Hell, fast weiß, strahlend und leuchtend wird die Stadt Jerusalem in diesem Sommer auf der Freilichtbühne Sömmersdorf erscheinen. In dieser Kulisse werden 400 Dorfbewohner bei ihren Fränkischen Passionsspielen die Geschichte vom Leben, Sterben und Auferstehen Christi als Theaterstück spielen. Die Zuschauer dürfen neben vielen Veränderungen auch ein neues Bühnenbild erwarten – Überraschungen inklusive.
Drei mal zwei Meter groß ist das Modell der gut 40 Meter breiten Passionsspielbühne, das der professionelle Berliner Bühnenbildner André Putzmann nach Sömmersdorf mitgebracht hat. Was sofort auffällt, sind neben den Elementen arabischer Architektur vor allem die Malereien auf den Wänden der Treppenaufgänge zu den verschiedenen Spielebenen. "Das sind keine vollständigen Bilder, das ist fragmentarische Malerei", sagt der Künstler. "Es lag einfach nahe", meint er zu seinem Entwurf, vor allem nach den Gesprächen mit den Regisseuren Silvia Kirchhof und Kai Christian Moritz.
Ihnen ist es wichtig, nicht nur ein Ereignis von vor 2000 Jahren zu erzählen. "Es geht um die Überlagerung der Geschichte, darum, wie sie im Laufe der Jahrhunderte aufgenommen wurde, wie sie die Kultur geprägt hat", fasst Moritz zusammen. "Unser Antrieb ist zu zeigen, warum Sömmersdorf diese Geschichte von großer Tragweite erzählt", ergänzt Kirchhof.
Regisseurin Silvia Kirchhof: "Es wird ein sinnliches Erlebnis für die Zuschauer."
Szenen mit Tieren aus der Bibel, mit Schafen, Fischen, Rindern oder Löwen sind in den Fragmenten zu entdecken. Selbst Engel im Giotto-Stil schweben auf den Türmen des Bühnenhauses.
Vor allem die Bemalung des mächtigen Tempeltores wird die Aufmerksamkeit der Zuschauer erregen, hofft der Bühnenbildner, der bereits bei der Passion 2018 sowie beim "Robin Hood"-Theater in Sömmersdorf agierte. In Rottönen sind viele Schriften auf der großen Fläche übereinander geschrieben. "Das nennt man ein Palimpsest", erklärt Putzmann. Damals sei es üblich gewesen, die Papyrusrollen abzuwaschen, um sie erneut zu verwenden, ergänzt Moritz. Hebräische Schriftzeichen sollen es werden, meint Putzmann, "und mit den beiden Türmen rechts und links des Tores soll es wie eine Thora-Rolle wirken".
Die verschiedenen Religionen in Jerusalem werden deutlich, jüdische, christliche und islamische Elemente tauchen auf. "Es wird ein sinnliches Erlebnis für die Zuschauer", unterstreicht Kirchhof.
Gemalte Bilder werden auf die LED-Wand projiziert
Bauten für Häuser sowie den Palast des römischen Statthalters Pontius Pilatus werden die rechte Bühnenseite als Stadt charakterisieren. Das freie Feld, die Landschaft, wird auf der linken Seite dargestellt. Auf der oberen Spielebene wird auch das Kreuz Jesu sowie der beiden Schächer einen neuen Platz erhalten. Sie sollen von allen 2000 Zuschauerplätzen aus besser einsehbar sein.
Eindrucksvoll wird die Malerei in verschiedenen Szenen in der Innenbühne im Bühnenhaus wieder aufgenommen: Gemalte Bilder werden auf die große, verschiebbare LED-Wand projiziert: Sei es das Abendmahl im Stil des Da Vinci-Gemäldes, sei es die Landschaft am Ölberg oder beim Gang nach Emmaus. "Wir haben die Leinwand jetzt besser in Griff, die Auflösung ist jetzt besser", erklärt Co-Vereinsvorsitzender Dieter Mergenthal.
4,9 Tonnen Holz sind schon bestellt
Für den Bau der Gebäude und der beweglichen Gegenstände – von der mannshohen Menora bis zum Wandschirm der Herodes-Szene – sind ehrenamtlich Michael Garbe und Kurt Stark verantwortlich. Ihnen hat André Putzmann einen Ordner voller Werkzeichnungen mitgebracht, mit den Fotos, Beschreibungen und Maßen der zu bauenden Utensilien. "Wir nehmen dafür Holz, Platten, Styropor, Stoffe und Draht", sagt Garbe, der seit 25 Jahren im Bühnenbau mithilft. Allein 4,9 Tonnen Holz sind schon bestellt.
Möglichst viel von bisherigen Bauteilen soll allerdings verwendet werden. Weil den Bühnenbauern Nachhaltigkeit wichtig ist, recyceln sie Latten, Platten oder Schrauben und verwenden umweltfreundliche Naturfarben.
Eine Entscheidung ist noch offen
Noch offen ist, wie das wichtigste Möbel des Stücks geschreinert werden soll: Ein Tisch, genauer viele Tische, die mehrfach verwendbar sein sollen: Als große Tafel, um die sich eine Sömmersdorfer Großfamilie versammelt, als Verkaufstische der Händler im Tempel, als Stühle bei der Beratung des Hohen Rates oder als Tisch beim Abendmahl. "Der Tisch ist Symbol für das Kernthema des Stücks: Die Gemeinschaft", erläutert Kirchhof. Das stehe auch für die Sömmersdorfer und ihre Passion.
Beeindruckt vom kreativen Bühnenmodell und den dahinter stehenden Gedanken ist Co-Vereinsvorsitzender Norbert Mergenthal. "Es ist ein komplett neues Konzept", meint er und verweist auch auf das überarbeitete Textbuch, die neue Musik, neue Szenen, neue Emotionen.
Viel Arbeit liegt noch vor dem Verein. Bis zu den ersten Außenproben um Ostern herum müssen die wichtigsten Requisiten fertig sein.
Mulch für den Bodenbelag vom Euerbacher Häckselplatz sichert Bürgermeisterin Simone Seufert zu. Damit Pferde und Kamele gut darauf laufen können. Mehrere Tonnen Häckselgut braucht es für die 250 Quadratmeter Bühnenfläche. Und möglichst hell soll es sein. Damit Jerusalem strahlen kann.