„Sie wird immer blasser, immer schwächer, sie schläft mehr und mehr“, informiert Tanja Lohrbacher ihre Kollegen über eine Patientin. Pünktlich um acht Uhr beginnt im Büro des Schweinfurter Gesundheitsparks die Morgenbesprechung des ambulanten Palliativteams. Die Mitarbeiter von „Palliativo“ besprechen den Tagesablauf, reden über die weiteren Behandlungen von Patienten. Einige dieser Patienten werden nicht mehr lange leben.
Der Kontakt mit todkranken Menschen gehört für die Mitarbeiter zum Berufsalltag. Im Team wird trotzdem gelacht, der Umgang ist freundschaftlich. Aktuell werden Patienten in den Städten und Landkreisen Schweinfurt und Bad Kissingen betreut. Davon sind die meisten durchschnittlich 28 Tage in Behandlung, dann sterben sie. Allerdings gibt es auch Menschen, die schon seit der Gründung des Palliativ-Teams im Januar betreut werden. „Die Basisbehandlung wird durch Hausärzte und Pflegekräfte abgedeckt, wir leisten eine Zusatzversorgung“, sagt Gregor Stacha. Der Pflegerische Leiter hat in seinem Team vier Mediziner und sieben Pflegekräfte. Alle haben sich im palliativen Bereich spezialisiert.
80 Prozent wollen zuhause sterben
„Unser Ziel ist es, die letze Lebensphase der Patienten möglichst symptomfrei zu gestalten“, sagt Stacha. Deshalb liegt das Hauptaugenmerk darauf, alles zu tun, damit die Sterbenden zuhause bleiben können. Laut Stacha wünschen sich das 80 Prozent der Betroffenen. In der Realität würden aber deutlich weniger Menschen daheim bleiben können. Sie sterben dann in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder stationären Palliativabteilungen. Um das zu verhindern, ist das Palliativ-Team rund um die Uhr erreichbar. Im Dienst fahren die Fachkräfte regelmäßig zu ihren Patienten nach Hause und begleiten sie auf ihrem letzten Lebensweg.
„Viele unserer Patienten leiden an malignen Tumoren, Herzinsuffizienzen und Lungenerkrankungen“, sagt der leitende Arzt Peter Diehl. Er weiß, dass die Arbeit über die Behandlung der Patienten hinausgeht. „Wir begleiten auch die Angehörigen, unterstützen sie und helfen bei der Trauerbewältigung“, so Diehl. Der Mediziner fährt regelmäßig zu Patienten. Auch für ihn ist es nicht einfach, die Distanz zu wahren. Dennoch ist ihm der professionelle Umgang wichtig. „Es bringt ja niemandem etwas, wenn ich mich aufs Bett setze und heule“, so Diehl.
Mit dem Auto zu den Sterbenden
Heute steht der Besuch einer neuen Patientin im Dienstplan. Fachkrankenschwester Tanja Lohrbacher und Assistenzärztin Sabine Eisenbrand machen sich mit dem Auto auf den Weg zu ihr. Beide sind glücklich in ihrem Beruf. Die Menschen seien sehr dankbar, und abends könne sie mit einem guten Gefühl nach Hause gehen, sagt die 39-jährige Ärztin. Auch die Fachkrankenschwester kann sich einen anderen Beruf gar nicht mehr vorstellen.
Die neue Patientin hat Krebs, sie ist seit mehreren Wochen bettlägerig und wirkt schwach. Die beiden Frauen sprechen ruhig und herzlich mit ihr. Tanja Lohrbacher nimmt ihre Hand. Sabine Eisenbrand geht den Medikamentenplan durch und telefoniert mit dem behandelnden Hausarzt. „Wo haben Sie denn noch Schmerzen?“, fragt sie die Patientin. Die 77-Jährige kann dem Gespräch aber kaum folgen, immer wieder fallen ihr die Augen zu.
„Uns kommt es aufs Leben an“
Bei einem Erstbesuch geht es darum, die Patienten und deren Umfeld kennenzulernen. „Wir schauen, wo es Probleme gibt, wo wir helfen können“, so Lohrbacher. So können neben Medikamenten beispielsweise auch Hilfsmittel verordnet werden. Das können Rollstühle, Pflegebetten oder auch Rollatoren sein. Nach dem Patientenbesuch fahren Lohrbacher und Eisenbrand wieder in die Zentrale und dokumentieren ihren Einsatz. „Hier war es jetzt schwierig, weil der Ehemann nicht da war und wir nun noch mehr Informationen sammeln müssen“, erklärt Lohrbacher.
Der tägliche Umgang mit dem Tod ist Routine für die Fachkräfte von „Palliativo“. Der Tod ist für sie deshalb kein Tabuthema. „In meinem Freundeskreis reden wir ganz offen darüber“, sagt Lohrbacher. Dennoch gebe es nach wie vor zu wenige Menschen, die in dem Bereich arbeiten wollen. „Hier in Schweinfurt sind wir noch in den Kinderschuhen, woanders gibt es solche Palliativ-Teams schon länger“, weiß der Pflegerische Leiter Gregor Stacha. Die Arbeit werde aber von Patienten und deren Angehörigen sehr gut angenommen.
„Man nimmt immer etwas mit nach Hause“
Trotz Professionalität ist die Arbeit mit Sterbenden eine Belastung für Ärzte und Pflegekräfte im Team „Palliativo“. Jeden Freitag gibt es eine Besprechung, in der es um die Befindlichkeiten der Mitarbeiter geht. „Hier dürfen auch mal Tränen kullern“, sagt Gregor Stacha. Die Beziehung zu den Betroffenen sei für das Palliativ-Team wesentlich intensiver als zwischen Fachkräften und Patienten, die sich im Krankenhaus begegnen. „Man nimmt natürlich immer etwas mit nach Hause“, sagt Tanja Lohrbacher. Im Büro steht ein Glas mit Federn. Für jeden verstorbenen Patienten wird eine Feder hineingelegt. „Damit können wir dann auch irgendwie loslassen“, beschreibt sie das Ritual.
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Nochmals herzlichen Dank dafür