Am Sonntag, 30. November, wird Stefan Mai, der neue Pfarrer der Pfarreiengemeinschaft St. Franziskus am Steigerwald, in sein Amt eingeführt. In den Tagen seines Umzugs von Schweinfurt nach Gerolzhofen nahm er sich die Zeit zu einem Gespräch mit der Main-Post über Pläne, Ziele, Vorstellungen und Ansprüche an sich selbst.
Pfarrer Stefan Mai: Mit 53 Jahren kann man, denke ich, noch einmal etwas Neues beginnen. Nach 15 Jahren in Schweinfurt habe ich mich freiwillig nach Gerolzhofen beworben; ich bin von keiner Seite gedrängt worden. Als gebürtiger Üchtelhäuser wollte ich in einer Gegend arbeiten, wo die Leute meinen Dialekt verstehen und ich ihre Mentalität kenne. Die Kirchenbesucher können sich darauf einstellen, dass in meinen Predigten immer mal wieder der Dialekt durchschlägt. Ich liebe an ihm den Bilderreichtum. Auch die Bibel arbeitet viel mit Bildern. Mit dem Dialekt kann ich diese vielleicht leichter in die Welt der Leute transportieren.
Von meinen bisherigen Wirkungsstätten kenne ich sowohl das dörfliche Milieu als auch die größere Stadt. Nun fehlt mir noch die Kleinstadt. Aber zur Pfarreiengemeinschaft gehören ja auch Dörfer. Da bin ich mal gespannt, wie sich die bäuerliche Gesellschaft in den letzten 15 Jahren verändert hat.
Mai: In einer Gemeinschaft mit 8000 Katholiken aus sechs Pfarreien in 15 Ortschaften kommt ein Seelsorger um Schwerpunkte nicht herum. Gerolzhofen ist das Zentrum auf kulturellem und spirituellem Gebiet und da möchte ich meine seelsorgerischen Akzente setzen. Ich möchte experimentieren, mich nicht nur auf die Kerngemeinde einlassen, sondern auch die Kirchenferneren ansprechen und mitwirken lassen.
Auf den Dörfern müssen wir aufpassen, dass die Identität auch im kirchlichen Bereich nicht verloren geht. Ich werde am Anfang vor dem Gottesdienst durch die Dörfer gehen, denn die kleinen Pfarreien leben von Gesichtern und Namen. Und ich werde zum Beispiel im ländlich geprägten Frankenwinheim ganz anders Erntedank feiern als in Gerolzhofen, wo kaum mehr jemand Bezug zur Landwirtschaft hat. Alleine ist die ganze Arbeit ohnehin nicht zu leisten. Wir brauchen ein gut funktionierendes Hauptamtlichen-Team und werden deshalb auf Teamentwicklung viel Wert legen.
mai: Wir leben im 21. Jahrhundert und da sind Grabenkämpfe zwischen den Konfessionen absurd. Die Kirchen können nur zusammen stark sein im Zeugnis für den christlichen Glauben. Unterschiede zwischen beiden sind für mich nicht bedrohend, sondern hilfreich. Die Evangelische Kirche kann von der Katholischen etwa im Symbolverständnis und bei der Pflege volkskirchlich-bodenständiger Traditionen etwas lernen, die Katholische von der Evangelischen bei der Bedeutung des Wortes. Ich werde hier jedenfalls nichts abschaffen, was sich in der Ökumene bewährt hat. Für den September nächsten Jahres planen wir gemeinsam eine Nacht der Kirchen, wo in allen Gerolzhöfer Gotteshäusern zu verschiedenen Zeiten, aber unter einem Thema, Anstöße zum Nachdenken gegeben werden. Und ich glaube schon jetzt zu spüren, dass die Chemie zwischen dem Pfarrerehepaar Barraud und Pfarrer Mai stimmt.
mai: Wir brauchen eine Seelsorge mit Gesicht trotz dieser riesigen Pfarreiengemeinschaften. Wir brauchen spirituellen Tiefgang, nicht das Hüpfen von einem zum andern. Wir brauchen Angebote für alle Suchenden, auch wenn sie nicht mehr mit der Kirche sozialisiert sind. Wir registrieren einen Abbruch der Beziehung zur Kirche bei jungen Familien und Leuten unter 40. Hier habe ich vielleicht einen Erfahrungsvorsprung aus dem städtischen Milieu. Der Kindergarten oder die Kommunionvorbereitung sind Chancen, mit Familien den Glauben zu experimentieren. Es gilt, sich ehrlich auszutauschen, und wir dürfen zu niemandem sagen: Da ist eine vorgefertigte Schablone und in die musst du rein.
Es macht mich glücklich, dass sich die Pfarreiengemeinschaft den Namen des Heiligen Franziskus gegeben hat. Von ihm können wir lernen, dass ein einfaches Leben besser ist als alles zu haben und trotzdem innerlich leer zu sein. Mir geht es um die Kunst der Einfachheit anstatt in einer gekünstelten und künstlichen Gesellschaft zu leben. Menschen, die nicht genug kriegen können, haben schon oft in Krieg und Zwist geführt.
In der Seelsorge gilt es, das Leben zu beobachten, denn wenn einem Pfarrer am Leben nichts mehr auffällt, fällt ihm auch zum Evangelium nichts mehr ein.
Mai: Ich bin dankbar, dass ich in einer Zeit der Kirche groß geworden bin, in der Laien so wichtig sind. Bisher war es so, dass, wer einmal ein Pöstchen übernommen hat, dieses auch auf Lebzeiten ausgeführt hat. Heute geht die Tendenz eher zum Projekthaften, also zeitlich Begrenzten, zum Beispiel in Projektchören. Die Leute beteiligen sich eher an Dingen, die zu ihrem Profil passen. Die Mitarbeit der Laien ist aber der Schatz unserer Kirche. Jede Mitarbeit ist wichtig und wertvoll. Der Mitarbeiter muss daraus aber auch etwas für sich selbst gewinnen und Anerkennung finden. Ich sage es gleich jetzt: Ich werde mich nicht immer bei allen bedanken können, aber die Laienarbeit hat für mich wirklich einen großen Wert. Unendlich schätze ich die vielen stillen und so wertvollen Dienste im Hintergrund.
Zu den Frauen: Sie sind bei den Gottesdienstbesuchern in der Mehrzahl, aber beim Mitspracherecht in der Minderzahl. Bestimmte Positionen in der Kirche sind ihnen verwehrt. Deswegen gehen vor allem junge Frauen auf Distanz. Doch Frauen sind wichtig in der Kirche. Ohne sie ginge Entscheidendes verloren. Ich kann mich als Mann nicht in die weibliche Emotionalität hineinspüren, sonst könnte ich noch mehr dazu sagen.
mai: Das wird ein Gespräch mit der Stadt zeigen, vielleicht noch vor Weihnachten. Die Finanzierung ist zurzeit noch nicht wasserdicht, weil sie jetzt über das Förderprogramm Soziale Stadt laufen soll.