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Oberschwarzach
Retter werden bald digital alarmiert
Nach dem Funkverkehr wird nun auch die Alarmierung der Rettungsdienste auf Digital umgestellt. Der Freistaat baut dafür neue Sendemasten, um das Tetra-Netz zu verdichten.
Moderner, mehr Funktionen, bessere Sprachqualität: Der BOS-Digitalfunk löste vor geraumer Zeit die Technik aus den frühen 70-er Jahren in Stadt und Landkreis Schweinfurt ab. Jetzt wird auch die Alarmierung der Retter auf Digital umgestellt.
Foto: Kreisfeuerwehrverband Schweinfurt | Moderner, mehr Funktionen, bessere Sprachqualität: Der BOS-Digitalfunk löste vor geraumer Zeit die Technik aus den frühen 70-er Jahren in Stadt und Landkreis Schweinfurt ab.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 12.09.2022 15:33 Uhr

Westlich von Oberschwarzach auf dem Distelberg wird derzeit ein neuer Funkmast in Betrieb genommen. An der Spitze des 45 Meter hohen Bauwerks sind zwei Stahl-Rundbühnen angebracht, die mit Sendern ausgestattet werden. Der neue Mast dient zur Verbesserung des Digitalfunknetzes, das von den sogenannten "Behörden mit Ordnungs- und Schutzaufgaben" (kurz: BOS) genutzt wird. Zu den BOS zählen die Rettungsdienste, die Feuerwehren, die Katastrophenschutzeinheiten und die Landes- und Bundespolizei, aber auch der Verfassungsschutz und andere staatliche Spezialeinheiten.

Federführend bei der Optimierung des BOS-Funknetzes im Freistaat ist das Bayerische Landeskriminalamt (LKA). Um eine weitere Verdichtung der Funkzellen zu erreichen, werden im Landkreis Schweinfurt derzeit drei neue Masten errichtet, berichtet Stefan Klein vom LKA in einem Gespräch mit dieser Redaktion. Weitere Standorte für diese Sendemasten neben Oberschwarzach sind Gochsheim und ein Bereich im Steigerwald, etwa auf halber Strecke gelegen zwischen dem Zabelstein-Parkplatz und dem Hainachshof.

Bestehende Masten werden genutzt

Weil die Baustelle für den BOS-Funkmast mitten im Wald erst jetzt begonnen wurde und es also noch dauert, bis dort ebenfalls ein Mast stehen wird, wird in der Übergangszeit zwischen Prüßberg und Neuhausen eine mobile Basisstation aufgestellt. Zudem gibt es drei weitere neue Sender-Standorte, die Stefan Klein als "Mitnutzungsstandorte" bezeichnet: bei Hergolshausen, zwischen Ober- und Untereuerheim und bei Röthlein. Dort werden an bereits stehenden Funkmasten privater Telefonanbieter die BOS-Sender montiert. 

Der Standort bei Oberschwarzach füge sich gut in das bestehende BOS-Funknetz ein, erklärt Klein. Bislang habe es gerade im Bereich von Handthal keinen optimalen BOS-Funkempfang gegeben. Diese Unterversorgung werde nun beseitigt. Auch der nördlich von Handthal gelegene Tal-Kessel mit dem Sägbrunngraben könne durch Reflexionen jetzt gut abgedeckt werden.

Bei einem Pressetermin stellten Torsten Storath vom Staatlichen Bauamt Schweinfurt (rechts) und der Oberschwarzacher Bürgermeister Manfred Schötz das Funkmast-Projekt auf dem Distelberg vor. Rechts im Hintergrund liegt Oberschwarzach.
Foto: Klaus Vogt | Bei einem Pressetermin stellten Torsten Storath vom Staatlichen Bauamt Schweinfurt (rechts) und der Oberschwarzacher Bürgermeister Manfred Schötz das Funkmast-Projekt auf dem Distelberg vor.

