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Region Gerolzhofen
Neues Mobilitätskonzept: Was kommt auf den Landkreis Schweinfurt zu?
Der Landkreis Schweinfurt hat ein neues Mobilitätskonzept ausgearbeitet, das auf deutlich weniger Buslinien fußt, allerdings auf den Stundentakt setzt und Zubringer-Taxis anbietet.
Im neuen Mobilitätskonzept des Landkreises Schweinfurt, dessen Entwurf derzeit zur Diskussion steht, wird auf einen engmaschigen Busverkehr gesetzt. 
Foto: Jan Woitas | Im neuen Mobilitätskonzept des Landkreises Schweinfurt, dessen Entwurf derzeit zur Diskussion steht, wird auf einen engmaschigen Busverkehr gesetzt. 
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:23 Uhr

Nach der Bürgerbeteiligung in verschiedenen Gemeinden (in Gerolzhofen fand diese in der Erlöserkirche statt) und nach umfangreichen Untersuchungen, Datenerhebungen und Auswertungen hat die vom Landkreis beauftragte Fachfirma Kobra NVS aus Kassel, ein Dienstleister und Planungsbüro speziell für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), drei verschiedene Varianten eines Mobilitätskonzepts für den Landkreis vorgelegt. Der ÖPNV-Beirat und der Kreisausschuss des Kreistages haben sich inzwischen für die dritte Variante, das so genannte "Zielsystem C", entschieden. Die daran enthaltenen Überlegungen sollen jetzt bei interkommunalen Veranstaltungen vor Ort im Detail vorgestellt und diskutiert werden.

Dass ein Handlungsbedarf beim ÖPNV besteht, ist unbestritten. Aus Sicht der Fahrgäste sei die aktuelle Situation im ÖPNV des Landkreises Schweinfurt unbefriedigend, schreibt auch das Planungsbüro Kobra in seinem Zwischenbericht. Es gebe einen starken Qualitätsbruch zwischen der Stadt Schweinfurt und den an den Stadtbus angebundenen Stadtrandgemeinden auf der einen Seite und dem Rest des Landkreises auf der anderen Seite.

Schwer verständliche Busfahrpläne

Die aktuellen Busfahrpläne bestehen derzeit zum Großteil aus Schulbusfahrten und einigen Fahrten, die von den Verkehrsunternehmen noch als wirtschaftlich tragbar angesehen werden. Oftmals fehlt es an der Taktung. Hinzu kommt, dass das Lesen - und Verstehen! -eines Busfahrplans leider noch immer einer eigenen Wissenschaft gleichkommt. Es gibt unterschiedliche Fahrzeiten an Werktagen und an den Sonn- und Feiertagen, unterschieden wird zudem, ob Schule ist oder ob gerade Ferien sind. Zu bestimmten Uhrzeiten werden manche Stationen überhaupt nicht angefahren, dann gibt es Bedarfshaltestellen sowie reine Ein- oder reine Ausstiegshaltestellen. Und um den Schwierigkeitsgrad nochmals zu steigern, werden mitunter die Haltestellen in wechselnder Reihenfolge angefahren. Dies alles sei ein "Nutzungshindernis", hatte der ÖPNV-Sachbearbeiter am Landratsamt, Michael Graber, schon im Dezember im Kreistag festgestellt. Hinzu komme noch das aktuell ebenfalls fahrgastunfreundliche Tarifsystem, das bei Umstiegen ein Nachlösen notwendig macht, kritisiert Kobra.

Abhängigkeit vom Auto

Das Büro Kobra hat zudem zahlreiche "Bedienlücken" ermittelt, vor allem am Abend und am Wochenende. "Auch sind viele kleinere Orte, oft am Rand des Landkreises gelegen, unterversorgt." Für die meisten Wege werde der ÖPNV von den Landkreisbewohnern deshalb als ungeeignet empfunden. Entsprechend stark sei die Fixierung auf und die Abhängigkeit vom Auto. Der Zweitwagenanteil in den Haushalten sei hoch. "Insgesamt ist eine Neukundengewinnung mit dem bestehenden System also schwierig bis unmöglich", heißt das recht niederschmetternde Urteil der Experten. Erschwerend komme hinzu,  dass die Schülerzahlen und zu fast gleichen Anteilen die gesamten Fahrgastzahlen zurückgehen. Dies werde den eigenwirtschaftlichen Betrieb vieler Linien für die Busunternehmer in naher Zukunft weiter erschweren.

