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SCHWEINFURT
„Panzerfäuste sind ein Sauzeug“
Andreas Heil, Prokurist der Firma K.A. Tauber, spricht über die Herausforderungen, die alte Kampfmittel auch heute noch mit sich bringen.
Foto: Uwe Eichler | Andreas Heil, Prokurist der Firma K.A. Tauber, spricht über die Herausforderungen, die alte Kampfmittel auch heute noch mit sich bringen.
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 21.04.2018 02:23 Uhr

Frage: Wie wird man eigentlich Kampfmittelräumer? Ist das eine Ausbildung bei der Bundeswehr, eine Spezialausbildung?

Andreas Heil: Kampfmittelräumer ist klar eine Spezialausbildung, Feuerwerker sind aber auch viele Quereinsteiger, Menschen, die sich einfach mit dem Thema beschäftigt haben und da reingerutscht sind. Die Bundeswehr hat da heutzutage nichts mehr damit zu tun, es ist eine völlig getrennte Sparte.

Mit wieviel Weltkriegsbomben muss man in Bayern noch rechnen, grob geschätzt?

Heil: Es sind mit Sicherheit noch weit über 10.000 Blindgänger.

In unserer Gegend, Mainfranken und Unterfranken, gibt es da Gegenden, die besonders gefährdet sind und umkämpft waren, sozusagen „Hotspots“ im Bereich der Blindgängersuche?“

Heil: Klar, Schweinfurt mit den Kugellagerwerken und Aschaffenburg. Würzburg war bis Ende des Zweiten Weltkriegs verschont, dann gab es kleinere Angriffe, den Großangriff vom 16. März 1945, es wurde extrem stark bombardiert, mit extrem heftigen Bränden.

Das sind die „Hotspots“ in Mainfranken, was nicht bedeutet, dass nicht andere, kleine Gemeinden einiges abgekriegt haben. Das Böse ist immer und überall, Krieg ist immer und überall, es ist einfach so.

Sie haben die Luftaufnahmen erwähnt, gibt es neue Techniken, die die Suche mit Archivbildern erleichtern?

Heil: Nein. Die Luftbilddatenbank Carls hat hier bahnbrechende Arbeiten geleistet, mit Digitalisierung und Archivierung. Es ist und bleibt eine wahnsinnige Fleißarbeit. Elektronisch machen kann man da viel, aber nicht alles.

Wie gefährdet sind Landwirte und Bauarbeiter?

Heil: Sehr! Landwirte sind vor allem in Gebieten mit Bodenkämpfen gefährdet. Weil gerade Munition, die einmal metertief im Boden war, im Lauf der Jahre wieder „hochfriert“. Es hat gerade hier, in der Gegend von Kitzingen, im Jahr 1984 einen tödlichen Unfall gegeben. Ein Landwirt hat eine Mine hochgepflügt und wollte noch gucken, was da ist, da hats gekracht. Der Mann war sofort tot.

Wieviele Einsätze hat die Firma pro Jahr?

Heil: Wir sind über Bayern mit drei Sprengkommandos verteilt und haben etwas über tausend Einsätze im Jahr. Großbomben, von hundert Pfund aufwärts, haben wir so 150 bis 250 Stück im Jahr.

Was wären besonders gefährliche, heimtückische Sprengkörper? Bomben, Minen?

Heil: Jedes Objekt ist heimtückisch. Besonders gefährlich sind die Langzeitzünder-Bomben wie die 2012 in München, die uns aufgrund ihrer Zündertechnik, mit Ausbausperre, die zudem besonders erschütterungsempfindlich ist, extreme Kopfschmerzen bereiten. Völlig unterschätzt werden die Gefahren durch Panzerfäuste. Panzerfäuste sind ein „Sauzeug“, anders kann man es nicht sagen.

Gibt es am Blindgänger den berühmten „richtigen Draht“ den man finden und durchschneiden muss, Situationen, wo man wirklich schwitzt?

Heil: Ich sehe an ihrem Lächeln, dass Sie genau wissen, dass das keine Drähte sind. Es wird in der Regel mechanisch gearbeitet, mit Drehen. Da gibt es aber dann schon Zünder, die haben Linksgewinde. Drähte durchschneiden, oder raten und hoffen, dass man den richtigen erwischt, müssen wir nicht. Es gibt aber viele andere tückische Methoden, den Kampfmittelräumer ums Leben zu bringen, die bis heute funktionieren.

Zitternde Hände gibt es auf jeden Fall?

Heil: Die Leute haben in dem Moment, in dem sie an der Munition sind, einen Riesenvorteil: Sie haben alle Zeit der Welt und „den Hut auf“. Wenn sie der Meinung sind, es geht nicht mehr, gehts nicht mehr. Dann kommt entweder der Kollege oder es wird gesprengt. Angst ist ein falscher Berater. Sie haben als Kampfmittelräumer einen sehr hohen Respekt, sorgen dafür, dass keine Routine einkehrt, es wird auch viel trainiert.

 
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