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Schweinfurt/Bad Neustadt
Prozess in Schweinfurt gegen Spanner aus der Rhön geht weiter: Wie krank ist der Angeklagte?
Zu dem Mann, der in der Rhön Frauen heimlich auf dem Klo und in Duschen gefilmt hat, trug ein Berliner Psychiater nun ganz neue Erkenntnisse vor.
Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt.
Foto: Anand Anders | Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt.
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 10.02.2024 23:12 Uhr

Dass er im Sommer 2016 in Bad und WC einer WG-Wohnung in Bad Neustadt siebenmal durch eine im Schuh versteckte Minikamera heimlich Bildaufnahmen von Frauen bei der Verrichtung ihrer Notdurft oder in der Dusche gemacht hat, das hat der 51-jährige Angeklagte bereits am ersten Verhandlungstag eingeräumt. Angeklagt ist dies als Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereiches in sieben Fällen.

Ebenso gestanden hat der Mann, auf einem Campingplatz in der Rhön im Sommer 2019 in sechs Fällen Frauen im Bereich der Sanitäranlage beobachtet zu haben, um bei passender Gelegenheit von ihnen Bilder beim Duschen aufzunehmen. In einem Fall habe er eine mit seinem Smartphone verbundene Kamera unter der Duschwand hindurchgeführt. Eine Frau hat er laut seinem Geständnis mitten in der Nacht bis zu ihrem Wohnwagen verfolgt, um nach Möglichkeit "zu spannen", wie er sagte. Der Vorwurf lautet hier lediglich auf Hausfriedensbruch in sechs Fällen.

Hinzu kommen 250 kinderpornografische Fotos auf dem Rechner des Angeklagten, von denen er jedoch behauptet, nicht zu wissen, wie sie im Speicher gelandet seien. Er habe nichts mitbekommen, und mit Kindern habe er nichts zu schaffen. Diesbezüglich bestreitet er jede Täterschaft.

Früh als Spanner aufgefallen

Am zweiten Verhandlungstag wurde ein psychiatrischer Sachverständiger aus Berlin zur Schuldfähigkeit des Angeklagten gehört und ob dieser erneut in der forensischen Psychiatrie untergebracht werden muss, um weitere Straftaten zu verhindern. Dabei beleuchtete der Gutachter Kindheit und Jugend des Angeklagten, der als "Spanner" schon Anfang der 1990er-Jahre aufgefallen sei.

Im Herbst 1995 habe ihn das Landgericht Würzburg wegen schwerer Straftaten zu fünf Jahren Haft verurteilt. Zunächst habe der Mann auf Autobahnraststätten Frauen in Toiletten belästigt, teils auch die Türen geöffnet und sie berührt. Seine Frau habe er dominiert und dazu gebracht, Schmiere zu stehen. Einmal aber habe er eine Frau in einen Transporter gesperrt und vergewaltigt. Zur Unterbringung in der Psychiatrie habe ein Gutachten von 1994 geführt, das dem Angeklagten "schwere abnorme Triebhaftigkeit" attestiert habe. Das Spannen habe der Mann ausgeweitet zur Berührung von Frauen und schließlich zur Vergewaltigung.

"Diese Begründung hat für mich keine große Überzeugungskraft", sagt der Berliner Gutachter. Die sexuelle Ausrichtung des Angeklagten bestehe im Spannen, nur Frauen betreffend. Dabei habe er die Grenzen immer wieder mal überschritten. Spannen sei aber "keine sexualpathologische Störung", ebenso wenig, dass er auch mit seiner Schwägerin oder einer Freundin seiner Frau sexuellen Kontakt hatte. Das seien "Normenverstöße": Ein solches Verhalten sei "dissozial, amoralisch – aber nicht pathologisch", also krankhaft.

Sex mit der Therapeutin

Damit widersprach der Sachverständige den fünf Gutachten, die seit 1994 über den Angeklagten erstellt wurden. Der 51-Jährige wurde auch in der Forensik straffällig, klaute etwa einen Computer. Und er ging eine sexuelle Beziehung mit seiner Arbeitstherapeutin ein – und sie mit ihm. Erst 2016 wurde der 51-Jährige nach 22 Jahren aus der Unterbringung entlassen. Und schon im selben Jahr ging's wieder los mit der Spannerei auf dem WG-Klo über die im Schuh versteckte Mini-Kamera.

Gleichwohl: Die Diagnose des Gutachters lautet lediglich auf Voyeurismus, der nicht zu einer sexualpathologischen Störung aufgewertet werden könne. Somit lägen die Voraussetzungen für eingeschränkte oder völlige Schuldunfähigkeit nicht vor, also auch nicht für eine erneute Unterbringung in der Psychiatrie. Mit einem Urteil ist kommende Woche zu rechnen.

 
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Kommentare
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  • kempf-margit@t-online.de
    Dieser Sachverständige stellt alle Prognosen seiner Kollegen in Frage! Waren diese Herrschaften alle nicht in der Lage , die Situationen richtig einzuschätzen? Ich glaube man sollte vielleicht diesen Sachverständigen mal richtig unter die Lupe nehmen! Sollte mit diesem Menschen(Angeklagter) wieder etwas passieren, wird sich mit Sicherheit dieser Sachverständige aus der Verantwortung ziehen. Und das sollten die Damen und Herren Richter erst gar nicht zu lassen! Was ist das für eine Rechtsprechung, muss erst wieder etwas schreckliches passieren, um dann zu sagen: Oh, diese Entscheidung war wohl falsch. Und das dieser Typ, nicht richtig tickt, kann man in jeder Zeile ihres Artikels lesen. Hoffen wir, dass es noch Vertreter unserers Rechtstaates auf die Reihe bekommen und solche Menschen aus dem Verkehr ziehen!
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  • GWM
    Um sich ein genaueres Bild dieses Sittenstolchs machen zu können wäre es meiner Meinung nach sinnvoll, ein paar Bilder dieses Herrn in der Zeitung zu veröffentlichen.
    Ist der wirklich so sexy wie er sich selber einschätzt, oder ist das ein armseeliger Tropf, der eh' keine abkriegt?

    Ja klaro, Datenschutzgrundverordnung, Persönlichkeitsrechte und so weiter... interessant wär's trotzdem.
    Frauen gehen halt ab und zu aufs Klo oder duschen, Männer auch!
    Für jemanden, für den das Spannen dabei Lebensinhalt ist sehe ich persönlich keine günstige Sozialprognose.
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  • haba2908
    Vielleicht ist ja ein bisschen Chemie oder ärztliche Kunst hilfreich?!?!
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  • haba2908
    22 Jahre Unterbringung haben ja laut Artikel nichts zur Besserung/Heilung gebracht . Er war wieder auf freiem Fuß , um gleich weitere ähnlich gelagerte Straftaten zu begehen! Tja, was is nun zu tun ????
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  • Manfred0940
    Wie immer trifft die Gutachter dann keine Schuld.
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  • Funkenstern
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    ...und später heißt es "wir konnten nichts machen". Meiner Meinung nach zeigt die Vorgeschichte des Mannes, dass er hochgefährlich ist. Es muss immer erst etwas passieren bevor gehandelt wird bzw. was muss noch passieren? Vergewaltigung, weitere Straftaten, Spannen, Forensik, Gefängnis - all das hat der Beschuldigte bereits hinter sich.

    Gelernt hat er offenbar nichts! - und hier liest es sich so als sollte er mit einer geringen Strafe davonkommen. Die Vorgeschichte zeigt doch, dass es eben kein "dummer-Jungen-Streich" war.
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