Entschädigung vom Freistaat

Der neue Mast bei Oberschwarzach steht auf einem Grundstück der Marktgemeinde, sagt Bürgermeister Manfred Schötz. Der Gemeinderat habe dem Bau an diesem Standort einmütig zugestimmt, weil man die Notwendigkeit des Projekts erkannt habe. Für den Baugrund bekomme die Gemeinde eine einmalige Entschädigung durch den Freistaat. Da alle Nachbarn den Bauantrag unterschrieben haben, sei das Genehmigungsverfahren unproblematisch gewesen, lobt Stefan Klein.

Der Mast bietet auch die Möglichkeit, dass sich Drittanbieter mit eigenen Sendern hier anmieten. Konkret könnte hier die Telekom interessiert sein, ergänzt Bürgermeister Schötz, denn diese suche schon seit längerer Zeit nach einem geeigneten Standort, um den recht schwachen Handy-Empfang in Handthal und in Teilen von Oberschwarzach zu verbessern.   

Zuständig für die Bauarbeiten an den Masten im Landkreis ist das Staatliche Bauamt Schweinfurt. Dessen Mitarbeiter Torsten Storath berichtet, dass das Projekt am Distelberg inklusive Erschließungsarbeiten etwa 380 000 Euro kosten wird. 

Abhörsicherer Funk

Der neue Mast oberhalb von Oberschwarzach dient künftig neben dem normalen Funkverkehr der BOS-Stellen auch für die geplante digitale Alarmierung der Einsatzkräfte, die in den kommenden Monaten in Betrieb gehen soll. Was hat es damit auf sich?

Zur Erklärung: Vor mehreren Jahren wurde der Funkverkehr zwischen den Fahrzeugen von Polizei, Rettungsdiensten, Feuerwehren untereinander und mit ihren Einsatzzentralen und Leitstellen vom analogen Funk auf ein digitales Funksystem (Tetra-Netz) umgestellt. Davor hatte man den analogen BOS-Funkverkehr mit speziellen Frequenz-Scannern, teils aber auch mit einem bloßen, uralten Radio illegal abhören können. Das digitale Tetra-Netz hingegen ist abhörsicher. Unbefugte können die Gespräche nicht mehr mithören. 

Digital bringt viele Vorteile

Aber auch sonst hat der moderne Digitalfunk den Rettern zahlreiche Vorteile gebracht. Im alten, analogen Funknetz waren die verfügbaren Frequenzen begrenzt und der Empfang nicht selten gestört. Polizei, Feuerwehr und Rotes Kreuz hatten jeweils eigene Frequenzen, was die Kommunikation zwischen den Diensten bei einem größeren Ernstfall erschwerte. Und: Alle Feuerwehren im Landkreis benutzten dieselbe Frequenz, was bei größeren oder bei mehreren zeitgleichen Einsätzen den Funkverkehr erheblich erschwerte.

Am vergangenen Montag wurde der neue 45 Meter hohe Funkmast bei Oberschwarzach mit einem riesigen Kranwagen aufgestellt.
Foto: Bayerisches Landeskriminalamt | Am vergangenen Montag wurde der neue 45 Meter hohe Funkmast bei Oberschwarzach mit einem riesigen Kranwagen aufgestellt.

Jetzt ist dies alles komfortabler. Es können bei den in den Fahrzeugen festinstallierten Geräten und bei den Handfunkgeräten Unterkanäle eingerichtet werden, damit alle Einsatzbeteiligten eine problemlose Kommunikation untereinander haben können. Verbesserungen des Funks gab es auch bei der Erreichbarkeit, zum Beispiel in Gebäuden, und bei der Sprachqualität, was insbesondere bei Feuerwehreinsätzen unter Atemschutz ein großer Vorteil ist.

