
Es ist weit nach Mitternacht und still in den Straßen von Schweinfurt. Ein Unbekannter schleicht durch die Finsternis, in seiner Tasche ein Zettel mit diskriminierenden Sprüchen. Er nähert sich dem kleinen Imbiss in der Schweinfurter Schützenstraße. Mit einer raschen Bewegung heftet er den Zettel vor dem Laden an.
So interpretiert Mhd Al-Abassi das, was er auf den Bildern seiner Überwachungskamera sehen konnte. "Ich war an diesem Tag bis Mitternacht im Laden und habe gearbeitet. Leider lässt der Winkel der Überwachungskamera keine hundertprozentige Identifizierung des Täters zu, weil sie nur vor der Tür des Ladens filmen darf", sagt der 34-Jährige.
Die Nacht, in der das Plakat vor seinen Laden geklebt wurde, ist von Mittwoch auf Donnerstag. Am Donnerstagmorgen kommt Mhd Al-Abassi in seinen Laden und bemerkt den Zettel. Er liest aufmerksam, was darauf steht. "Ich war nur traurig beim Lesen des Zettels, das ist alles", sagt er mit einer Stimme, die die Schwere seiner Emotionen nicht verbergen kann.
Imbissbesitzer: Nicht die erste rassistische Anfeindung
Der 34-jährige Imbissbudenbesitzer lebt seit zehn Jahren in Schweinfurt und versucht, die schlimmsten Erinnerungen seiner Vergangenheit zu vergessen. Wie ein schwarzes Loch im Herzen beschreibt er seine Situation nach der Flucht aus Syrien. "Was ich dort während des Krieges erlebt habe, ist schrecklich und entsetzlich", sagt der Mann.
Der Vorfall ist für Mhd Al-Abassi in der Form neu, aber inhaltlich vertraut. Er habe sich schon lange mit einem Nachbarn herumgeschlagen, der seine Existenz als solche ablehne: "Er stand schon einmal bei mir im Laden und hat auf Englisch geschrien: 'Go Home', wir sind die Deutschen und wollen euch hier nicht." Der Vorfall sei vor Gericht gelandet, der Nachbar verurteilt worden.
Polizei hat Täter noch nicht identifiziert
Die Antidiskriminierungsstelle für Mittel- und Unterfranken (M.U.T.) verurteilt in einer Pressemitteilung "derartige Hetze aufs Schärfste und informiert über Unterstützungsangebote für Menschen, die von rassistischer Diskriminierung und Gewalt betroffen sind". Und weist auch darauf hin, dass der Fall kein Einzelfall ist.
Das bestätigt auch die Schweinfurter Polizei auf Anfrage der Redaktion: "Nach derzeitigem Ermittlungsstand steht das fragliche Schriftstück im Zusammenhang mit weiteren anti-muslimischen Schriften im Stadtgebiet", so Polizeisprecher Florian Leimbach. Zwischen dem Vorfall bei Mhd Al-Abassi und den anderen Vorfällen im Stadtgebiet gibt es laut Leimbach "inhaltliche Überschneidungen".
Wie Leimbach erklärt, arbeitet die Polizei mit verschiedenen Methoden daran, den Täter zu finden, unter anderem mit der DNA-Analyse: "Leider liegen derzeit noch keine Ergebnisse der DNA-Analyse vor, sodass es noch nicht möglich ist, einen Tatverdächtigen zweifelsfrei zu identifizieren." Leimbach betont aber: "Die Ermittlungen dazu laufen natürlich weiter".
"Ich arbeite, seit ich nicht mehr Deutsch lernen muss, und ich erfülle alle meine Verpflichtungen und halte mich an alle Regeln, aber manchmal ist es sehr schwer, das Gefühl zu haben, dass man dort, wo man lebt, abgelehnt wird, egal, was man tut", sagt Mhd Al-Abassi mit einem Anflug von Verzweiflung in der Stimme.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Bullmann, MPA