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Schweinfurt
"Polen-Böller" im Schrank und im Koffer
Wegen unerlaubten Umgangs mit explosionsgefährlichen Stoffen verhandelte das Gericht in Schweinfurt.
Jahr für Jahr verletzen sich viele Menschen beim Abfeuern des Silvester-Feuerwerks. Dafür reichen oft schon die handelsüblichen Böller. Besonders gefährlich wird es, wenn nicht zertifizierte Böller aus dem Ausland zum Einsatz kommen.
Foto: Patrick Pleul/dpa | Jahr für Jahr verletzen sich viele Menschen beim Abfeuern des Silvester-Feuerwerks. Dafür reichen oft schon die handelsüblichen Böller.
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 08.02.2024 19:52 Uhr

Das hätte buchstäblich mit einem mehr oder weniger großen Knall enden können. Vor dem Strafgericht am Schweinfurter Amtsgericht hatte sich nun ein 29-Jähriger zu verantworten, der in seiner Schweinfurter Wohnung um die 200 sogenannte "Polen-Böller" und dazu fünf wohl noch gefährlichere Feuerwerkskörper-Selbstbauten aufbewahrte. Die in Deutschland illegalen Feuerwerkskörper, größtenteils der Kategorie f3 zuzurechnen, was bedeutet, dass man sie ohne sprengstoffrechtliche Erlaubnis hierzulande nicht besitzen darf, lagerte der Angeschuldigte in einem Wohnzimmerschrank und in einem unverschlossenen Koffer im Schlafzimmer.      

Auch das gemeinsame Kind befand sich in der Wohnung 

In Gefahr gebracht hat sich der junge Mann dadurch nicht nur selbst, sondern auch seine damalige Lebensgefährtin und das gemeinsame Kleinkind. Im Dezember 2019 kam es zur Wohungsdurchsuchung. Personen aus dem familiären Umfeld hatten sich zuvor bei der Polizei gemeldet mit der Sorge, dass in der Wohnung eventuell etwas nicht stimmt, dass dort nicht nur Feuerwerkskörper lagern, sondern auch Drogen konsumiert würden und deshalb das Kindeswohl gefährdet sei.    

Drogen fanden sich nicht, dafür eine stattliche Anzahl in Deutschland verbotener Böller, 24 Gramm Schwarzpulver und eben jene fünf "Eigenbauten", die der Angeklagte durch die Entnahme des Sprengstoffs aus anderen Böllern selbst zusammengebastelt hatte. "Im Nachhinein ist mir schon klar, was alles hätte passieren können, das war mehr als dumm", zeigte sich der Angeklagte, der ohne Rechtsanwalt erschienen war, vor Gericht nicht nur voll geständig und bereuend, sondern auch einsichtig. 

Die Internetseite, auf der er die Feuerwerkskörper bestellt habe, habe auf ihn einen seriösen Eindruck gemacht. Bestellung, versicherter Versand und Bezahlung seien alles kein Problem gewesen. "Ich bin davon ausgegangen, dass das alles in Ordnung sein muss, wenn man da einfach so bestellen kann", erklärte er der Strafrichterin. Über die fehlende CE-Kennzeichnung, mit der ein Hersteller garantiert, dass das Produkt den geltenden Anforderungen entspricht, habe er sich wegen der gut aufgemachten Website keine weiteren Gedanken gemacht.    

Mit Videos im Internet für das Thema Feuerwerk begeistert

Sein Faible für Feuerwerk hat der 29-Jährige ebenfalls aus dem Internet. Eine polizeiliche Auswertung des Laptops des Angeklagten ergab, dass er sich dort zahlreiche Videos rund ums Böllern und Seiten mit einschlägigem Inhalt angesehen hat. Die finden sich offenbar reichlich im frei zugänglichen Internet. Hinweise auf das sogenannte Dark-Net, in dem man eher solche explosiven Inhalte vermuten würde, ergab die elektronische Auswertung nicht.  

Zugute gehalten wurde dem Mann, der im Zusammenhang mit explosiven Stoffen noch nicht einschlägig vorbestraft war, dass er sich schon bei der Durchsuchung der Wohnung kooperativ und einsichtig verhalten habe. Das bestätigten Beamte von Kripo und Polizei im Zeugenstand. Bei mehr Aufmerksamkeit hätte der Angeklagte aber schon auf den Beschriftungen der Verpackungen nachlesen können, dass diese "Knaller" in Polen zwar zulässig, in Deutschland aber erlaubnispflichtig sind – auch weil in ihnen mehr Sprengstoff enthalten ist.  

Im Hinblick auf explosive Stoffe zwar ein unbeschriebenes Blatt, ist der 29-Jährige allerdings im Zusammenhang mit Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz schon in Erscheinung getreten, wofür Geldstrafen verhängt wurden. Er räumte ein, immer noch zu konsumieren, wolle aber unbedingt davon weg, eine Therapie machen und seinem Leben wieder Struktur geben. Dazu gab ihm die Strafrichterin die Chance. Sie verhängte eine dreimonatige Haftstrafe, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. Ein Bewährungshelfer soll nicht nur bei der Suche nach einem Therapieplatz, sondern auch bei der Wiedereingliederung in das Arbeitsleben helfen. Im Rahmen von 60 sozialen Arbeitsstunden kann er sich darauf vorbereiten.     

 
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