
Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten Bayern hat Ende Februar in München "ausgezeichnete Architektur" prämiert. Für sechs Projekte gab es den BDA-Preis Bayern 2025, einen davon für die Neue Mitte Niederwerrn, das "MittenIm". Ein Projekt, das nicht nur architektonisch neue Wege gegangen ist.
Das Material für die neuen Gebäude stammt von einer Autobahnbrücke. Aus der abgerissenen Brücke der A 7 bei Rottendorf wurde Recycling-Beton. Und der landete, wiederaufbereitet, teilweise in Niederwerrn. Ein Beispiel für Kreislaufwirtschaft und ein Projekt, mit dem die Gemeinde Niederwerrn auch die Innenentwicklung des Ortes voranbringen wollte. Denn gedacht ist die Neue Mitte als Begegnungszentrum der Generationen, mitten im Ort.
Genau das, die Kombination aus Nachhaltigkeit, ressourcenschonendem Bauen und der Innenentwicklung hat die Jury überzeugt. Sie würdigte das Engagement der Beteiligten. Der Ort, so die Laudatio, habe wieder ein Zentrum bekommen, wo sich die Menschen treffen. Bürgerinnen und Bürger seien in die Entwicklung einbezogen worden. Mit dem Team Schlicht Lamprecht Kern Architekten aus Schweinfurt hätten sich "Partner gefunden, die sowohl stadtplanerisch als auch architektonisch denken". Und: "Die Architektur der Mitte ist bis ins Detail gelungen, eine souveräne und virtuose Einfachheit voller Atmosphäre."

Das Gebäudeensemble neben der alten Synagoge, der heutigen Bibliothek, umfasst Bürgerhaus, Trausaal, Café, das Kolonialwarenmuseum Maul, historische Gewölbekeller sowie eine Energiescheune, die den gesamten Bereich klimaneutral mit Strom und Wärme versorgt. Schon jetzt hat das Projekt Niederwerrn bekannt gemacht: Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr hat es in die Reihe seiner Superhelden-Projekte aufgenommen. Als Musterbeispiel für sozialen Zusammenhalt und Integration. Im Juli 2024 wurde die Neue Mitte feierlich eröffnet.
Niederwerrns Bürgermeisterin Bettina Bärmann: "Wir haben uns riesig gefreut"
"Wir sind überglücklich", sagt Niederwerrns Bürgermeisterin Bettina Bärmann, "wir haben uns riesig gefreut." Mit "uns" meint Bärmann auch Bauamtsleiter Thomas Brand, der das Projekt federführend begleitet hat, und Kämmerer Andreas Harth, der einen "Heidenaufwand" hatte, auch in Sachen Förderung. Davon gab es für Niederwerrn reichlich. 8,9 Millionen Euro hat die neue Mitte gekostet, fünf Millionen Euro an Zuschüssen gab es. Und, sagt Bärmann: "Wir haben eine Punktlandung hingelegt, sind im Kostenrahmen geblieben."
Die Arbeit an der neuen Mitte begann für sie 2014. Da war Bärmann, frisch zur Bürgermeisterin gewählt, gemeinsam mit ihrem Gemeinderat überzeugt: ein Kunstcafé für Niederwerrn, das wäre das richtige. Dann kam ein Termin mit der Regierung. Die Reaktion damals: ernüchternd. An den Tenor der Besprechung kann sich Bärmann noch genau erinnern: "Innenentwicklung sieht anders aus."
Die Niederwerrner legten "alles auf Stopp", überlegten neu und stiegen in ein Langzeitprojekt ein, das zehn Jahre dauern würde. Bärmann fing an, Grundstücke für die neue Mitte zu erwerben. Viel Zeit, viel Geduld habe das gebraucht. Über Jahre sah man nichts, was auch für Kritik sorgte. Diesen langen Atem habe die Regierung honoriert, sei der Gemeinde nicht nur mit einer ordentlichen Förderung, sondern auch beratend zur Seite gestanden.
Für Trauuungen, Treffen, Feiern: die neue Mitte ist gut gebucht
Und heute? Läuft alles bestens, sagt Bärmann. "Wir sind begeistert, dass die neue Mitte so gut angenommen wird." Bürgersaal, Vereinszimmer, auch das Standesamt seien permanent gebucht – von Privatleuten für Feiern, von Vereinen. Ab 1. Mai geht laut Bärmann die Außenbewirtung los. Dann wird auch der Platz belebt sein.

In diesem Jahr soll der Platz vor der Synagoge noch gestaltet werden, dann ist die Fläche in Niederwerrns Mitte komplett – bereit für die Eröffnung der Kirchweih und den Weihnachtsmarkt. "Das ist jetzt unser Marktplatz, unsere Mitte, die Niederwerrn nicht mehr hatte", sagt Bärmann.
Architekt Stefan Schlicht: Niederwerrn kann Vorbild sein
Über den Preis freut sich auch Architekt Stefan Schlicht. Stolz können er und sein Team auch sein. Für sie ist es der vierte BDA-Preis Bayern hintereinander. Bisher, sagt Schlicht, habe das noch niemand geschafft. Das Bürgerzentrum "MittenIm" ist für ihn ein "Vorzeigeprojekt" und ein besonderes. Jahrelang hatte das Architektur- und Stadtplanungsbüro die neue Mitte begleitet.

Schlicht ist überzeugt, etwas wie in Niederwerrn könne "überall erreicht werden", wenn alle Akteure – vom Planungsbüro bis hin zu Bürgermeistern und ihrem Gemeinderat – ein gemeinsames Ziel verfolgten, "nämlich wie hier eine neue soziale Mitte für ihre Bürgerinnen und Bürger zu schaffen". Und diese qualitätvoll und nachhaltig zu gestalten.
"Ohne Qualität", sagt Schlicht, "ist keine dauerhafte Nachhaltigkeit zu erreichen, und das ist landauf, landab leider allzu oft zu erkennen." Dort, wo es am Ende nur um Wirtschaftlichkeit gehe und man sich anschließend wundere, warum die Häuser, Räume und Stadträume nicht funktionieren und auch nicht liebgewonnen werden.
Ein gelungenes Beispiel, von dem es mehr geben müsste.
Innen sieht es deutlich besser als außen aus. Also ein typischer Fall von "innen hui, außen pfui."
Wann haben es eigentlich die Architekten verlernt, ästhetisch ansprechende Gebäude zu errichten?
Das Gebäudeensemble passt sich in seiner Schlichtheit sehr dezent und gelungen in das Ortsensemble ein. Ein Gewinn für Niederwerrn.
Die Auszeichnung ist hoch verdient!
Glückwunsch!