Einige Vögel waren schon da, bei der Vernissage zur Ausstellung in der Kunsthalle, aber sie spielten nicht die Hauptrolle. Der große Saal war wieder gänzlich neu gestaltet worden, mit Hubertus Hess und Peter Kampehl waren wieder Nürnberger Künstler nach Schweinfurt gekommen. "Was macht der Vogel mit der Linie?", so ist die Ausstellung betitelt.
Und darin werden gleich auf mehreren Sinnesebenen jene Linien angesprochen, die von den Dingen, den Objekten und den Menschen hin zu anderen Dingen, Objekten und Menschen gehen. Hubertus Hess, der Objektkünstler, hatte mehrere Vögel in seine Objekte integriert, Raben, Enten, Spatzen, ein Auerhahn und ein Fasan waren auch dabei.
Die Ausstellung spricht mehrere Sinnesebenen an
Von der oberen Galerie wirkten stählerne Silhouetten in den Raum hinein wie ferne Ahnengestalten, Fenstergitter waren zu kunstvollen Volieren umgestaltet, Trittleitern muteten wie Hochsitze für Jäger an. Hess ist ein ethnografischer Sammler, der aus einem riesigen Fundus schöpft, damit kann er alte schmiedeeiserne Zaunelemente zart wie Spitzendeckchen präsentieren, oder eben ausgestopfte Vögel, die es von den Dächern pfeifen, von den Dächern ihrer Käfige, oder es auch aus den Käfigen herausschreien.
Die Betrachtenden schauen und staunen und bemerken schnell die Verbindungen hin zu den Werken von Peter Kampehl, dessen Malerei auf einer anderen Ebene wirksam ist. Aus Tausenden von Punkten, Linien und Kreisen entsteht Bewegung in den Bildern, von den Bildern hinein in den Raum. Und in der Abstraktion entstehen eigene innere Bilder, da wächst ein Stadtkern aus dem Grau, da wird ein Kreis zur Kugel, ein rotes Flimmern wird zum Pfeil.
Die beiden Künstler verbindet eine lange Freundschaft
Kuratorin Barbara Kahle verwies auf die lange künstlerische Freundschaft, die die beiden Künstler verbindet und auf den Dialog zwischen Abstraktion und Figuration, auf das Augenwandern zwischen den beiden Polen, zwischen Kulturen und Wahrnehmungsebenen. Sie betonte, dass die sozialen und gesellschaftlichen Aspekte der Fundstücke von Hess durch die künstlerische Transformation neue Zusammenhänge herstellen, die bedenkenswert korrespondieren mit der Wahrnehmungsebene der Malerei. Da kommen afrikanische, balinesische oder japanische Einflüsse zur Wirkung, die uns dann doch nicht so fremd sind.
Zum Beispiel der Flaschengeist von Hess im Eingangsbereich, dessen afrikanischer Kopf auf einem Kalebassenkörper sitzt, wirkt freundlich vertraut, vielleicht weil er auch einen Vogel hat. Überhaupt die Vögel, die mit ganz anderen Sensoren die Welt wahrnehmen, die über Fähigkeiten zur Auslotung des Raumes verfügen, die uns gänzlich fremd bleiben müssen.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé, der in seinem Grußwort auf alte und neue Verbindungslinien zwischen Nürnberg und Schweinfurt hingewiesen hatte, betonte die Wichtigkeit der Kunst in Zeiten sich überlagernder Krisen, gerade in wenig resilienten Gesellschaften.
Zwischen den Menschen jedenfalls, die aus der dunklen Novembernacht in die festlich strahlende Kunsthalle gekommen waren, entstand innerhalb kürzester Zeit eine Verbindung und Kommunikation hin zur Kunst und nicht zuletzt zwischen den Betrachtenden selbst, so dass das angeregte Summen der Gespräche sich als Tonspur auf die Verbindungslinien legen konnte. Die Kunst als wahres Heilmittel für fragmentierte Wahrnehmungen. Ob das auch tagsüber funktioniert? Das mögen die künftigen Gäste der Ausstellung herausfinden, wenn sie den Vögeln lauschen.
Die Ausstellung ist bis 19. Februar zu sehen. Öffnungszeiten (Montag geschlossen): 10 bis 17 Uhr, Donnerstag 10 bis 21 Uhr.