Nach Karachi wollt Ihr? Freunde und Familie reagieren eher besorgt, als Sorya und Georg Lippert von ihren Plänen erzählten, nach Karachi in Pakistan zu fahren. In den Nachrichten dominiert gerade die Geschichte von Asia Bibi. Die Christin war wegen Gotteslästerung angeklagt, ihre Freilassung hatte zu Unruhen und Tumulten geführt.
Die Lipperts haben sich davon nicht abhalten lassen. Sie wollen eine Spende der Kirchengemeinde St. Peter und Paul übergeben. Seit gut 25 Jahren unterstützt die Gemeinde Projekte in Pakistan. Sorya Lippert möchte auch alte Freunde, Schulkameraden, wiedersehen. Sie ist in Pakistan aufgewachsen, verfolgt die Entwicklung dort deswegen mit Sorge und mit Neugier. Und seit der Reise auch mit Hoffnung, sagt sie. "Die Lage ist stabiler geworden, die Leute haben wieder Hoffnung, das Vertrauen ist wieder da. "
2000 Euro Spende von Peter und Paul
Eine 2000-Euro-Spende haben die Lipperts dabei. Die Rah-E-Najat-Schule am Rande Karachis kann das Geld gut brauchen. Die Schule ist eine Gründung des Marie Adelaide Leprosy Centers, Kinder verschiedener Religionen werden hier gemeinsam unterrichtet. Nachmittags bekommen auch die Bettelkinder Unterricht. Das scheint nicht selbstverständlich zu sein. Auch nicht selbstverständlich ist, dass die Schule eine Auge zudrückt, wenn sich eine Familie die eigentlich vorgeschriebene Schuluniform nicht leisten kann. Schließlich müssen die Familien sich schon das bisschen Schulgeld zusammenknapsen, erzählt Lippert.
Jedes Kind bekommt die Haare gekämmt, das Gesicht gewaschen. Und einen Keks oder eine Banane. "Aber nur, wenn ich das habe", hat ihr die Schulleiterin, Headmistress Josefine, erklärt. Lesen und schreiben lernen ist eben nicht alles. Die Schule geht auf das Schaffen von Dr. Ruth Pfau (1929 bis 2017) zurück.
Bildung ein Aspekt im Kampf gegen Lepra
Die Ordensschwester, die durch ihre Arbeit beim DAHW (Deutsches Aussätzigen Hilfswerk) in Würzburg Spuren auch in der Region hinterlassen hat, setzte im Kampf gegen Lepra nicht nur auf Antibiotika, sondern vor allem auch auf Bildung. Es nützt nichts, Medikamente zu verteilen, wenn die geheilten Lepra-Patienten nicht zu ihren Familien zurückkönnen, weil keiner glaubt, dass sie geheilt sind und sie deswegen nicht willkommen sind, habe Ruth Pfau erkannt.
Lesen und schreiben können: Das kann ein Leben verändern, weiß Lippert aus ihren Besuchen in Pakistan und ihren Begegnungen mit Menschen wie Ruth Pfau, den Lehrern an der Schule, die quasi nahtlos vom guten Schüler zum Lehrer wurden. Oder von den Müttern, die sich mit Stickereien oder Handarbeiten in einer der von Pfau initiierten Einrichtungen etwas dazuverdienen, während gleichzeitig ihre Kinder in die Schule gehen. Trotzdem schafft es die Schulleiterin nicht immer, Eltern dazu zu bringen, ihre Kinder in die Schule zu schicken. "Wozu? Beim Betteln verdienen sie wenigstens etwas." Den Satz hat Headmistress Josefine öfter gehört.
Aber sie gibt nicht auf. Wie auch Sorya Lippert. Trotz der Müllberge in Karachi, dem Elend, das sie gesehen hat, dem Chaos. Jetzt sei es wichtiger denn je, die Menschen in Pakistan zu unterstützen, sagt sie. Mit Bildungsprojekten zum Beispiel. Ein Professor hat bei einem Gespräch in Pakistan die Idee aufgebracht, von Erfahrungen in Deutschland zu profitieren. Strukturen ähnlich wie denen an den Fachhochschulen will man in Pakistan aufbauen. Ein Zweig könnte der Komplex Sozialarbeit sein. "Das gibt es da gar nicht."
Was nimmt sie noch mit aus Pakistan? Hoffnung, Dankbarkeit, die Gewissheit, dass auch kleine Dinge etwas bewegen können. Wie ein Keks oder eine Banane zum Beispiel. Beeindruckt hat Lippert auch die Verehrung, mit der die Menschen Ruth Pfau gedenken. Es gibt zu Ehren der deutschen Ordensschwester eine Briefmarke, eine Gedenkmünze, ein Krankenhaus trägt ihren Namen.
Mitgebracht hat Sorya Lippert ihrer Freundin Käse und Zutaten zum Plätzchenbacken. Im Koffer war auch Platz, denn die Schweinfurter waren in traditioneller Kleidung, dem Salwar Kamiz unterwegs. Grund: Beim Besuch vor drei Jahren war die Sicherheitslage etwas angespannter in Pakistan. Wer auf den ersten Blick als Europäer erkennbar war, zog Aufmerksamkeit auf sich, vor allem als Mann. Deswegen lagen gleich bei der Ankunft in Karachi Klamotten bereit. Sorya Lippert und ihre Tochter haben sich darin jedenfalls sehr wohlgefühlt.