zurück
Schweinfurt
Pastoralreferentin aus Schweinfurt konvertiert und wird evangelische Pfarrerin
Raphaela Holzinger aus der Schweinfurter Gartenstadt konvertiert. In der Katholischen Kirche sieht sie die Entfaltung des Glaubens zu stark eingeschränkt.
Die Schweinfurter katholische Kirchenleiterin Raphaela Holzinger (im Porträt) wechselt zu den Evangelischen und wird jetzt Pfarrerin.
Foto: Anand Anders | Die Schweinfurter katholische Kirchenleiterin Raphaela Holzinger (im Porträt) wechselt zu den Evangelischen und wird jetzt Pfarrerin.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 10.05.2023 09:37 Uhr

Raphaela Holzinger ist, wie sie sagt "in einem sehr katholischen Elternhaus" aufgewachsen. In Bad Abbach war sie die erste Ministrantin und damit eine der ersten in der Diözese Regensburg. Sie nennt es ein Glück, dass sie das bei einem Pfarrer tat, dem es wichtig war, Mädchen und Frauen in die Arbeit in seiner Gemeinde einzubinden.

Für ihn sei Ökumene selbstverständlich gewesen. Mit den Taizé-Gebeten und der Gesangsgruppe Regenbogen sei sie auch in die Evangelische Kirche gegangen. Und dass der evangelische Pfarrer bei den Marienfesten in der katholischen Kirche predigte, sei ganz normal gewesen. Dieses Miteinander der großen Kirchen hat sie geprägt, "ich habe nicht zwischen evangelisch und katholisch unterschieden, wesentlich war der christliche Glaube".

Persönliche Konsequenzen gezogen

Jetzt hat Raphaela Holzinger daraus ihre persönlichen Konsequenzen gezogen. Sie ist aus der Katholischen Kirche ausgetreten, am 19. März wird sie von Regionalbischöfin Dorothea Greiner zur evangelisch-lutherischen Pfarrerin von Bad Staffelstein ordiniert.

Treffen im Pfarrhaus Maria Hilf in der Gartenstadt: Ein schlichtes Büro, ein kleines Kreuz an der Wand, mehr weist nicht daraufhin, dass hier Kirche organisiert wird. Vor zwei Jahren hat sie dort das Amt der Pastoralreferentin übernommen, die Leitung der Pfarrgemeinde. Einen Tag vor ihrer offiziellen Verabschiedung zeichnet sie ihren Lebenslauf nach.

Nach dem Abitur hat sie zunächst eine Banklehre absolviert, aber schnell gefühlt, dass der Bankberuf "nicht das Richtige sein würde". In Eichstätt begann die heute 52-Jährige ein Lehramtsstudium, erweiterte es um das der katholischen Theologie und schloss 1999 erfolgreich ab. Die weitere Ausbildung erlebte sie in gemeinsamen Kursen auch mit Priestern.

"Pastoralreferentinnen haben die gleiche Ausbildung wie Pfarrer." Nach Stationen in Eltmann, Würzburg-Dürrbachau, der Geburt ihrer vier Kinder kam sie in den Schuldienst in Hammelburg und Wasserlosen, schließlich nach Arnstein und dann als Gemeindeleiterin nach Büchold. Seit 2020 war sie für Maria Hilf in Schweinfurt verantwortlich.

Das Kirchenrecht stehe über dem Glauben

Ein Leben von der katholischen Kirche geprägt. Warum jetzt der Wechsel? Es ist ihre Erfahrung mit der Katholischen Kirche. Deren Bild passen nicht mehr mit dem ihren von Glaubensleben zusammen. Die katholische Kirche sei stark hierarchisch geprägt. Das Kirchenrecht stehe über dem Glauben, "das macht das System unmenschlich". Stichworte: Umgang mit Homosexuellen, Transsexuellen, Geschiedenen, Wiederverheirateten.

In ihren Augen dürfte Kirche nicht von oben geführt, sondern müsse sich von unten heraus entwickeln. Sie arbeite gerne in der Seelsorge und das "am Menschen". "Dabei komme ich immer wieder an Grenzen, durch die Struktur bedingt." Darum "will ich nicht mehr die katholische Kirche nach außen vertreten".

Kein Mensch darf Anspruch auf die einzige Wahrheit haben

Das Luther-Wort von der "Freiheit eines Christenmenschen" ist Raphaela Holzinger wichtig. Von Gott berufen sei jeder, der getauft ist. Darum dürfe kein Mensch Anspruch auf die einzige Wahrheit haben. Der persönliche Glaube sei wichtig und das werde von der katholischen Kirche nicht gewürdigt, "es gibt zu starke Vorgaben".

Das katholische Amtsverständnis als "einzig wahre Kirche" sei nie ihr eigenes gewesen, verweist sie auf frühe Zweifel. Der Schritt zu konvertieren sei ihr nicht leichtgefallen, zumal sie künftig, das ist die Regel, außerhalb der früheren Diözese arbeitet, ein gutes Stück entfernt von den Kindern. Ihre Schwester, der evangelische Pfarrer Wolfgang Weich aus der benachbarten Christuskirche und eine Studienkollegin, die heute Pfarrerin in Coburg ist, haben sie zu ihrem Schritt bestärkt.

Beim Gespräch kurz vor ihrer offiziellen Verabschiedung in Maria Hilf erinnert sich Holzinger an ihren früheren Pfarrer in Bad Abbach. Als er die ersten Ministrantinnen vorstellte, sagte er, vielleicht ist ja die erste Pfarrerin unter euch". Als die Gemeindeleiterin eine Woche vor Weihnachten im Gottesdienst über ihren Wechsel berichtete hat sie starke Betroffenheit aber auch großes Verständnis gespürt. Es gab Applaus.