Die Idee: So könnten im südlichen Landkreis die Routen der neuen vier Hauptbuslinien verlaufen.
Foto: Landratsamt | Die Idee: So könnten im südlichen Landkreis die Routen der neuen vier Hauptbuslinien verlaufen.

Das "Zielsystem C", auf das derzeit alles hinausläuft, soll grundlegende Verbesserungen bringen. Frühester Termin der Umsetzung ist allerdings erst das Jahr 2024, wenn die Konzessionen für die derzeitigen Buslinien auslaufen. Es sieht vor, dass es statt der bisher 23 Linien im Landkreis dann nur noch 13 Hauptlinien gibt, die alle zum Oberzentrum Schweinfurt laufen. Die Busse auf diesen neuen Hauptlinien sollen, so die Planungen, möglichst ohne Ausnahme im Stundentakt verkehren - und möglichst immer auf der gleichen Fahrtroute. Im Falle von Linienüberlagerungen kann unter Umständen sogar ein Halbstundentakt angeboten werden.

Sammeltaxis als Zubringer

Die Fahrgäste aus den Ortschaften, die nicht von einer der 13 Hauptlinien berührt werden, sollen mit "Bedarfsverkehren" zu einem der Haltepunkte an den Hauptlinien gebracht werden. Für so einen individuellen Bedarfsverkehr mit Anrufsammeltaxis (AST) muss man sich 30 Minuten vorher in einer neu zu schaffenden Dispositionszentrale anmelden, die dann das AST zum Abholen vorbeischickt.  

So hoch wie der Anspruch dieses neuen Konzepts, so hoch sind allerdings auch die Kosten. Alleine für den Betrieb der Hauptlinien werden im Jahr rund 6,5 Millionen Euro fällig, wobei man mit Betriebskosten von 2,50 Euro pro Fahrplankilometer kalkuliert. Zusätzliche rund 100 000 Euro im Jahr würde die neue Dispositionszentrale kosten. Und für die kleinen Bedarfsverkehre, also die individuell bestellten AST-Zubringerdienste zu den großen Bushaltestellen, rechnet man mit Ausgaben von fünf Euro pro Personenkilometer. Welche Ausgaben bei den AST in der Summe zusammenkommen würden, ist letztlich unklar, weil auch der Bedarf für die AST noch unklar ist.

Schwierige Kalkulation

Auf der anderen Seite ist auch die Höhe der zu erwartenden Einnahmen schwer abzuschätzen, denn sie hängt einzig und allein davon ab, wie die Fahrgäste das neue Konzept akzeptieren und wie viele Menschen in die Busse einsteigen. Vielleicht können die Fahrgastzahlen durch das deutlich verbesserte Angebot sogar steigen. Dementsprechend breit ist auch der Korridor der zu erwartenden Einnahmen: Er hat eine Spanne von 600 000 bis zu zwei Millionen Euro.

Das Fachbüro Kobra listet auch die offenkundige Nachteile in Sachen "Zielsystem C" auf: "Vergleichsweise teuer in der Umsetzung und im Betrieb (hoher Personalbedarf)", heißt es. Leerfahrten beim regelmäßigen Stundentakt könnten nicht ausgeschlossen werden und das AST-System habe eine "hohe Einstiegshürde". Es müsse erst den Neukunden erklärt und explizit beworben werden. Insgesamt, so Kobra, sei die Eigenwirtschaftlichkeit des Systems "fraglich". Es sei auf jeden Fall ein "langer Atem erforderlich".

Vier Hauptlinien im Süden

Im südlichen Landkreis Schweinfurt im Bereich des Altlandkreises sind nach den bisherigen Entwurfsplanungen vier Hauptlinien vorgesehen, die im Stundentakt verkehren sollen. Drei Linien berühren Gerolzhofen.

- die Linie 8160 führt (eventuell von Ebrach im Landkreis Bamberg kommend) durch das Gemeindegebiet von Oberschwarzach und Schallfeld nach Gerolzhofen und weiter über Alitzheim, Sulzheim, Grettstadt und Gochsheim nach Schweinfurt. Der Anschluss von Ebrach an die Linie wäre wünschenswert, allerdings sind hier verschiedene Aufgabenträger in zwei Regierungsbezirken involviert. Falls die Bahnstrecke wiederbelebt wird, fällt die Linie 8160 allerdings weg.

