir werden uns das was kosten lassen müssen."
Der Beitritt zum VVM ist für 2023 geplant, der Umbau des Busverkehrs im Landkreis Schweinfurt soll 2024 kommen.
Feste, verlässliche Zeiten wären besser
Thomas Vizl, Gerolzhofen