Wechsel folgt strengen Regeln

Der Wechsel von einem Amt in der Katholischen Kirche auf eine evangelische Pfarrstelle ist äußert selten und an strenge Regeln gebunden. Von drei bis fünf Fällen pro Jahr spricht Günter Riedner, der das theologische Prüfungsamt im Evangelisch-Lutherischen Landeskirchenamt in München leitet. Es könne nicht sein, dass jemand katholische Theologie unter dem Dach der Evangelischen Kirche vertritt. Darum gibt es zwei strenge Hürden, die der Kandidat bewältigen muss.
Zunächst gibt es ein theologisches Gespräch, auf dass sich der Übertrittwillige durch Literatur aber auch Gespräche vorbereiten kann. Dieses Kolloquium dauert eine Stunde. Seitens der Landeskirche sind ein Theologieprofessor, ein Dekan und Riedner dabei. Im Fall von Raphaela Holzinger fand das Treffen in Erlangen statt. Neben Riedner waren die Prof. Dr. Ursula Roth und Dekanin Britta Müller (Nürnberg-Süd) beteiligt. "Wer geeignet ist, unseren Glauben zu vertreten, einen originär evangelischen Standpunkt zu vertreten", wird zu einem zweiten Gespräch gebeten, in dem es um die Persönlichkeit des Bewerbers geht, sagt Riedner.
Schließlich entscheidet das Landeskirchenamt über die Berufung auf eine Pfarrstelle. Dabei gehe man, so Riedner, davon aus, dass der neue Pfarrer noch längere Zeit, zehn Jahre, im Dienst der Landeskirche bleiben wird. Grundsätzlich wird der Pfarrer nicht mehr im Bereich seiner früheren Diözese eingesetzt.
Quelle: kör
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Karl-Heinz Körblein
Evangelische Kirche
Evangelische Pfarrer
Kirchenrecht
Landeskirchenamt
Müller Schweinfurt
Pastoralreferentinnen und Pastoralreferenten
Theologieprofessoren
Wolfgang Weich
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • l.saubert@web.de
    Früher war es üblich, dass man aus gegenseitigem Respekt nicht mit Konvertiten an die Öffentlichkeit gegangen ist. Dieser Respekt scheint einseitig verloren gegangen zu sein. Es gibt bestimmt auch Menschen, denen die Beliebigkeit und Anbiederung an den Zeitgeist bei der Evangelischen Kirche ein Übel ist. Wird darüber auch so "informiert"?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Lebenhan1965
    @ l.saubert

    Dass es früher nicht publik gemacht wurde, wenn ein Pfarrer von einer Kirche zur anderen wechselte, kann nicht stimmen.

    Ich erinnere mich gut an einen Bericht über einen evangelischen Pfarrer, der vor ein paar Jahren zur katholischen Fraktion wechselte. Ich glaube der Vorgang fand im Bistum Eichstätt statt. Da wurde auch deutlich erwähnt, dass er verheiratet war und zwei erwachsene Kinder hat. Das war aber für die Katholen kein Hindernis diesen Seitenwechsler zu ordinieren.

    Diese verlogene unmoralische rkK kann also auch Abtrünnige aufnehmen, sogar gegen intern gestellte Hürden für den eigenen Nachwuchs oder bereits erprobte selbst ausgebildete Hirten. Denn die werden in die Wüste gejagt und finden keine Anstellung mehr in Ihrem Verein auch nicht in völlig anderer, nicht geistlicher Position.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mila
    Egal ob katholisch oder evangelisch: das eigene Vertrauen in Gott sollte unser Handeln und Leben bestimmen. Dass die Firma Katholisch Probleme hat ist auch normal, auch wie damit umgegangen wird, ist schon normal: sind alles Männer, die an ihrer Macht kleben und Angst vor den Fähigkeiten der Frauen haben. Der Vatikan mittlerweile ein Kleinstaat von Scheintoten, die auch an ihrer Macht festhalten und jegliche Veränderung fürchten, weil ihnen ihr Gottvertrauen abhanden gekommen ist. Wer auf Gott vertraut, bleibt ihm treu und hüpft nicht von Baum zu Baum, kämpft und tritt für ihn ein.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • 1958kosb
    Ich hab neulich auch meinen Arbeitgeber gewechselt🤔
    War aber nicht in der Zeitung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • m.schmitt.stadtlauringen@gmail.com
    Verheiratet und dann noch weiblich. Da sind ja gleich zwei Dinge die gegen eine katholische Weihe sprechen. Ich finde den Schritt gut und die Gründe sind auch gut dargestellt.

    Trotzdem sollte man erwähnen, dass es auch in der evangelischen Kirche an männlichen und weiblichen Pfarrern mangelt, obwohl diese heiraten dürfen und obwohl Frauen geweiht werden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Bravo Frau Holzinger, das haben Sie gut gemacht!
    Ich kann Ihre Argumente total nachvollziehen.
    Alles Gute
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • eboehrer@gmx.de
    An Raphaela Holzinger: Ich finde Ihren Schritt lobenswert und wünsche Ihnen für Ihre Pfarrstelle alles Gute.
    An Lebenhan1965: Ich bin, wie so oft, Ihrer Meinung.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Lebenhan1965
    Dass ich es noch erleben werde,

    dass die römisch katholische Kirche Pfarrerinnen weiht, glaube ich nicht mehr.

    Diese Organisation ist in sich so erstarrt und autoritär organisiert, dass so eine Veränderung für Jahrzehnte noch nicht denkbar wird.

    Schon die Zulassung verheirateter Pfarrer scheint ja da so viel Sprengkraft zu entwickeln, dass es in Rom nicht wirklich denkbar scheint.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten