„Moonlight Serenade“. Da ist sie wieder: Die Faszination der swingenden Glenn Miller-Melodien und ihres spezifischen Klangs. Und wie sich die amerikanischen Miller-Fans 1938 in der Carnegie-Hall wohlig davon gefangen nehmen ließen, so geht es am Samstag auch dem vorwiegend grau melierten Nachsommer-Publikum im voll besetzten ZF-Kesselhaus.
Andrej Hermlin und sein Swing Dance Orchestra, vor zehn Jahren bereits Gast beim Nachsommer, weckt mit seinem Glenn Miller Tribute „In the Mood“ Erinnerungen an vergangene Zeiten: An den ersten Plattenspieler, die kostbare Glenn Miller Schallplatte, vielleicht auch an diesen besonderen Ball und den ersten Kuss im Mondschein? Nostalgie schwebt durch den Raum.
Hintergrund zur Musik
Orchesterleiter und Pianist Andrej Hermlin führt durch das 25-Titel-Programm, erzählt vom Hintergrund der jeweiligen Swing-Nummern, muss auch etwas am Image Glenn Millers kratzen: Von allen Titeln habe der nur die „Moonlight Serenade“ selbst komponiert, auch die Arrangements habe er von anderen schreiben lassen und den von einer Klarinette geführten Saxofonsatz, den „Glenn Miller Sound“, habe es schon vor ihm gegeben.
„Glenn Miller war der Dieter Bohlen der 30er Jahre“, so Hermlin. Wie auch immer, der Berliner Orchesterchef hat jedenfalls erstklassige Musiker und Solisten mitgebracht, um mit seiner Hommage an Glenn Miller das Schweinfurter Publikum wieder zu begeistern, was allen Mitwirkenden glänzend gelingt. Applausstürme und Begeisterungspfiffe nach dem Schlusstitel „In the Mood“ bestätigen es.
In „The Nearness of you“ stellt sich Hermlins 18-jähriger Sohn David als begabter Sänger vor. Der schon vielseitige Musiker ist derzeit Mitglied des Jungen Ensembles des Friedrichstadtpalasts und konnte in Kenia, Heimatland seiner Mutter und zweiter Familiensitz, als Popsänger auf sich aufmerksam machen. Den Lovesong „At last“ gestaltet er wunderschön mit dem notwendigen romantischen Feeling – „the lonely Days are over“.
Eine weitere Farbe erhält das Orchester mit dem Auftritt der Gesangsgruppe „The Skylarks“, die hier für Glenn Millers Vokalgruppe „The Modernaires“ singt, was den Swingtiteln noch einmal eine zusätzliche rhythmische Prägnanz verleiht. Und noch eine Reminiszenz an das Glenn Miller Orchester: Der Tenorsaxofonist Finn Wiesner übernimmt die Rolle von Tex Beneke, dem Saxofonisten und Sänger der Miller-Band.
Und Wiesner meistert diese doppelte Aufgabe mit Brillanz und ausdrucksvollen Improvisationen. In „When Paw was Courtin'Maw“ rappt er mit David Hermlin überzeugend einen Hip-Hop-Titel aus dem Jahre 1938.
Fast wie ein Wunschkonzert
Es ist ein einziges Glenn Miller Wunschkonzert, allerdings auch mit weniger bekannten Melodien: „Little brown Jug“, „Pennsylvania 6-5000“, „A String of Pearls“, „American Patrol“, „Chattanooga Choo Choo“, „Perdido“, „Blues in the Night“, dazu eine Verbeugung vor George Gershwin mit einer Drei-Minuten-Version seiner „Rhapsody in Blue“. In „Anchors aweigh“ können die High-Note-Player der Band mit ihrem Können in den höchsten Tönen glänzen.
Zu Beginn des Konzerts hatte sich Nachsommer-Programmgestalter Clemens Lukas bei der Firma ZF Friedrichshafen für die großzügige Bereitstellung des alten Kesselhauses („eine Art Kathedrale“) bedankt. Auch Oliver Sprenger, Schweinfurter ZF Personalchef, freute sich über diese neue Verwendung des 1917 erbauten Kesselhauses, das jetzt erstmals für die Öffentlichkeit geöffnet wurde.