Das Ergebnis fällt deutlich besser aus, als erwartet. Mit diesem Resümee präsentierte die Agentur für Arbeit ihre Jahresbilanz zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt 2020/2021 im Bezirk Schweinfurt. Laut Thomas Stelzer, Leiter der Agentur für Arbeit Schweinfurt, habe man auch während der Corona-Pandemie einen guten Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage erreichen können. Heißt: Die Chancen, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, sind weiterhin gut. Rein rechnerisch stehen jeder Bewerberin und jedem Bewerber 1,6 Ausbildungsstellen zur Verfügung, so Stelzer.
Zwar sei die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen leicht gesunken, was in diesem Jahr auf "Corona-Pandemie-Effekte" zurückzuführen sei. Da aber auch die Zahl der sich Bewerbenden sank, waren die Aussichten auf einen Ausbildungsplatz im Agenturbezirk, zu dem neben Stadt und Landkreis Schweinfurt auch Rhön-Grabfeld, Bad Kissingen und die Haßberge gehören, gut. So standen im vergangenen Ausbildungsjahr 2459 Bewerberinnen und Bewerbern 3833 Berufsausbildungsstellen zur Verfügung. 67 Prozent der Interessierten traten ihre Lehrstelle tatsächlich an, der Rest begann beispielsweise ein Studium, ein Praktikum oder einen Berufsvorbereitungskurs.
Guter Ausbildungsmarkt: "Durchaus überraschend"
Dass sich die Ausbildungssituation trotz der Pandemie so erfreulich gestaltete, sei laut Stelzer "durchaus überraschend". Die Betriebe seien nach wie vor gewillt, junge Menschen auszubilden. Gerade Stadt und Landkreis Schweinfurt böten Bewerberinnen und Bewerbern aufgrund der ansässigen Großindustrie eine breite Auswahl an Lehrstellen. Für die Betriebe gehe es weiterhin darum, künftig benötigte Fachkräfte auszubilden.
Die Berufsberatung der Arbeitsagentur selbst hat in Zeiten von Distanzunterricht und Lockdown vor neuen Herausforderungen gestanden. Während man normalerweise in Schulen präsent ist und junge Menschen direkt berät, gab es fast über das gesamte Beratungsjahr hinweg Einschränkungen aufgrund von Corona, persönliche Gespräche seien laut Arbeitsagentur erst wieder ab Juni 2021 möglich gewesen.
Wie Thomas Schlereth, Teamleiter der Berufsberatung, gegenüber der Redaktion betonte, hätten die geschlossenen Schulen zu erheblichen Umstellungen geführt. Neben dem Ausfall der persönlichen Beratungsgespräche, seien auch Praktika nur sehr eingeschränkt möglich gewesen. "Damit fehlte eine wichtige Säule der beruflichen Orientierung", so Schlereth.
Virtuellen Berufsorientierungsveranstaltungen
Um dennoch Kontakt zu den Jugendlichen aufbauen und aufrechterhalten zu können, mussten bisher übliche Angebote angepasst werden. So habe man laut Schlereth etwa die IT der Schulen für die Durchführung von virtuellen Berufsorientierungsveranstaltungen und Elternabenden genutzt. Auch telefonische Beratungsgespräche und Videoberatungen habe man angeboten.
Auch wenn die Chancen der Jugendlichen, einen Ausbildungsplatz zu erhalten, weiterhin sehr gut sind, sollten sich Bewerber dennoch nicht nur auf einen Wunschberuf fixieren, empfiehlt Schlereth. Flexibilität bei der Berufswahl und regionale Mobilität erhöhten die Chancen auf eine Ausbildungsstelle, insbesondere für schwächere Bewerber.
Abiturienten wollen lieber studieren
"Weiterhin erschließt sich das Bewerberpotential für betriebliche Ausbildung hauptsächlich aus den Schulabgängern der Mittel-, Real- und Wirtschaftsschulen", so Schlereth. Wobei die Bewerberzahlen aus dem Bereich der Real- und Wirtschaftsschulen erneut zurückgegangen seien. Hier machten sich die eingeschränkten Möglichkeiten der beruflichen Orientierung (kaum Praktika möglich) deutlich bemerkbar.
"Viele Jugendliche verbleiben zunächst weiter im schulischen System. Der Trend zum Besuch weiterführender Schulen in diesen Schularten ist weiterhin ungebrochen", sagt Schlereth. Indes liegen die Bewerberzahlen aus den Fachoberschulen und Gymnasien seit Jahren auf relativ niedrigem Niveau, da der Großteil der Absolvierenden ein Studium anstrebt.
Besonders beliebt: Medizinische Fachangestellte und Industriemechaniker
Stelzer und Schlereth machten im Gespräch mit der Redaktion deutlich, dass das positive Verhältnis von Bewerbern zu Ausbildungsstellen insgesamt nicht zu der Vermutung verleiten dürfe, dass jeder Jugendliche letztlich in seinem Wunschberuf landen könne. So würden etwa viele junge Menschen nach wie vor eine Ausbildung im Bereich Informatik oder Büro anstreben, obwohl hier die Chancen auf einen Ausbildungsplatz ungleich schlechter seien, als beispielsweise im Baugewerbe.
Die Folge: Ausbildungsstellen, die für viele Jugendliche weniger attraktiv erscheinen, sind besonders schwer zu besetzen. Zu den beliebtesten Berufen unter weiblichen Bewerbern gehören medizinische Fachangestellte, Kauffrau-Büromanagement und Industriekauffrau. Bei männlichen Bewerbern sind Ausbildungen als Industriemechaniker, Kfz-Mechatroniker oder Fachlagerist besonders begehrt.