Weiterer Verbesserungsbedarf

Doch es gibt noch weiteren Verbesserungsbedarf: Im Gegensatz zu den Funkgesprächen laufen die Piepser-Alarme für Notarzt, Rettungswagen und Feuerwehren noch immer über den analogen Funk. Die Alarm-Durchsagen können deshalb von Unbefugten abgehört werden, wobei dies natürlich verboten ist. Mit der geplanten Umstellung auf Digital wird dann auch die Alarmierung abhörsicher.

Bei der Integrierten Leitstelle (ILS) in Schweinfurt, die diese Alarme auslöst und die laufenden Einsätze für die Feuerwehren und den Rettungsdienst in der gesamten Region Main-Rhön steuert, laufen bereits konkrete Vorbereitungen für die Umstellung auf die digitale Alarmierung. Man sei derzeit dabei, die entsprechende neue Hardware zu testen, sagt Klaus Wörner, der stellvertretende Leiter der ILS. Wann dann die abschließende Freigabe durch das Bayerische Landeskriminalamt erfolge, sei aber noch unklar. Ursprünglich sei die Umstellung für das vierte Quartal 2021 geplant gewesen, "es kann aber auch später werden". 

Zentrale Ausschreibung läuft

Auch Kreisbrandrat Holger Strunk geht davon aus, dass die neue digitale Alarmierung "Ende dieses Jahres oder Anfang 2022" kommen wird. Momentan laufe unter Federführung des Freistaats die zentrale Ausschreibung für die neuen Alarmierungsgeräte für den gesamten Zuständigkeitsbereich der ILS Schweinfurt. Ziel ist es, dass innerhalb eines ILS-Gebiets immer nur Geräte des gleichen Typs zum Einsatz kommen. Auf dem Markt gibt es derzeit nur zwei Anbieter, die an der Ausschreibung teilnehmen: die Firma Motorola, die bereits die digitalen Sprechfunkgeräte für die Feuerwehren geliefert hat, und die Firma Airbus Defence and Space.

Allerdings werde es keinen Tag X geben wie damals bei der Einführung des Digitalfunks, als die Funksysteme mit einem Ruck umgestellt wurden. Diesmal wird Schritt für Schritt gewechselt. "Es wird diesmal einen längeren parallelen Betrieb von analoger und digitaler Alarmierung geben", sagt der oberste Feuerwehrmann im Landkreis. Der Kreisbrandrat geht davon aus, dass diese Übergangszeit sich über Jahre hinziehen kann: "Zwischen zwei und vier Jahre wird es sicherlich dauern."

Große Investitionen nötig

Dass es so lange dauert, liegt an den technischen Aufgaben, die zu stemmen sind. Beispielsweise müssen alle Sirenen im Landkreis umgerüstet werden. "Es werden dort Steuerungsgeräte eingebaut, die auf das digitale Funksignal reagieren", erklärt Holger Strunk. Dies sei Aufgabe der jeweiligen Kommune. Weitere Investitionskosten entstehen für Gemeinden auch dadurch, dass die zumindest bei größeren Feuerwehren bisher zur stillen Alarmierung genutzten Pager, sprich die "Piepser", für die neue digitale Alarmierung unbrauchbar sind. Es müssen neue Piepser angeschafft werden. Der Freistaat Bayern hat dazu ein Sonderförderprogramm aufgelegt, das momentan bis Ende 2022 läuft und für digitale Endgeräte und Sirenensteuerungen gilt.

Solche Investitionen kommen aber nicht nur auf die Kommunen zu, sondern auch auf die Rettungsdienst-Organisationen, wo ebenfalls die Pager für die Einsatzkräfte getauscht werden müssen. Thomas Lindörfer, Geschäftsführer des BRK-Kreisverbands Schweinfurt, hat bereits entsprechende Finanzmittel im Haushalt eingeplant, wobei er ebenfalls mit staatlicher Förderung rechnet.

Der Anschaffungspreis pro einzelnen Piepser ist recht happig: rund 500 Euro. "Und alleine unser BRK-Kreisverband benötigt davon 140 Stück", sagt Lindörfer. 

 
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