Wenn demnächst ziemlich viele Autos mit Schweinfurter Kennzeichen am Steinhuder Meer parken, Paare jeden Alters schlagerbeschwingt und verliebt am Ufer flanieren, dann ist Ulrich Tukur schuld. Der präsentierte nämlich zum Auftakt des Schweinfurter Nachsommers im Kesselhaus von ZF mit seiner langjährigen Band, den Rhythmus Boys, seine Liebeserklärung an das vertraute Gewässer bei Hannover: "Am Steinhuder Meer". "Ein Welthit", sagt Tukur. Wer die Hymne mit der eigenartig vertrauten Melodie einmal gehört hat, will da unbedingt hin. Und mehr hören von diesem schrägen und faszinierenden Quartett.
Ulrich Tukur, bekannt als Schauspieler, unter anderem als "Tatort"-Kommissar, ist ein begnadeter Pianist und Sänger. Er kann singen wie Rudi Schuricke, hoch, ein bisschen näselnd, mit lustvoll rollendem R. Er kann sich aber auch anhören wie einer der amerikanischen Stars der Swing-Ära. Unbekümmert, leicht frivol, lässig.
Ist das ein Konzert, ein Musical, eine Art Theaterstück?
Was ist das, was die Vier da mit ihrem Programm "Rhythmus in Dosen" abliefern? Ein Konzert? Ein Musical? Eine Art Theaterstück? Musikalische Parodie? Schwer zu sagen. Ist aber auch egal. Die Mischung ist hinreißend. Der Humor zwischen Selbstironie und Koketterie sowieso. Zur mitunter geschickt als Dilettantismus maskierten Virtuosität kommt jede Menge komödiantisches Talent. Ulrich Mayer (Gitarre), Kalle Mews (Schlagzeug) und Günter Märtens (Kontrabass) haben einige Überraschungen parat, die sie allerdings extra ankündigen. Schlaksige Tanznummern, Gitarrensoli, angeblich im Hendrix-Stil, gewagte Akrobatik. Und das alles in den "kackbraunen Anzügen", auf die sie so stolz sind.
Und dann wäre da ja noch das haarsträubende Swinger-Latein, das Ulrich Tukur als Conferencier so gekonnt zerstreut dahinplaudert. Wie er damals, 1924, mit Irving Berlin in New York beisammen saß, als der "Puttin' On The Ritz" schrieb. Oder wie Glen Miller ihm ein Lied schenkte, das selbst nicht besonders mochte: "In The Moon". Tukur hat den Titel geändert: In The Mood". Erst dann ist es ein Hit geworden.
Tukur schlüpft in viele Rollen, jongliert mit Dialekten, zelebriert Running Gags
Würde man alles sofort und liebend gern glauben. Den weitgereisten Teufelskerl, der sie alle kannte, nimmt man ihm ab. Genauso wie die leicht vertrottelte Rampensau, die immer wieder vergisst, in welcher Stadt sie gerade ist. Oder welches Lied als nächstes kommt. Tukur schlüpft in viele Rollen, jongliert mit Dialekten, zelebriert Running Gags. Ein Spiel im Spiel, das der lässigen Schräge des Abends allmählich einen entschieden surrealen Touch gibt.
Das Publikum ist begeistert von dieser Mischung aus Evergreens und Eigenkompositionen, von dieser ganz eigenen Version von Tanzpalast-Nostalgie. Und vom Rhythmus natürlich. Wie hat Ulrich Tukur am Anfang so schön gesagt: "Wir haben Rhythmus im Blut. Alles wird gut." Da hat er nicht zu viel versprochen.
Die weiteren Veranstaltungen im Nachsommer im ZF-Kesselhaus: Am 15. Oktober gastiert Enno Bunger, am 16. Oktober Jazzkantine. Weiter geht's am 23. und 24. Oktober mit Axel Prahl und dem Inselorchester. Am 12. November kommt die A-cappella-Gruppe „Anders“, am 13. November das Herbert Pixner Projekt. Am 26. November gastieren Axel und Torsten Zwingenberger, zum Abschluss am 27. November kommen Toni Bartls Alpin Drums. Tickets bei allen bekannten Vorverkaufsstellen sowie unter www.nachsommer.de. Restkarten werden eine Stunde vor Veranstaltungsbeginn an der Abendkasse verkauft, sofern das Konzert nicht auf der Internetseite als ausverkauft gekennzeichnet ist.