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Schweinfurt
Randale und Brandlegung in der Forensik: Der Beschuldigte bleibt unbehandelt gefährlich
Das Landgericht Schweinfurt ordnet die Unterbringung des an Schizophrenie erkrankten Patienten an. Die Gründe dafür liefert dieser selbst.
Symbolbild: Gericht/Justiz
Foto: rclassenlayouts (iStockphoto) | Symbolbild: Gericht/Justiz
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 23.02.2025 02:28 Uhr

Am 29. September 2022, gegen Mittag, hat die geschlossene Station der Forensik im Bezirkskrankenhaus unweit von Schweinfurt den spektakulärsten und wohl gefährlichsten Vorfall der letzten Jahre erlebt. So jedenfalls schilderten es in dem Sicherungsverfahren vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Schweinfurt alle Pflegekräfte, die das Gericht in dem dreitägigen Verfahren als Zeugen gehört hat.

Ein Patient hatte sich unter einem Vorwand Zutritt zum Pflege-Stützpunkt im zweiten Stock verschafft, einen Beschäftigten mit einer Metallstange verletzt, das Mobiliar und Medizinschränke des Stützpunkts auf zwei Etagen komplett verwüstet und Feuer gelegt – eher er von einem Spezialeinsatzkommando der Polizei festgenommen werden konnte.

Ein halbes Dutzend Mitarbeiter des Krankenhauses musste über zwei Stunden in einem nicht abschließbaren Nebenraum verharren, bis der Zugriff auf den in psychotischem Zustand durchdrehenden, sehr kräftig gebauten 28-jährigen Patienten erfolgte. Einige der Zeugen berichteten von Todesangst, die sie bis zu ihrer Befreiung aus dem Raum ausgestanden hätten, besonders nachdem sie Rauchgeruch wahrgenommen hatten. Nun, am dritten Verhandlungstag, hat die Kammervorsitzende das Urteil verkündet: Die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus wird angeordnet.

Angst vor Käfern und Medikamenten

In rechtlicher Hinsicht sei der Fall "ziemlich einfach": Körperverletzung, Bedrohung, versuchte Nötigung und Sachbeschädigung – verursacht jedoch im Zustand der Schuldunfähigkeit. Der Mann habe sich unter einem Vorwand Zutritt zum Stützpunkt für Pflegekräfte verschafft, "in dem er gar nichts verloren hatte". Dort habe er einen Pfleger mit einer Kleiderschrankstange geschlagen und ihm eine blutende Wunde an der Hand zugefügt.

Alle Versuche, ihn zu beruhigen, hätten nichts genutzt. Kurz davor sei der 28-Jährige in akuter Psychose – er sah überall Käfer und Insekten und schlug nach diesen – ins Kriseninterventionszimmer verlegt worden. Mit stundenweisem Aufschluss sei seine Verlegung in den normalen Vollzug getestet worden. Doch der Patient habe weiter von Käfern berichtet, Angst vor Zwangsmedikation geäußert – und Fluchtgedanken: "Ich will hier raus."

Dann habe er "weiter aufgedreht", Möbel zerstört, Medikamente verstreut, den Holzkasten mit Funkgeräten gegen das Fenster aus Sicherheitsglas geschmettert, herumgepinkelt, Duftöl getrunken und sich erbrochen. "Er war dann überhaupt nicht mehr zu erreichen", so die Kammervorsitzende, sein Verhalten sei "völlig wirr" gewesen und auch "gar nicht erklärbar, warum er zu zündeln" begann.

Unbehandelt bleibt der Patient eine Gefahr

Papiere und Akten überschüttete der 28-Jährige mit Desinfektionsreiniger und zündete sie an. Erst das SEK beendete den Ausraster des Patienten, der – so die Vorsitzende am ersten Verhandlungstag – "eine Schneise der Verwüstung" hinterließ. Zur Tatzeit im Herbst 2022 saß der Mann schon seit 2018 im Maßregelvollzug, nachdem er mit einer Softair-Pistole eine Tankstelle im Raum Bamberg überfallen hatte, damals als Konsument verschiedenster Drogen.

Die überdauernde psychische Grunderkrankung des Mannes ist laut dem psychiatrischen Sachverständigen eine "hebephrene Schizophrenie". Fehlende Krankheitseinsicht und strikte Medikamentenverweigerung mache ihn für die Allgemeinheit in akut psychotischem Zustand gefährlich, so die Richterin. Deshalb bleibe nichts übrig, als erneut die Unterbringung anzuordnen. Dagegen ist Revision möglich.

 
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