- die Linie 8150 führt (eventuell von Wiesentheid im Landkreis Kitzingen kommend) über Lülsfeld und Frankenwinheim nach Gerolzhofen, und von dort geht es weiter über Dingolshausen, Michelau, Donnersdorf, Obereuerheim und Gochsheim nach Schweinfurt;

- die Linie 8137 a (die Streckenbezeichnung ist noch ein Arbeitstitel) führt (eventuell von Volkach im Landkreis Kitzingen aus) nach Kolitzheim und von dort weiter über Lindach und Stammheim den Main entlang nach Schweinfurt;

- die Linie 8137 b (diese Streckenbezeichnung ist ebenfalls noch ein Arbeitstitel) führt (eventuell ebenfalls von Volkach im Landkreis Kitzingen aus) über Frankenwinheim nach Gerolzhofen und weiter über Mönchstockheim, Sulzheim und Alitzheim nach Herlheim und von dort über Ober- und Unterspiesheim nach Schwebheim und Schweinfurt. 

Zwei Gemeinden meldeten sich

Die erarbeiteten Ideen und Überlegungen sollen vom Landratsamt jetzt bei interkommunalen Veranstaltungen im Detail vorgestellt und auch diskutiert werden.Das Landratsamt Schweinfurt habe inzwischen alle Gemeinden angeschrieben und ein Angebot zur Erörterung der bisherigen ÖPNV-Planungsergebnisse gemacht, teilt Uta Baumann, die Pressesprecherin des Landratsamtes, auf Anfrage dieser Redaktion mit. Die Gemeinden wurden bis 7. Februar 2019 um Rückmeldung gebeten, sofern sie dieses Angebot annehmen möchten. Baumann weiter: "Es haben sich nur zwei Gemeinden aus dem südlichen Bereich für eine Information bei uns angemeldet: Dingolshausen und Frankenwinheim."

Ein Termin für die Info-Veranstaltung befinde sich derzeit noch in der Abstimmung.

 
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Kommentare
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  • fw@widdi.de
    Andy25.... jetzt mal sachlich ernsthaft.

    ZITAT AUS ARTIKEL
    ---
    Auch sind viele kleinere Orte, oft am Rand des Landkreises gelegen, unterversorgt." Für die meisten Wege werde der ÖPNV von den Landkreisbewohnern deshalb als ungeeignet empfunden.
    ---

    Nun die Frage.... was hilft der Schrei nach der Bahn im Westen , Nordrn und Psten des Landkreis? Der Kreistag hat eine Verantwortung für alle Landkreisbewohner.... nicht nur die Menschen entlang der gedachten Bahnlinie.

    Und auch bitte den Absatz zu AST lesen.
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  • geowiss
    Fragt sich nur was AST dann kosten sollen. Im Augenblick ist es so teuer, dass ich gerne darauf verzichte. 3,85 Euro von Geo nach Schweinfurt im Linienverkehr, mit AST soll es aber lt. Auskunft unter der AST-Hotline schon heute > 10 Euro kosten.
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  • Reinshagen153@t-online.de
    Stimmt absolut: komplizierte Fahrpläne & endlos viele Ausnahmen versteht niemand - das schreckt Autofahrer ab - ein fester Takt auf immer gleichem Weg ist viel besser.

    Warum bleibt aber die Steigerwaldbahn im Artikel unerwähnt? Der Stundentakt der Busse verträgt sich erstklassig mit der Steigerwaldbahn, die die Haupt-Buslinie 8160 ersetzen würde. Man könnte dann sogar die restlichen 3 Linien zu einer Einzigen zusammenfassen, die im Zickzack rechts und links der Bahn alle Dörfer abfährt und die Bahn mehrfach an Bahnhalten kreuzt.

    2022 wird die Maxbrücke abgebrochen und komplett neu gebaut! Die Hahnenhügelbrücke mit derzeit über 40.000 Kfz/Tag wird dann wohl von ca. 70.000 Kfz/Tag befahren. Sie wurde aber in den 60ern nur für 10.000 Kfz/Tag gebaut! Das erhöht das Risiko eines Brückeneinsturzes, das man laut Fachleuten nie zu 100% ausschließen kann!

    Nach Maxbrücke wird Hahnehügelbrücke neu gebaut! Ein langes Straßenbrückenchaos! Danach von Ludwigsbrücke bis Sennfeld immer noch Stau!!
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  • KlausVogt
    Sehr geehrter "Andy25": Die Steigerwaldbahn wird natürlich im Artikel erwähnt. Zu diesem Thema gibt es zudem einen weiteren Artikel, der verlinkt ist. MfG MP-Redaktion GEO
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