Er wirkt fahrig und unsicher und ist wenig auskunftsfreudig. Dieser Mann soll mindestens ein Jahr lang in einem Dorf bei Bad Königshofen im Grabfeld eine stattliche Cannabisplantage betrieben haben: vier Aufzuchträume, Lagerräume und ein Trockenraum in einer Lagerhalle. "Die Aufzuchträume waren mit Zelten, Lampen, sowie Heiz- und Belüftungsvorrichtungen ausgestattet", sagt der Staatsanwalt vor dem Landgericht Schweinfurt an diesem Mittwochmorgen.
Als die Polizei das Anwesen im Landkreis Rhön-Grabfeld am 26. August 2021 durchsuchte, fand sie 415 Cannabispflanzen mit einer Erntemenge von neun Kilogramm Marihuana und einem Kilo Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von mehr als 300 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC). Außerdem ein Kleinkalibergewehr, sechs Druckluftwaffen und zehn Messer – "griff- und einsatzbereit", so der Staatsanwalt vor Gericht.
Bei Durchsuchungen jede Menge Rauschgift und Waffen gefunden
In der Wohnung des 26-jährigen Angeklagten in Münnerstadt waren die Ermittler ebenfalls fündig geworden: elf Kilo Marihuana, 250 Gramm Amphetamin, 23 Gramm Haschisch, 20 Ecstasy-Tabletten und Cannabissamen. Allein das Marihuana und Haschisch enthielt laut Anklage rund 400 Gramm THC. Zusammen hätten es die illegalen Rauschmittel auf mehr als das Hundertfache der "nicht geringen Menge" gebracht, ab der Rauschgifthandel rechtlich als Verbrechen gilt, so der Hinweis des Kammervorsitzenden zu Prozessbeginn.
Weil die Ermittler bei den Durchsuchungen in der Halle und der Wohnung jeweils auch Waffen gefunden hatten, ist der 26-Jährige, der keinen Beruf erlernt hat, jetzt wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln angeklagt. Auf der Terrasse seines Ferienhauses im thüringischen Hildburghausen gediehen außerdem 30 weitere Cannabispflanzen, die eine Erntemenge von gut 600 Gramm ergaben.
Anklage: Das meiste Cannabis nicht für Eigenkonsum, sondern für den Verkauf
Das alles bestreitet der Angeklagte nicht, die Beweislage ist klar und gut dokumentiert. Durch seinen Anwalt lässt der 26-Jährige am Mittwoch eine Erklärung verlesen, wonach er das Cannabis "zum ausschließlichen Eigenkonsum" angebaut und "keine Betäubungsmittelgeschäfte betrieben" habe.
"Das ist nicht glaubhaft", entgegnet der Vorsitzende Richter. Allein die pure Cannabis-Menge belege, "dass mindestens 95 Prozent zum Verkauf bestimmt waren". Aus dem Schriftverkehr des Angeklagten gehe hervor, "dass Sie auf Bewährung spekulieren", so der Kammervorsitzende. "Wir reden hier aber von einen Straftatbestand, der fünf Jahre mindestens bedeutet."
"Ich sehe ja, dass ich was falsch gemacht habe", antwortet der 26-Jährige. Aber er habe keinen bewaffneten Handel getrieben und meine, "dass ich lange genug im Gefängnis war". Bislang war er 13 Monate in Haft, fünf davon in anderer Sache als Ersatzfreiheitsstrafen. Zu den einzelnen Vorwürfen – etwa dass er an vier Kunden Cannabis verkauft haben soll – will der Angeklagte vor Gericht nichts sagen, sondern erst die vier Zeugen hören.
Sie sind am Mittwoch alle da, verweigern aber - wie es ihr Recht ist - die Aussage, weil sie sich damit selbst belasten würden.
Zweifel an Verhandlungsfähigkeit: Verfahren ist augesetzt
Weiter sagt der 26-Jährige nichts, auch nicht zu seinem Lebenslauf. Den anwesenden psychiatrischen Gutachter, mit dem der Angeklagte nicht reden will, mehren sich die Zweifel an seiner Verhandlungsfähigkeit. Anhand des Verhaltens und einiger wirrer Äußerungen des Beschuldigten, so seine Vermutung, könnten hirnorganische Schädigungen vorliegen.
Weil damit unsicher scheint, ob der Angeklagte den Verlauf des Verfahrens überhaupt richtig ermessen könne, sieht die Kammer des Landgerichts schließlich nur eine Möglichkeit: Sie setzt das Verfahren aus und beauftragt den Psychiater, "ergänzend die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten zu überprüfen".